Barbara Schöneberger "Man muss mit der Heugabel in den Saustall gehen"
SPIEGEL ONLINE: Frau Schöneberger, auf Ihrer ersten CD "Jetzt singt sie auch noch!" huldigen Sie der Spezies Mann in zweifelhafter Form: "Du bist im Bett der allerschnellste, sofort danach ins tiefste Koma fällst Du, fast alle Schnarchrekorde hältst Du", heißt es dort. Ist Ihre Platte ein Therapieprogramm für die Zielgruppe Frau?
Schöneberger: Klar lachen bei einem Lied wie "Männer muss man loben" die Frauen an anderen Stellen als Männer. Aber letztere finden es cool, denn sie gefallen sich in der Rolle derer, die nicht wissen, wohin mit dem Müllbeutel. Außerdem hörte ich, dass junge, schwule Männer gern CDs kaufen. Erst kürzlich sagte mir ein Schwuler, er wolle auf dem nächsten Christopher Street Day als Barbara Schöneberger gehen.
SPIEGEL ONLINE: Ihr Vater ist Klarinettist. Freut es ihn, dass seine Tochter jetzt endlich was Ordentliches, nämlich Musik, macht?
Schöneberger: Meine Eltern haben nie einen Ton zu meinen beruflichen Plänen gesagt - außer vielleicht "Muss das denn sein?!". Dass ich mit einem Musiker als Vater aufgewachsen bin, empfinde ich allerdings als totalen Segen! Das ist ein ganz anderer Vater als ein Finanzbeamter, schon durch die Arbeitszeiten. Ich war schon immer sehr musikalisch, als Kind konnte ich extrem gut singen. Aber ich bin keineswegs angetreten, um die neue Beyoncé zu sein.
SPIEGEL ONLINE: Sie moderieren, schauspielern, tingeln durch Comedy- und Rateshows - jetzt reüssieren Sie also als Sängerin. Haben Leute, die Sie als Rampensau beschreiben, Recht?
Schöneberger: Ich sehe mich eher als eine Mischung aus Carla Bruni, Eartha Kitt und französischen, elfengleichen Wesen.
SPIEGEL ONLINE: Sehr lyrisch. Tatsächlich wird Ihnen eine Ähnlichkeit nachgesagt mit ...
Schöneberger: ... Gisela Schlüter, ich weiß! Das Warten auf das geeignete Adjektiv für mich habe ich aufgegeben. Meistens sieht man mich in den Zeitungen ohnehin nur mit weit aufgerissenem Mund. Darunter steht dann: Ist auf dem Boden geblieben.
SPIEGEL ONLINE: Wie sieht's mit der Bezeichnung "Allzweckwaffe" aus. Mögen Sie sicher auch nicht, oder?
Schöneberger: Allzweckwaffe umschreibt den Zustand der Undankbarkeit, wenn man in einer Talkrunde landet mit lauter Langweilern und man weiß, die Redaktion verlässt sich "auf die Schöneberger". Da heißt es dann kurz vor Ende der Werbepause: "Erzähl noch mal 'nen Schwank aus deinem Leben!" Macht man das, drängt man sich auf. Macht man es nicht, heißt es: "Die Schöneberger ist auch nicht mehr das, was sie mal war."
SPIEGEL ONLINE: Andererseits scheint Ihnen nichts peinlich, um Ihre Sangeskarriere zu befördern: Bei "Wetten, dass..?" misteten sie mit Roberto Blanco einen Schweinestall aus.
Schöneberger: Was bleibt einem denn übrig, wenn man eine Platte verkaufen will? Dann muss man eben auch mal mit der Heugabel in einen verkackten Saustall gehen. Das hat auch mit Professionalität zu tun.
SPIEGEL ONLINE: Man muss also seine Haut zu Markte tragen?
Schöneberger: Es geht darum, sich intelligent unterzuordnen, ohne sich zu verlieren. Ich war sogar bei Stefan Raab, was ich immer abgelehnt habe. Das ist der Gipfel der Undankbarkeit, weil man neben einem Raab schnell zur Bühnendekoration verkommt.
SPIEGEL ONLINE: Wie kam es übrigens dazu, dass ausgerechnet Sie einmal zur Bierbotschafterin ernannt wurden - Sie trinken doch gar keinen Alkohol?
Schöneberger: Meine Alkoholabstinenz gehört der Vergangenheit an: Ich liebe es mittlerweile, ab und zu etwas zu trinken! Aber als ich zur Bierbotschafterin gemacht wurde, mochte ich tatsächlich noch keinen Alkohol. Bier trinke ich bis heute nicht. In der Laudatio damals wurde meine Ernennung damit begründet, dass ich so lebensfroh sei wie ein Bockbier.
SPIEGEL ONLINE: Sie haben für Ihr Gesangsdebüt viel positive Kritik geerntet. Spüren Sie Neid in der Branche?
Schöneberger: Am Anfang warteten einige auf meinen Misserfolg, oft hörte ich: "Ach, Du singst jetzt? Ach, mit einem 18-Mann-Orchester?" Aber ich habe mir angewöhnt, nicht so viel nach rechts und nach links zu schauen. Ich höre auch nicht mehr auf Freunde und meine Eltern, denn auch die sind manchmal keine guten Berater, weil sie eine andere Sicht haben. Grundsätzlich gilt: Je bekannter, desto mehr Feinde.
SPIEGEL ONLINE: Sie gelten als "Königin des Smalltalk"...
Schöneberger: Richtig! Dazu habe ich mich übrigens selbst ernannt.
SPIEGEL ONLINE: Können Sie uns erklären, was die Kunst des lockeren Geplauders ausmacht?
Schöneberger: Ich kann überall ein bisschen mitreden. Ich kriege alles mit, lese viel Zeitung und kann mir jeden Scheiß merken. Und ich finde es immer spannend, Leute kennenzulernen, sie zu knacken und in andere Leben einzutauchen. Meine Vorliebe für Smalltalks ist aber auch darin begründet, dass ich einfach geliebt werden will. Dass ich wirklich will, dass mich die Leute blöd finden - daran muss ich noch arbeiten.
Das Interview führte Julia Jüttner