Knut 2.0 Der Eisbär-Irrweg
Nürnberg - Der kleine Nürnberger Eisbär, 1700 Gramm schwer und weiblich, braucht ein dickes Fell. Gerade Mal vier Wochen ist der "neue Knut" auf der Welt, schon ist er Hauptdarsteller eines von den Medien detailgenau dokumentierten Dramas: Von der Mutter verstoßen, wird es nun - wie weiland Eisbär Knut im Berliner Zoo - von Menschenhand großgezogen. Alle vier Stunden bekommt es die Flasche.
Anlass genug für den Deutschen Tierschutzbund, scharfe Kritik an der Zucht von Eisbären in Zoos zu üben. Der Nürnberger Tiergarten, forderte Tierschutzbund-Geschäftsführer Thomas Schröder, solle künftig auf die Nachzucht von Eisbären verzichten.
Die zwei von ihrer Mutter aufgefressenen Babys seien "Opfer eines verantwortungslosen Verhaltens" der Zoo-Leitung, sagte Schröder. Zwar sei es "nur konsequent", dass sich der Tiergarten des noch lebenden Jungtiers annehme. Doch das ändere nichts daran, dass der Zoo mit der Grundsatzentscheidung, Eisbären zu halten und zu züchten, einen "Irrweg" eingeschlagen habe.
"Die Konsequenz muss lauten: Eisbären in Gefangenschaftshaltung - nirgendwo!", forderte Schröder. Das "Drama von Nürnberg" sei ein weiterer Beleg dafür, dass auf Haltung und Nachzucht von Eisbären in Gefangenschaft verzichtet werden müsse.
Nach Angaben der Tierschützer haben Eisbären in der freien Wildbahn einen Aktionsradius von vielen Kilometern, die Größe des Käfigs im Zoo liege hingegen bei wenigen Quadratmetern. Die Tiere litten oftmals unter Langeweile und entwickelten Verhaltensstörungen.
Der Nürnberger Tiergarten steht zu der Entscheidung, das Eisbärenjunge - es soll sich mit "hoher Wahrscheinlichkeit" um ein Weibchen handeln - nun von Pflegern aufziehen zu lassen. Als die Mutter am Dienstag verstört reagiert habe, hätten die Verantwortlichen handeln müssen.
Die Trennung von seiner Mutter habe das Junge bisher ohne Probleme überstanden. "Der kleine Bär trinkt und schläft gut", berichteten Vertreter der Stadt und des Zoos bei einer Pressekonferenz über die ersten 24 Stunden der künstlichen Aufzucht.
Die vier Wochen, in denen die Mutter ihren Nachwuchs selbst aufgezogen habe, seien für die Entwicklung des Babys von großer Bedeutung gewesen.
Entwickle sich die kleine Eisbärin gut, so könnte sie um Ostern erstmals der Öffentlichkeit gezeigt werden.
pad/dek/dpa/ddp