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G. K. Chesterton: Selig sei der Krimiautor

Foto: Hulton Archive/ Getty Images

G. K. Chesterton Ein Krimiautor auf dem Weg zur Heiligkeit

Priester, Nonnen, Päpste, das sind die üblichen Kandidaten für eine Heiligsprechung durch die katholische Kirche. Doch in absehbarer Zeit könnte ein Mann dazukommen, der aus der Reihe fällt: Der Krimi-Schriftsteller G. K. Chesterton. Ein mächtiger Fan hat sich bereits für ihn eingesetzt.

Die höchste Würde, die die katholische Kirche zu vergeben hat, ist die Heiligsprechung. Ein hohes Kirchenamt hilft bei der Erhebung zur Ehre der Altäre: Von den insgesamt 266 Päpsten werden immerhin 79 als Heilige verehrt. Und mit Johannes XXIII. und Johannes Paul II. kommen womöglich noch in diesem Jahr zwei dazu.

Demnächst könnte allerdings auch ein Krimi-Autor in diesen illustren Kreis aufgenommen werden. Die Rede ist von Gilbert Keith Chesterton, besser bekannt als G. K. Chesterton, Erfinder des bis heute populären Father Brown, jenem Pfarrer, der in seiner Freizeit Kriminalfälle löst.

Peter Doyle, katholischer Bischof im gut 100 Kilometer nördlich von London gelegenen Northampton, hat in diesem Monat ein Verfahren zur Überprüfung des Schriftstellers und Journalisten eingeleitet. Dabei soll das Potential zur Eröffnung eines Seligsprechungsverfahrens, der Vorstufe zur Heiligsprechung, überprüft werden. Doyles Zuständigkeit erklärt sich durch den Umstand, dass Chestertons einstiger Wohnort Beaconsfield in seiner Diözese liegt.

Ein literarisches Schwergewicht

Die bischöfliche Entscheidung stößt bei den Verehrern des 1936 im Alter von 62 Jahren gestorbenen Autors auf große Begeisterung. "Darauf haben viele Menschen lange gehofft", sagte Dale Ahlquist, Präsident der American Chesterton Society, dem "Scottish Catholic Observer" . "Sie haben stets geglaubt, dass er zu denen gehört, die heiliggesprochen werden sollten."

Das von Bischof Doyle anvisierte Verfahren ist insofern erstaunlich, als Chesterton bis zu seinem Tode nicht unbedingt der klassische Kandidat für die Heiligkeit war. Der schwergewichtige Schriftsteller - er wog bei einer Körpergröße von 1,93 Metern über 130 Kilogramm - und starker Zigarrenraucher galt in spirituellen Dingen durchaus als eigenwilliger Kopf.

Wer also war Chesterton? Den Weg zum christlichen Glauben fand er eher spät, nach ausgiebigen Ausflügen in okkulte Esoterik konvertierte er 1922 schließlich zum Katholizismus. Zu den Strömungen seiner Zeit stand er oft quer, so lehnte er den Kolonialismus des britischen Empires ab und trat für die Unabhängigkeit Irlands ein. Der ziemlich schreibwütige Autor produzierte in seinem Leben an die 80 Bücher, einige Hundert Gedichte und 4000 Essays und Zeitungsaufsätze. Nicht wenige davon haben den christlichen Glauben zum Thema, er verteidigt ihn gegen den modernen Zweifel.

Nach seinem Tode ehrte Papst Pius XI. den streitbaren Essayisten Chesterton denn auch mit dem Titel "Defensor Fidei", Verteidiger des Glaubens.

Das Procedere der Heiligsprechung

Nun wird Chestertons Leben auf dem Prüfstand kommen. War es ausreichend tugendhaft? Findet sich ein Wunder, das auf ihn zurückzuführen ist? Zweimal ja und Chesterton hätte die Bedingungen erfüllt.

Bisher ist von Wundertaten des Schriftstellers allerdings nichts bekannt, er selbst hinterließ ein Bonmot: "Das Unglaublichste an Wundern ist, dass sie geschehen."

Ein mächtiger Fan spricht zumindest für ihn: Chesterton hat eine treue Fangemeine in aller Welt, auch in Argentinien gibt es eine Chesterton-Gesellschaft, in der sich seine Verehrer organisiert haben. Eines der Mitglieder der Sociedad Chestertoniana: Papst Franziskus. In einem Schreiben vom März 2013, kurz vor seiner Wahl zum Pontifex, ermutigte Kardinal Bergoglio die Gruppe bei ihrem Vorhaben, die Seligsprechung Chestertons zu unterstützen. Darin genehmigte er auch ein privates Gebet für dieses Anliegen.

Denn nicht nur die Aufsätze, auch das epische Werk Chestertons ist ganz im Sinne der Kirche. Dessen Alter Ego, der Investigativ-Father Brown, klärte mit ganz eigener Art an die 50 verzwickte Kriminalfälle auf. Nicht, indem er logisch oder wissenschaftlich vorging wie etwa der andere große Ermittler der Literatur Sherlock Holmes. Dem stellte Chesterton das Interesse Father Browns an den inneren Motiven der Handelnden entgegen: Der Täter wird als Mensch vorgestellt, eine ganz christliche Herangehensweise.

In Sachen Heiligkeit hatte Father Brown - und damit wohl auch Chesterton - übrigens viel geringere Ansprüche. Für ihn war einer schon ein Heiliger, wenn er "Schornsteinfeger umarmen möchte".

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