Gerichtsurteil über Kirchensteuer Getaufte Kinder bleiben auch nach dem Austritt ihrer Eltern Kirchenmitglied

Getauft aber kein Kirchenmitglied? Zumindest bis zum formellen Austritt gilt das nicht (Symbolbild)
Foto: Friso Gentsch / dpaWer als Kleinkind getauft wurde, bleibt auch nach dem Austritt der Eltern Mitglied der Kirche. Das entschied das Berliner Verwaltungsgericht und wies die Klage einer 66-Jährigen gegen eine Kirchensteuerforderung zurück. Demnach ist die Kirchensteuer fällig, bis eine Person selbst formal aus der Kirche austritt.
Die Frau hatte argumentiert, dass mit dem Austritt ihrer Eltern aus der evangelischen Kirche zu DDR-Zeiten in den 50er Jahren auch für sie die Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft erloschen sei. Eine Mitgliedschaft sei ihr nicht bewusst gewesen, an die Taufe habe sie sich nicht erinnert.
Ein Berliner Finanzamt hatte von der Frau für die Jahre 2012 und 2013 Kirchensteuern mit gesonderten Bescheiden verlangt, weil sie Kirchenmitglied sei. Sie erklärte daraufhin, nicht getauft zu sein. Ihre Eltern hätten auch ihren Austritt erklärt. Allerdings bestätigte die Kirchengemeinde Bitterfeld in Sachsen-Anhalt die Taufe im Jahr 1953. Ein Kirchenaustritt war dagegen nicht verzeichnet.
Daraufhin erklärte die Frau formal ihren Austritt und zog gegen die Steuerforderung vor Gericht. Sie warf der Evangelischen Kirche vor, dass es ein Gesetzesverstoß sei, die Mitgliedschaft an eine Säuglingstaufe zu binden.
Der SPIEGEL hatte bereits im Juli über den Fall berichtet . "Das hätte ich niemals vermutet", sagte die 66-Jährige da. "Wir sind nie in die Kirche gegangen, nicht mal an Weihnachten, und wenn meine Eltern über die Kirche gesprochen haben, dann schlecht." Sie habe nicht einmal am Religionsunterricht in der Schule teilgenommen und als Jugendliche stattdessen die staatliche Jugendweihe empfangen, in der sie Treue zum Sozialismus gelobte.
Das Gericht urteilte jedoch, dass sie durch die Taufe im Säuglingsalter solange der Kirche angehört habe, bis sie ausdrücklich ihren Austritt erklärte.