
Verbissen, streberhaft, ätzend: Hassobjekt Hathaway
Oscar-Gewinnerin Hass auf Hathaway
Hamburg - So verbissen, so streberhaft, so ätzend: Seit Wochen versprühen Internetnutzer Gift gegen Anne Hathaway. Laut CNN gibt es zurzeit keinen Star, den "so viele lieben zu hassen". Geht es nach den Hathahaters, wie die stetig wachsende Zahl der von Hathaway genervten Menschen genannt wird, kann die Schauspielerin nichts richtig machen.
Das Online-Portal Buzzfeed veröffentlichte gleich eine ganze Liste mit möglichen Ursachen für die Abneigung gegen Hathaway: Das Gesicht, ihr nicht vorhandenes Talent, die Tatsache, dass sie sich für cool halte, dabei sei sie doch langweilig. Ein bisschen differenzierter formulierte es Richard Lawson , Autor beim Atlantic Wire: "Sie scheint immer zu schauspielern, und ihre Lieblingsrolle ist diese übertriebene Demut und Dankbarkeit."
Am unbarmherzigsten ist die Kritik an Hathaways Dankesreden - und von denen gab es in dieser Award Season, wie der Preisverleihungs-Marathon vor den Oscars bei den Amerikanern heißt, eine Menge. Hathaway gewann bei den Golden Globes, bei den Screen Actors Guild Awards, bei den britischen Baftas, bei den Critics Choice Awards und zuletzt: bei den Oscars.
Als sie die Auszeichnung als beste Nebendarstellerin für ihre Rolle in "Les Misérables" entgegennahm, wollte sie wohl alles richtig machen. Sie habe ihre Rede vorher penibel geübt, berichtet die Zeitschrift "US Weekly" . Doch Hathaway lieferte ihren Kritikern nur noch mehr Munition. Erneut hagelte es im Internet Hasskommentare zu Hathaway, neben dem Dankesreden-Bashing ätzte man gegen ihr Prada-Kleid - so sehr, dass die 30-Jährige sich später für ihr Outfit entschuldigte.
Ist sie wirklich so unerträglich?
Mancher Beobachter kann die plötzliche Abneigung gegen die Schauspielerin nicht so recht verstehen. Die US-Internetzeitung "Daily Beast" spricht von einem "Kult der Hathahaters". "Wir sind ratlos", schreibt die "Huffington Post" . Anne Hathaway sei aufregend, überschwänglich und quirlig - ist sie denn wirklich so unerträglich?
Anscheinend ja.
"Das Einzige, das ich mehr als Anne Hathaway hasse, ist Anne Hathaway, die weint", heißt es auf Twitter. Und: "Es ist, als ob jemand alle Dinge genommen hat, die Leute nervig finden, und sie in eine Person gepackt hat." Ein anderer Twitterer fasst zusammen, was den Reiz an dem Kollektiv-Hass auszumachen scheint: "Ich liebe, dass jeder seinen eigenen persönlichen Grund dafür hat, Anne Hathaway zu hassen, aber dass sich am Ende alle einig sind, dass sie furchtbar ist!"
In einem YouTube-Video amüsiert man sich über Hathaways Verbissenheit und ihre auswendig gelernten Dankesreden. Botschaft des Parodie-Clips: Man müsse ihr endlich den Oscar geben, schließlich habe sie akribisch die Kriterienliste abgearbeitet. Die Haare seien ab, und sie habe die Hälfte ihres Körpergewichts verloren. Das Video wurde seit Ende Januar mehr als eine Million Mal geklickt.
Vereint im Hass auf Hathaway - eine Erklärung, die anscheinend niemanden so richtig zufriedenstellt. Manche Medien versuchten es deshalb mit einer wissenschaftlichen Erklärung. So bescheinigte ein Psychologe der News-Seite salon.com , die Ursache der Hathaway-Hasswelle habe mit der allgemeinen Krise zu tun. Ihr "erwachsenes Gesicht" mit seiner schmalen Form erinnere die Leute an wirtschaftlich schlechte Zeiten.
Einst Sweetheart der Nation
So weit, so lächerlich. Doch längst hat das Thema die Twitter- und YouTube-Nische verlassen. Es wird in Talkshows darüber geredet, Kollegen verteidigen Hathaway. "Ich verstehe das nicht", sagte zum Beispiel TV-Moderator Anderson Cooper der "US Weekly". Die Leute würden Hathaway verurteilen, obwohl sie sie überhaupt nicht kennen. Lena Dunham, die in den USA aufgrund ihrer Serie "Girls" als Stimme einer neuen Frauengeneration gilt, twitterte: "Ladies: Anne Hathaway ist eine Feministin, und sie hat tolle Zähne."
Einst war sie sogar das Sweetheart der Nation. Mit dem Aschenputtelmärchen "Plötzlich Prinzessin" aus dem Hause Disney wurde Hathaway als 18-Jährige weltweit bekannt. In den Jahren darauf entfernte sie sich mit Filmen wie "Brokeback Mountain" und "Rachels Hochzeit" zwar aus dieser Sparte, doch mit Produktionen wie "Der Teufel trägt Prada" und "Zwei an einem Tag" blieb sie stets Hollywood-tauglich. Nebenher setzte sie sich für Frauenrechte ein und sprach in Interviews über ihre Unsicherheit und Selbstzweifel. Sympathisch war sie rübergekommen, bodenständig. Als herauskam, dass Hathaway mit einem mittlerweile verurteilten Hochstapler liiert gewesen war, reagierte die Öffentlichkeit mit Mitgefühl.
Dass diese Zeiten wohl vorbei sind, bemerkt auch Hathaway selbst. "Es geht mir schon an die Nieren", sagte sie "US Weekly" über die Häme. Doch zu allem Negativen gebe es auch immer das Positive. Und sie werde sich nun auf das Positive konzentrieren.