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Lausitzer und Leipziger Braunkohlerevier Hunderte Kohlegegner stürmen Tagebaue

Im Lausitzer und Leipziger Braunkohlerevier sind Hunderte Aktivisten in Tagebaue eingedrungen, das Kraftwerk Jänschwalde musste auf ein Minimum heruntergefahren werden. Die Polizei berichtet von Gewalt.

Mehrere Hundert Klimaaktivisten sind am Samstagmorgen in der Lausitz und im Leipziger Braunkohlerevier in Bergbaueinrichtungen eingedrungen. Ungefähr 400 Aktivisten rannten in den Tagebau Jänschwalde. Die Polizei versuchte, die Protestierer wieder hinauszubringen. Dabei kam es zu Rangeleien. Drei Polizisten seien leicht verletzt worden, sagte Brandenburgs Polizeisprecher Torsten Herbst.

Aufgrund der Blockaden musste das Energieunternehmen Leag das Kraftwerk Jänschwalde auf ein Minimum herunterfahren. Aktivisten hatten die Gleise der Kohle-Bahn besetzt, über die das Kraftwerk mit Nachschub versorgt wird. Es gehe jetzt darum, mit der Kohle, die im Kraftwerk lagert, zu haushalten, sagte Leag-Sprecher Thoralf Schirmer. Davon hänge die Fernwärmeversorgung der Städte Cottbus und Peitz ab.

Auch am Tagebau Vereinigtes Schleenhain südlich von Leipzig drückten Protestierer einen Zaun nieder und stürmten auf das Gelände, genauso wie beim Tagebau Welzow-Süd. Das Bündnis "Ende Gelände" hatte angekündigt, am Wochenende Tagebaue und Kraftwerke zu blockieren. Die Aktivisten verlangen, sofort aus der Kohleverstromung auszusteigen. Ziel der Bundesregierung ist ein Kohleausstieg bis spätestens 2038.

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Proteste in der Lausitz und bei Leipzig: Weg mit der Kohle

Foto: Christian Mang/ REUTERS

Allein im Lausitzer Revier sind mehr als 20 Mahnwachen und Versammlungen angemeldet. Auch im Leipziger Revier wollen Klimaaktivisten mit Mahnwachen, Menschenketten und Blockaden protestieren. Die Kohlegegner hatten vorab per Twitter versichert, ihre Aktionen richteten sich nicht gegen die Menschen, die in der Lausitz wohnten oder beim Tagebaubetreiber Leag oder der Polizei arbeiteten.

"Die Friedlichkeit können wir nicht bestätigen", sagte Polizeisprecher Andreas Loepki. Den Behörden zufolge hatten Protestierer im Südraum Leipzig mit Schlägen und Tritten Polizeiketten durchbrochen. Mehrere Landkreise hatten vorab das Versammlungsrecht beschränkt. Das hielt die Protestierer allerdings nicht zurück.

Der Braunkohletagebau Jänschwalde befindet sich wegen fehlender Umweltverträglichkeitsprüfungen derzeit auf gerichtliche Anordnung in einem sogenannten Sicherheitsbetrieb. "Mit unserer heutigen Aktion zeigen wir, dass der Tagebau dauerhaft stillgelegt werden muss", sagte Ende-Gelände-Sprecher Johnny Parks. Das Kraftwerk Jänschwalde gilt als eines der klimaschädlichsten in Europa.

In Jänschwalde hielten am Morgen auch Kohlekumpel eine Mahnwache ab, um für den Erhalt der Tagebaue zu werben. "Wir lassen die Lausitz nicht ausradieren", stand auf einem Transparent der Bergleute.

Warnung vor Lebensgefahr

Die Polizei hatte Teilnehmer im Vorfeld davor gewarnt, die Tagebaugebiete zu betreten. Dies könne lebensgefährlich und auch strafbar sein, hieß es. Die Polizei werde sich selbst nicht in Gefahr bringen, sagte Sprecher Loepki. Deswegen seien die Beamten den Aktivisten auch nicht hinterhergerannt, als sie auf das Tagebaugelände stürmten.

Im Juni dieses Jahres hatten sich bereits mehrere Tausend Menschen an Protesten für mehr Klimaschutz im rheinischen Braunkohlerevier beteiligt. Nach Angaben der Initiative "Ende Gelände" waren an den drei Tagen rund 6000 Menschen an Blockaden des Tagebaus Garzweiler und von Bahnlinien zu zwei Braunkohlekraftwerken beteiligt.

Für Unruhe sorgte zuletzt ein Foto, auf dem Polizisten in Uniform vor einer Wand mit dem Spruch "Stoppt Ende Gelände" posierten. Die fotografierten Beamten wurden vom Einsatz abgezogen.

irb/AFP/dpa
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