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Cesar Millan: Der "Hundeflüsterer"

Foto: Semmel Concerts/ Cesarsway Inc

Cesar Millan über Hunde "Man muss eine Rangordnung etablieren"

Wenn zwischen Hund und Mensch etwas schiefläuft, ist Cesar Millan gefragt. Hier spricht der Hundeexperte über Kritik von Tierschützern und die Frage, welchen Begriff aus der Hundeerziehung er in Deutschland meidet.
Von Osia Katsidou
ZUR PERSON

Cesar Millan, Jahrgang 1969, ist der wohl berühmteste Hundeexperte der Welt und bekannt dafür, dass er Halter erzieht und Hunde rehabilitiert. Die Show "The Dog Whisperer" des gebürtigen Mexikaners wird in mehr als 20 Ländern ausgestrahlt. Daneben veröffentlicht Millan Bücher, verkauft eigenes Tierzubehör und geht auf Welttournee. 2018 kommt er auch nach Deutschland.

Wie ticken Hunde - und ihre Frauchen und Herrchen? Kaum jemand dürfte mehr zu dieser Frage sagen können als Cesar Millan. Der Hundetrainer gilt als Experte für besonders schwere Fälle. Seine Arbeit bringt ihm aber nicht nur Lob, sondern auch Kritik ein - etwa den Vorwurf veralteter Trainingsmethoden und brutaler Praktiken.

Peter Höffken von der Tierschutzorganisation Peta sagt, Millan schüre bei den Hunden Angst. Dadurch würden die Tiere unberechenbar. "Ich stelle mir einen schwer erziehbaren Jugendlichen vor", sagt Höffken. "Wird der mit Behutsamkeit und viel Einfühlungsvermögen auf den richtigen Weg gebracht, oder mit Gewalt? Da würde ich auch nicht sagen, wir prügeln den so lange, bis er's kapiert."

Wie geht Millan mit solcher Kritik um? Welchen Fehler bei der Hundeerziehung sollte man seiner Meinung nach auf jeden Fall vermeiden? Und was hält er von der Hundehaltung in Deutschland? Die Antworten im Interview.

SPIEGEL ONLINE: Was ist der größte Fehler bei der Hundeerziehung?

Millan: Den Hunden keine Aufgabe zu geben, die ihre Energie in die richtige Richtung lenkt. Vor allem kräftige Rassen wie Rottweiler, Schäferhunde oder Pitbulls haben ganz viel davon. Wenn man mit ihr nicht richtig umgeht, hat das natürlich Konsequenzen. Man muss im Welpenalter damit anfangen, den Hund so einzusetzen, dass er seine Kraft ordentlich rauslassen kann.

SPIEGEL ONLINE: Warum ist es so schwer für Hundehalter, das umzusetzen?

Millan: Weil sie das Verhalten ihres Hundes gar nicht als problematisch erachten. Wenn Hunde sich freuen, mit dem Schwanz wedeln, Frauchen oder Herrchen zur Begrüßung anspringen und wild bellen, dann sieht das für den Menschen nach einer guten Reaktion aus. Deshalb wird dann gnadenlos gestreichelt, in hohen Tönen gesprochen und vielleicht auch noch ein Leckerchen gegeben. Dabei macht man zu dem Zeitpunkt genau das Falsche. Hunde sollten nicht belohnt werden, wenn ihre Energie unkontrolliert ist, sondern dann, wenn sie ruhig und unterwürfig sind - und wenn sie auf ihre Besitzer hören.

SPIEGEL ONLINE: Sie haben klare Regeln für Begegnungen mit einem Hund.

Millan: Keine Berührung, kein Ansprechen, kein Augenkontakt. Man muss eine Rangordnung etablieren und den Hunden zu verstehen geben, dass sie sich so verhalten sollen, wie der Chef im Rudel - in dem Fall der Mensch - es möchte. Am wichtigsten bei allem ist, dass Menschen Hunden gegenüber ruhig und selbstbewusst auftreten.

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Cesar Millan: Der "Hundeflüsterer"

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SPIEGEL ONLINE: Sie sagen ruhig und selbstbewusst. Die Tierschutzorganisation Peta hält Ihre Praktiken für brutal.

Millan: Ich glaube, dass man mich und meine Strategie falsch versteht. Die meisten Dinge, die bislang vorgebracht wurden, basierten auf Hörensagen und aus dem Kontext gerissene Videos, die auf YouTube zirkulieren. Es hat sich bislang noch niemand von Peta die Zeit genommen, mit mir über meinen Ansatz zu sprechen. Ich denke, dass wir eigentlich auf derselben Seite stehen, wenn es darum geht, Tieren ein besseres Leben zu ermöglichen.

SPIEGEL ONLINE: Ein konkreter Kritikpunkt ist, dass Sie den Hunden keine positive Bestätigung entgegenbringen, sondern bloß mit Disziplinierung arbeiten.

Millan: Das sehe ich anders. Hunde sportlich auszulasten oder mit ihnen in die Natur zu gehen, ist positive Bestätigung. Ich arbeite auch mit Futter. Aber wenn Hunde aggressiv und gefährlich sind und rehabilitiert werden müssen, geht das nicht mit Leckerchen. Ich bin mit einem anderen Verständnis für Tiere groß geworden.

SPIEGEL ONLINE: Welchem?

Millan: Ich bin auf einer mexikanischen Farm aufgewachsen. Dort achtet man auf die Körpersprache der Tiere und weiß, wann man ihnen Raum geben muss. In westlichen Ländern wie den USA oder Deutschland geben Besitzer ihren Hunden Namen, kaufen ihnen Bettchen und tragen sie die Treppen hoch.

SPIEGEL ONLINE: Na ja, Sie betreiben ja selbst ein Hundepsychologie-Center, das unter anderem einen Swimmingpool und Laufbänder bietet. Solchen Luxus werden die meisten Hunde in Mexiko nicht kennen.

Millan: Ja, allerdings sind die Hunde in meinem Center ja gerade da, weil es ihnen nicht gut geht, weil sie falsch sozialisiert wurden und kein normales Verhalten gelernt haben. Deshalb brauchen sie Pools und Laufbänder, die Farm-Hunde in Mexiko nicht benötigen, um ausgeglichen zu sein.

SPIEGEL ONLINE: Wie unterscheidet sich der Umgang mit Hunden in den USA und Deutschland?

Millan: In den USA gehen die Menschen selten mit ihren Hunden Gassi, sie halten sie meist im Garten. In Deutschland ist es ganz natürlich, lange Spaziergänge in der Natur zu machen, das finde ich großartig und wichtig. Außerdem finde ich es toll, dass man hierzulande mit seinem Hund sogar Bahn fahren darf.

SPIEGEL ONLINE: Es fällt auf, dass Sie in Ihrem deutschen Bühnenprogramm nicht so sehr mit den Hunden interagieren wie im Fernsehen. Woran liegt das?

Millan: Ich habe hier in Deutschland keine Lizenz fürs Hundetraining, deshalb muss jemand, der einen Trainerschein hat, mich auf Tour begleiten. Ich schaue hier, dass ich weniger über die Technik spreche und den Menschen mehr über Energie beibringe, die man den Hunden gegenüber ausstrahlen muss.

SPIEGEL ONLINE: Halten Sie das für bürokratisch, dass Sie hierzulande mit solchen Auflagen konfrontiert sind?

Millan: Nein, das finde ich in Ordnung. Ich bin auch nicht hier, um Regeln zu brechen, ich kenne sie bloß nicht. Ich finde es wichtig, dass man sich auf die kulturellen Eigenheiten einstellt. Deshalb nutze ich in Deutschland den Begriff "Rudelführer" nicht mehr so oft. Er wird hier nicht sehr gerne gehört.

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