
Berlusconi "Er soll sich in einer Klinik für Sexsüchtige auskurieren"
Rom - Am Mittwoch kommender Woche ist es so weit: Da erscheint in Italien die Neuauflage von Maria Latellas Biografie "Tendenza Veronica". Nicht, dass die braven Erzählungen von Silvio Berlusconis Ehefrau aus dem Jahr 2004 noch irgendjemanden interessieren würden. Ein neu hinzugefügtes Kapitel allerdings soll den Verkauf des Werks ordentlich ankurbeln.
Die "wahre Geschichte" des Streits zwischen dem Ministerpräsidenten und seiner Gattin Veronica Lario soll dem Verlag zufolge erzählt werden - aus der Sicht der First Lady, versteht sich.
"Tendenza Veronica" wurde vor fünf Jahren veröffentlicht, als Berlusconi zum zweiten Mal zum Regierungschef aufgestiegen war. Lario war die anerkannte First Lady, sie gönnte sich ein zurückgezogenes Familienleben mit wenigen öffentlichen Auftritten, aber periodisch durchaus kritischen Anmerkungen zu politischen Themen.
"Mir bleibt keine andere Wahl"
Mit ihrer Biografin sprach Lario erneut Ende April 2009, als sie beschloss, sich endgültig von ihrem Mann zu trennen. Momente von großer Klarheit, aber auch "unvorhersehbarer Brutalität" seien das gewesen, tönt Latella. Bedrückt sei die noch immer attraktive Brünette gewesen, nachdem sie erfahren hatte, dass ihr Mann am 26. April den Geburtstag der 18-jährigen Noemi Letizia in Casoria besucht habe. Sie warf ihm vor, mit Minderjährigen zu verkehren.
In diesem Moment sei Larios Haltung der vergangenen zehn Jahre, einfach und immer die Frau des Premiers zu sein, nicht mehr haltbar gewesen, schreibt Latella. "Mir bleibt keine andere Wahl, als mich zu trennen", sagte Veronica, die sich damals durch "die schwerste Woche ihres Lebens" kämpfte: Tochter Barbara wurde aus Angst vor einer Frühgeburt ins Krankenhaus gebracht, dann kam die Trennung von einem Mann, mit dem sie immerhin 30 Jahre ihres Lebens eine Beziehung hatte.
Verbittert, aber gefasst sei Veronica aufgetreten. Auf die Frage, warum sie nicht mit ihrem Mann rede, sagte sie: "Er würde mir nur eine seiner zahlreichen Lügen auftischen - und dieses Mal könnte ich sie nicht ertragen." Doch auch Wut und Enttäuschung sind herauszuhören: "Ich kann nicht ewig das Kindermädchen für ihn spielen, und inzwischen kann ich ihn auch nicht mehr davor bewahren, sich vor der Welt lächerlich zu machen."
Die traurige Erkenntnis nach fast 19 Jahren Ehe: "Ich bin in einer Sackgasse. Noch vor zehn Jahren wäre ich nicht dazu bereit gewesen - aber heute kann ich hocherhobenen Hauptes sagen: 'Ich trenne mich von diesem Mann.'"
Seit 18 Jahren kennen sich die Journalistin und Lario, der Umgang der Biografin mit ihrer Protagonistin ist alles andere als objektiv oder gar kritisch.
Freunde besorgt um "Sexaholic"
Bis Anfang 2009 schien alles seinen geregelten Gang zu gehen im Hause Berlusconi. Doch dann, am 4. Mai 2009 erklärte die Anwältin von Lario, Maria Cristina Morelli, dass Veronica Lario sich von Silvio Berlusconi scheiden lassen wolle. Die Medien im In- und Ausland stürzen sich auf die Geschichte, immer mehr schmutzige Geschichten und Gerüchte von wilden Partys und angeblichen Gespielinnen ihres Mannes ließen Lario kein Ruhe mehr.
Freunde und Wegbegleiter Berlusconis halten laut Latella viel davon, dass sich das Paar vorübergehend trennt - aber nur, um nach einer Weile wieder zusammenzufinden. Sogar der heilsame Aufenthalt in einer Klinik für Sexsüchtige wird dem Premier in diesem Zusammenhang nahegelegt. Ein Szenario, das der Journalistin zufolge "keineswegs vollkommen ausgeschlossen ist".
Nachdem der Trubel abgeebbt ist und sich Premier Berlusconi wie gewohnt mit leichten Blessuren und minimalem Imageschaden aus der Affäre gezogen hat, zieht Lario eine bittere, aber für den Ministerpräsidenten sogar schmeichelnde Bilanz: "Am meisten tut mir leid, dass ein Mann wie Silvio sich selbst so betrügen konnte. Er hat viel getan und viel erreicht, aber heute redet man im Zusammenhang mit ihm nur noch von Dingen, die vergessen lassen, wer er wirklich war."
Die "Veronicalariologin" Latella käme ziemlich spät mit ihrem Kapitel um die Ecke, ätzte umgehend das "Giornale". Habe sich die Biografin doch in den heißen Tagen der Skandale um die blutjunge Noemi und die um Jahre reifere Escort-Dame Patrizia D'Addario extrem zurückgehalten und damit Zeitungen wie "Repubblica" und "La Stampa" das Feld überlassen - anstatt für ihr Hausblatt, den "Corriere della sera" darüber zu schreiben, was ihr ureigenstes Thema sei: Das Leben und Leiden der italienischen First Lady.
Der Tenor des Artikels ist wenig überraschend: Das konservative "Giornale" ist seit 1987 im Besitz der Familie Berlusconi. Als 1990 ein Gesetz in Kraft trat, das den gleichzeitigen Besitz eines Fernsehkanals und einer Tageszeitung verbot, entschied sich Silvio Berlusconi, damals schon Eigentümer von drei Kanälen, das Blatt seinem Bruder Paolo zu übertragen und sich selbst nur eine Beteiligung von 29 Prozent zu reservieren.