Gottesdienst Mehr als 1500 Menschen trauern um Milliardär Merckle

Andrang in Blaubeuren: In einem bewegenden Trauergottesdienst haben sich Hunderte Freunde, Mitarbeiter und Verwandte vom dem schwäbischen Milliardär Adolf Merckle verabschiedet. Der Unternehmer hatte sich vor einer Woche selbst getötet.

Blaubeuren - Rund 800 Trauergäste waren laut Polizei in die evangelische Stadtkirche Blaubeuren gekommen, um von dem verstorbenen Milliardär Abschied zu nehmen. Wegen des großen Interesses wurde der Gottesdienst in die nahe gelegene Stadthalle übertragen, wo mehr als 800 weitere Menschen die Feier am Bildschirm verfolgten.

Es sei ein Abschied von einer "außergewöhnlichen Person unseres Landes, seiner Wirtschaft und seines gesellschaftlichen Lebens", sagte der ehemalige Landesbischof Gerhard Maier. Der "Vollblutunternehmer" habe "in überdurchschnittlichem Maße seine soziale und gesellschaftliche Verantwortung tatkräftig wahrgenommen".

Die Finanzkrise und die Notlage seiner Firmen seien bedrückend für den 74-Jährigen gewesen, betonte der ehemalige Landesbischof. Es "muss ihn im Innersten verwundet haben", dass er "auf das Ausbleiben von Solidarität und verletzende Kommentare stieß".

Doch auch mit Kritik sparte der Geistliche nicht: "Die biblische Offenbarung verwehrt es uns eindeutig, dass wir uns selbst das Leben nehmen", sagte Maier. "Was ihn dazu brachte, sich selbst das Leben zu nehmen, werden wir Menschen nie bis ins Letzte verstehen."

Neben der Familie und Freunden waren auch zahlreiche Mitarbeiter der Unternehmen Merckles zur Trauerfeier gekommen. Busse brachten Ratiopharm-Mitarbeiter in die Altstadt. Auch Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) sowie die baden-württembergische Sozialministerin Monika Stolz (CDU) waren in die evangelische Stadtkirche in Merckles Heimatort gekommen. Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) konnte aus Termingründen dem Trauergottesdienst nicht beiwohnen.

An den Eingängen der Kirche und der Stadthalle, wo der Gottesdienst übertragen wurde, lagen Kondolenzbücher aus. Die Bestattung des 74-Jährigen ist im engsten Familienkreis geplant. Der Termin dafür sollte geheim bleiben.

Vor einer Woche hatte Merckle Selbstmord begangen, indem er sich vor einen Zug stürzte. Es wird vermutet, dass er es nicht verkraftet hatte, nach fehlgeschlagenen Börsenspekulationen die Kontrolle über sein Unternehmen zu verlieren. Die wirtschaftliche Notlage seiner Firmen und "die Ohnmacht, nicht mehr handeln zu können", hätten den 74-Jährigen gebrochen, teilte die Familie am vergangenen Dienstag mit.

Merckles Firmengeflecht, darunter der Arzneimittelhersteller Ratiopharm, der Baustoffkonzern HeidelbergCement und der Pharmagroßhändler Phoenix, war wegen der Finanzmarktkrise in erhebliche Schwierigkeiten geraten. Zudem hatte sich der Milliardär im großen Stil mit Volkswagen-Aktien verspekuliert.

Unmittelbar vor seinem Selbstmord hatte Merckle noch selbst die Einigung mit den Banken unterschrieben. Damit besiegelte er die Zerschlagung seiner finanziell schwer angeschlagenen Gruppe. Am Mittwoch gewährten die rund 30 Gläubigerbanken den rettenden Überbrückungskredit. Der Pharmahersteller ratiopharm muss aber verkauft werden.

Merckle galt mit einem geschätzten Vermögen von 6,9 Milliarden Euro als fünftreichster Mann Deutschlands. Im weit verzweigten Merckle-Imperium sind mehr als 100.000 Mitarbeiter beschäftigt. Der Jahresumsatz liegt bei 30 Milliarden Euro.

ala/ddp/AP/dpa
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