Annalena Baerbock bekommt Karnevalsorden »Ja, es ist tierisch ernst«

Außenministerin Annalena Baerbock nach der Verleihung des Ordens wider den tierischen Ernst des Aachener Karnevalsvereins (AKV)
Foto: Rolf Vennenbernd / dpaTusch, Tanz und Alaaf: Bei einer festlichen Karnevalssitzung in Aachen nahm die als »moderne Ritterin im besten Sinne« gewürdigte Außenministerin Annalena Baerbock am Samstag die Auszeichnung des Aachener Karnevalsvereins (AKV) entgegen. Die Grünenpolitikerin unterhielt das Festpublikum mit einer schwungvollen Rede.
Der Titel des Ordens passe zur Weltlage, sagte Baerbock: »Ja, es ist tierisch ernst«. Und dabei die Zuversicht und den Humor nicht zu verlieren, sei alles andere als einfach. Immer wieder klangen auch bei anderen Rednern ernste Töne durch. »Ich habe lange überlegt, was meine Verkleidung angeht«, sagte Baerbock. Die Verkleidung als Leopard schied aus – sie habe Sorge gehabt, dass das Kanzleramt keine Reisegenehmigung erteile, sagte die Außenministerin mit ironischem Ton. Sie trug einen schwarzen Hosenanzug und die Narrenkappe.

Im Narrenkäfig, in dem die Ordensträger traditionell ihre Rede vor dem Publikum halten, verteilte die 42-Jährige Spitzen auch in Richtung der Aachener Karnevalisten. Denn der Orden wird schon seit 1950 vergeben, doch es dauerte 40 Jahre, bis erstmals eine Frau ausgezeichnet wurde – die Bundesministerin ist erst die achte –, und insgesamt 73 Jahre, bis es eine Grünenpolitikerin wurde – eben Annalena Baerbock.
Baerbock schlug den Bogen von ernsten Themen zum Karneval. Sie sei dankbar in einem Land zu leben, in dem Politikerinnen und Politiker zeigen können, dass sie das Leid, das sie sehen, nicht kaltlässt. Für diese Offenheit stehe der Karneval. »Dass wir hier in Deutschland übereinander, aber vor allem auch miteinander lachen können. Das ist, was zählt!«
Die Ordensritterin von 2022, Iris Berben, lobte Baerbock in warmen Tönen: Eine bessere Nachfolgerin könne man sich nicht wünschen. »Intelligent, empathisch, aufrecht und mutig, humorvoll und attraktiv, ohne Gedöns darum zu machen«, sagte Berben, die im vergangenen Jahr in ihrer Rede energisch mehr Macht für Frauen verlangt hatte.
Gewürdigt wurde die Grünenpolitikerin unter anderem für ihre klaren Positionen in der Außenpolitik und ihre Standfestigkeit auf dem diplomatischen Parkett. »Annalena Baerbock hat sich in kürzester Zeit mit Mut, Entschlossenheit und Schlagfertigkeit großen Respekt auf internationaler Ebene erarbeitet«, hatte AKV-Präsident Wolfgang Hyrenbach im Vorweg erklärt. Dabei bleibe sie bei allen Herausforderungen des Amts »schlagfertig, selbstironisch und menschlich nahbar«.
Lars Klingbeil: »Wir haben uns einfach mal nicht gestritten«
Außer Baerbock kam der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil groß raus. Er kokettierte damit, dass er als Niedersachse ein Neuling in der Bütt sei – doch er bekam viel Applaus für seine Pointen aus dem Politikerleben.
Klingbeil bekannte, einer der wenigen Momente, wo andere Menschen ihn richtig witzig gefunden hätten, sei im letzten Bundestagswahlkampf gewesen, als er in Talkshows gesagt habe: »Olaf wird Kanzler«. Das Rezept für den Weg aus dem Umfragetief seiner Partei ins Kanzleramt hatte er auch: »Wir haben uns einfach mal nicht gestritten.«

Lars Klingbeil, Vorsitzender der SPD, zückt die Ukulele – aufgefordert durch Moderatorin Sandra Maischberger
Foto: Rolf Vennenbernd / dpaDanach spielte der SPD-Vorsitzende ein paar kurze Stücke auf der Ukulele. Er wurde von Moderatorin Sandra Maischberger darum gebeten, die neben Hyrenbach erstmals durch das Programm führte. Für Baerbock spielte er »was Schönes«. Sie sei eine tolle Kollegin, sagte er.
Unter den Festgästen waren unter anderem Armin Laschet, der frühere CDU-Ministerpräsident von NRW, der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz, die Grünenminister aus dem NRW-Kabinett, Mona Neubaur und Oliver Krischer, sowie NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU).
In einer Art Vampirkostüm, mit wild abstehenden Haaren, trat die für markige Sprüche bekannte FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann auf. »Von Kopf bis Fuß ganz formidabel, ohne Zweifel ministrabel, in jeder Talkshow ein Gewinn, weil ich die Allergeilste bin«, so führte sich die Bundestagsabgeordnete aus Düsseldorf vor dem vollen Festsaal ein.

FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann: »Weil ich die Allergeilste bin«
Foto:Rolf Vennenbernd / dpa
Zum Programm gehörten Musik, Tanz und Comedy, unter anderem mit Guido Cantz. Der Kabarettist Wilfried Schmickler kommentierte als Aachener Hausheiliger Karl der Große die Weltlage. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) kam in einem rot-grünen Funkenkostüm auf die Bühne und schlug die Trommel.
Die Verleihung ist seit jeher eine ziemlich politische Angelegenheit, im Publikum und auf der Bühne. Seit der ersten Verleihung 1950 haben vor allem Politiker den närrischen Kulturpreis erhalten. Mit ihm werden nationale und internationale Persönlichkeiten geehrt, die Humor und Menschlichkeit in ihren Positionen beweisen. Zu den früheren Preisträgern zählen etwa die Politiker Konrad Adenauer (CDU), Hans-Dietrich Genscher (FDP), Cem Özdemir (Grüne) und Gregor Gysi (Linke).
Corona hatte das Festprogramm der vergangenen Jahre durcheinander gebracht. 2021 fiel alles aus, 2022 wurde die Verleihung vor kleinem Publikum wieder aufgenommen. Doch in diesem Jahr wurden die Reihen im Aachener Eurogress wieder voll. Die Aufzeichnung der Karnevalssitzung wird am Montagabend, 6. Februar, in der ARD gezeigt. 2020 und 2022 sah ein Millionenpublikum zu.