Kannibalen-Urteil Acht Jahre Haft für Menschenfresser
Kassel - Armin M. hat im März 2001 einen Internet-Bekannten bei lebendigem Leibe verstümmelt, getötet und in der Folgezeit zum größten Teil gegessen. Die Tat hielt er mit einer Videokamera fest.
Weil Kannibalismus in Deutschland kein Straftatbestand ist, betrat das Landgericht juristisches Neuland. Es verurteilte ihn nun wegen Totschlags zu acht Jahren und sechs Monaten Gefängnis. Die Richter erkannten im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft keine niedrigen Beweggründe, die zur Verurteilung wegen Mordes hätten führen müssen. "Es handelt sich um ein in unserer Gesellschaft geächtetes Verhalten, den Kannibalismus", sagte Richter Volker Mütze in der Urteilsbegründung. "Wir befinden uns im Grenzbereich des Strafrechts, da Erfahrungswerte fehlen."
Die Entscheidung des Gerichts war vorher völlig offen gewesen. Obwohl die Faktenlage unstrittig wart, gingen die Ansichten darüber, wie die Tat juristisch zu bewerten ist, weit auseinander. Die Staatsanwaltschaft warf dem 42 Jahre alten Angeklagten Mord zur Befriedigung des Geschlechtstriebes und zum Ermöglichen einer anderen Straftat - Störung der Totenruhe - vor.
Die Verteidigung hielt die Tat vom März 2001 dagegen für Tötung auf Verlangen, weil das damals 43 Jahre alte Opfer nach der Beweiserhebung mit dem Töten und Verspeisen einverstanden war.
Eine Einweisung des Kannibalen in die Psychiatrie schied aus, da zwei Gutachter ihn trotz einer seelischen Abartigkeit für voll schuldfähig befunden hatten. Der sexuell gestörte Menschenfresser hatte Erregung nur bei der Vorstellung gespürt, Männer zu zerlegen.
Die Ankläger wollen das Urteil nicht akzeptieren. Staatsanwaltschaft Marcus Köhler kündigte unmittelbar nach der Urteilsverkündung an, gegen den Richterspruch in Revision zu gehen. Die Staatsanwaltschaft sei weiterhin der Auffassung, dass M. sich des Mordes aus niedrigen Beweggründen zur Befriedigung des Geschlechtstriebs schuldig gemacht habe. Mit dem heutigen Urteil entschied die Sechste Große Strafkammer einen weltweit beachteten Präzedenzfall der deutschen Rechtsgeschichte. Armin M. hatte die Tötung und Verspeisung des Menschenfleischs mit seinem lebensmüden Opfer, einem 43-jährigen Diplom-Ingenieur, beim Chatten im Internet verabredet. Bernd Jürgen B. hatte M. am 9. März 2001 auf dem alten Gutshof in Rotenburg-Wüstefeld besucht. Dort ließ er sich von M. entmannen und wollte das Geschlechtsteil mit ihm gemeinsam essen, was sich jedoch wegen ungeahnter Zähigkeit als unmöglich herausstellte.
Am frühen Morgen des 10. März 2001 tötete M. sein bereits leblos scheinendes Opfer mit einem Stich in den Hals, zerlegte die Leiche und verpackte große Teile für die Gefriertruhe. Das Fleisch aß er nach eigenen Angaben zu seinen normalen Mahlzeiten. Die gesamte, viereinhalb Stunden dauernde Tat hatte er auf Video aufgenommen. Die Polizei hatte das Verbrechen erst anderthalb Jahre später, im Dezember 2002, aufgedeckt. M. hatte im Internet weiter nach jungen Männern gesucht, die sich "schlachten" lassen wollten.