Tornado in Kiel »So etwas ist absolut nicht vorherzusagen«

Menschen in Kiel wurden am Mittwoch von einem Tornado überrascht
Foto: Gerrit Derkowski / dpa / NDRTornados auf dem Wasser seien zu dieser Jahreszeit nicht ungewöhnlich – auch nicht vor Kiel. Nach Polizeiangaben waren am frühen Mittwochabend mehrere Menschen an der Kiellinie verletzt worden. Entstanden sei der Tornado am Rande Kiels, im Stadtteil Meimersdorf.
Der Tornado war laut Behörden gegen 18 Uhr über die Kiellinie – eine beliebte Promenade am Ufer – gezogen. Vier Menschen wurden nach Angaben der Feuerwehr bei dem Ereignis schwer verletzt. Drei hätten zudem mittelschwere Verletzungen erlitten, mehrere Menschen seien leicht verletzt worden.
Mehrere Einsatzschwerpunkte in Kieler Stadtgebiet durch Windhose! Gegen 18 Uhr ist in Teilen Kiels eine Windhose...
Posted by Feuerwehr Kiel on Wednesday, September 29, 2021
Bei dem Versuch, zwei Ruderboote aus dem Wasser zu retten, seien mehrere Ruderer auf einem Steg überrascht worden, teilte die Feuerwehr weiter mit. »Sie sind vollständig durcheinandergewirbelt worden und dabei sind auch Leute ins Wasser gefallen.« Einige hätten umherfliegende Gegenstände an den Kopf bekommen. 60 Helfer waren vor Ort, der Einsatz dauerte etwa zwei Stunden.
Ein Feuerwehr-Sprecher berichtete unter Berufung auf Augenzeugen, dass eines der Achter-Boote vom Sturm aufgewirbelt worden sei und die Mitglieder des Ruderklubs verletzt habe. Er berichtete von Platzwunden am Kopf, eine Person habe ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten. Der Feuerwehrmann sprach von einem lokal sehr begrenzten Ereignis. Er selbst habe zu der Zeit nur wenig entfernt auf einem Parkplatz eines Geschäfts gestanden und von dem Tornado nichts mitbekommen.
Der Wirbelsturm hinterließ auf einer Schneise von Kiel-Meimersdorf über Gaarden bis nach Schilksee jedoch teils heftige Schäden. Nach Angaben der Feuerwehr wurden zudem in einem Neubaugebiet in Kiel-Meimersdorf mehrere Dächer abgedeckt, in Kiel-Gaarden seien Ziegel von Dächern gerissen worden. Im Olympiahafen von Schilksee wiederum kenterten laut dem Feuerwehr-Sprecher mehrere unbesetzte Boote.
»Auf Grundlage von Bildern gehen wir davon aus, dass es sich um einen Tornado handelte«, sagte Meteorologe Michael Bauditz vom Deutschen Wetterdienst (DWD) der dpa. Endgültig könne er es noch nicht sagen.
»Da ist viel durch die Gegend geflogen«
Der Vorsitzende des Ersten Kieler Ruder-Clubs von 1862, Bernd Klose, sagte: »Es sind Menschen betroffen. Das ist traurig.« Rund um den Verein erinnerten am späten Abend ein umgestürzter Baum, abgerissene Äste oder ein umgekippter Müllbehälter an den Wirbelsturm. »Da ist viel durch die Gegend geflogen«, sagte ein Mitarbeiter eines nahen Lokals. »Das hat alle emotional mitgenommen.«
Zum Zeitpunkt des Vorfalls saß Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) im Wirtschaftsausschuss der Stadt und erfuhr durch eine SMS der Feuerwehr von dem Sturm. Kurz danach habe er eine Kurznachricht seines Sohnes erhalten, der auf dem Weg zum Rudertraining bei dem Klub war, sagte er dpa. Sein Sohn habe Glück gehabt, er sei erst wenige Augenblicke nach dem Tornado dort eingetroffen. »Da sieht man, wie schnell so was geht«, sagte der Verwaltungschef. Er sprach der Feuerwehr und den Rettungskräften seinen großen Dank aus.
Tornados sind Wirbelstürme, die bei großen Temperaturunterschieden über dem Festland entstehen. Ausgangspunkt sind hoch auftürmende Schauer- oder Gewitterwolken, die um sich selbst rotieren. Unter der Wolke steigt sehr feuchte, warme Luft auf, die von mit der Höhe zunehmenden Winden verwirbelt wird. Durch Wasserdampf ist unter der Wolke schließlich ein rotierender Luftschlauch zu erkennen. Erreicht er den Boden, reißt der Sog alles mit sich, was nicht fest genug auf der Erde befestigt ist.