Zwickauer Zelle BKA stellt 64 Mietverträge für Leihwagen sicher

Tatort Heilbronn im April 2007: Täter reisten offenbar im Wohnmobil an
Foto: Bernd Weißbrod/ dpaHamburg - Die Ermittlungen zur rechtsextremistischen Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) kommen deutlich voran. Inzwischen konnten Fahnder des Bundeskriminalamts (BKA) Unterlagen von insgesamt 64 Anmietungen von Leihwagen und Wohnmobilen sicherstellen, die die Zwickauer Neonazi-Zelle nutzte. 17 der Anmietungen stehen in zeitlichem Zusammenhang zu mutmaßlichen Straftaten des NSU. Es geht um neun Raubüberfälle, zwei Sprengstoffanschläge und sechs Morde.
Zu den Tötungsdelikten in Rostock (Februar 2004), Dortmund, Kassel (April 2006) und Heilbronn (April 2007) reisten die Neonazis offenbar in Wohnmobilen an; zu den Erschießungen in Nürnberg und München (Juni 2005) in einem Kleintransporter des Typs Mercedes Vito.
Gemietet wurden die Fahrzeuge jeweils kurz vor den Morden unter dem Namen "Holger G.". Diesen Namen benutzte der verstorbene NSU-Terrorist Uwe Böhnhardt als Tarnidentität. Ihm und seinen mutmaßlichen Komplizen Uwe Mundlos und Beate Zschäpe werden unter anderem zehn Morde und eine Reihe von Banküberfällen zur Last gelegt.
BKA-Präsident Jörg Ziercke fordert inzwischen eine Aufstockung der zuständigen Ermittlungsgruppe. Die bislang 360 Beamten sollten durch 50 zusätzliche Kollegen von der Bundespolizei und aus den Ländern verstärkt werden. Kommende Woche will der BKA-Chef seine Bitte in einer Telefonschaltkonferenz bei den Innenministern der Länder vorbringen.
Nach Informationen des "Focus" liegt inzwischen ein kriminaltechnisches Gutachten vor, das Zschäpe als Brandstifterin überführt. Ein Chemiker des Landeskriminalamts Sachsen habe in Strümpfen der 37-Jährigen Rückstände gefunden, die höchstwahrscheinlich von Benzin stammten. Auch in den Resten der ausgebrannten Wohnung seien Benzinspuren gefunden worden. Zschäpe soll am 4. November 2011 nach dem Tod von Böhnhardt und Mundlos die Wohnung angezündet haben, um Beweise zu vernichten.
Thüringer Behörden fahnden nach einem weiteren untergetauchten Rechtsextremisten, der in der Schweiz wegen Waffendelikten aufgefallen ist. Seit August wird der 28-jährige Christian M. per Haftbefehl von der Staatsanwaltschaft Gera gesucht, weil er sechs Monate Haft wegen Volksverhetzung absitzen muss. Es wird vermutet, dass M. in der Schweiz abgetaucht ist. Sowohl die bei der NSU-Mordserie verwendete Pistole des Typs Ceska 83 als auch eine Pumpgun der Zwickauer Zelle stammen aus der Schweiz. Ob Christian M. mit den Waffen zu tun hatte, ist aber unklar.