Ex-Weltmeister Schachgenie Bobby Fischer ist tot
Reykjavik - Wie ein Sprecher heute mitteilte, starb Fischer im Alter von 64 Jahren gestern in einem Krankenhaus in der isländischen Hauptstadt Reykjavik. Ein Journalist der Zeitung "Morgunbladid" erklärte, die genaue Todesursache sei nicht bekannt, "aber er war seit einigen Monaten krank und im vergangenen Jahr auch im Krankenhaus gewesen", fügte der Journalist hinzu. Ein Freund von Fischer ging nun mit der Nachricht an die Öffentlichkeit, der Schachspieler sei an Nierenversagen gestorben.
Fischer, der als Genie galt, wurde 1972 weltbekannt: Als erster Amerikaner gelang es ihm mitten im Kalten Krieg, einem Spieler aus der Sowjetunion, Boris Spasski, den Titel des Schachweltmeisters abzujagen. In ihrem Buch "Wie Bobby Fischer den Kalten Krieg gewann" enthüllten die BBC-Reporter David Edmonds und John Eidinow, dass KGB-Agenten während der Schach-WM diverse Täuschungsmanöver planten, um das desaströse Abschneiden des Russen beim "Match des Jahrhunderts" zu erklären.
Zunächst wurde der Verdacht gestreut, Spasskis Sekundant verrate geheime Strategien an Fischer. Dann wurde die Vermutung geäußert, in Spasskis Fruchtsaft befinde sich Gift, und man flog das Getränk zur Analyse nach Moskau. Schließlich bauten die Agenten einen Apparat in Fischers Sessel ein, um vorzutäuschen, dass Spasski Opfer einer perfiden US-Strahlenattacke gewesen sei. Als Röntgenaufnahmen des Sessels diese Manipulation bloßzustellen drohten, entfernten die Russen den Apparat wieder.
Nach dem Sieg weigerte sich Fischer gegen den nächsten russischen Herausforderer, Anatolij Karpow, anzutreten. Kampflos wurde Karpow daraufhin Weltmeister, und Fischer zog sich in Kalifornien zurück.
Zwei Jahrzehnte lang lebte Fischer - Intelligenzquotient 186 - wie ein Phantom und hielt sich dem Profi-Schach fern. Nichts konnte ihn zu einer Rückkehr bewegen. Millionenangebote von Organisatoren in Las Vegas oder Manila schlug er aus, auch wenn er finanziell ruiniert und in einer schwierigen Situation war.
Erst zum Revanchespiel gegen Boris Spasski trat Fischer im September 1992 wieder in der Öffentlichkeit auf. In Belgrad behielt der Amerikaner die Oberhand und bekam eine Siegprämie von 5,5 Millionen Dollar. Fischer konnte nach dem Match Serbien nicht verlassen. Nach Ansicht der US-Behörden brach er mit seiner Teilnahme das Handelsembargo gegen Serbien und Montenegro. Kurz vor Ende der Amtszeit von US-Präsident George H. W. Bush im Jahr 1992 wies das Washingtoner Außenministerium seine Botschaften auf den erlassenen Haftbefehl gegen den Schachspieler hin. Dem ehemaligen Weltmeister drohten wegen Sanktionsbruchs bis zu zehn Jahre Haft und eine Geldstrafe bis 250.000 Dollar.
Das Schachgenie tauchte daraufhin unter und lebte an verschiedenen Orten in Europa, seit dem Jahr 2000 hauptsächlich in Japan. Im März 2005 erhielt Fischer die isländische Staatsbürgerschaft - seine Odyssee nahm ein Ende.
jjc/AP/AFP