Sexismus Liam Neeson beklagt "Hexenjagd" auf Männer

Liam Neeson
Foto: ANGELA WEISS/ AFPWochenlang ist man als Hollywood-Schauspieler unterwegs, um Werbung für seinen neuen Film zu machen. Liam Neeson, irischer Charaktermime, einst als Oskar Schindler für einen Oscar nominiert, dann Jedi-Ritter und inzwischen mit 65 Jahren rüstiger Actionstar, tingelt zurzeit mit seinem Film "The Commuter" durch die Lande, gibt Interviews, absolviert TV-Auftritte, beantwortet Fragen über Fragen. Das ist anstrengend, da muss man aufpassen, was man sagt, zumal in gesellschaftlich angespannten Zeiten wie diesen.
Liam Neeson entglitt es am Freitagabend in der beliebten irischen Talksendung "The Late Late Show" (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen US-Format mit James Corden). Nach gut 20 Minuten lockerer Plauderei über Karriere und "Commuter" fragte Moderator Ryan "Tubs" Tubridy eher harmlos nach den positiven Effekten der aktuellen #MeToo-Debatte über Belästigungen und Missbrauch von Frauen, die durch den Skandal um Filmproduzent Harvey Weinstein losbrach und das Geschlechterverhältnis revolutionieren könnte.
Ja, das sei schon wichtig und gesund, sagte Neeson, "aber es ist auch ein wenig eine Hexenjagd". Da gebe es einige Leute, "berühmte Leute, die plötzlich beschuldigt werden, ihre Hand auf das Knie irgendeines Mädchens gelegt zu haben oder so etwas. Und dann verlieren sie ebenso plötzlich ihren Job", beklagte Neeson am Beispiel des im vergangenen Jahr wegen Missverhaltens am Arbeitsplatz gekündigten US-Radiomoderator Garrison Keillor.
"Witch hunt", also Hexenjagd, ist ein in mehrfacher Hinsicht unpassender Begriff. Er verortet die öffentlichen Berichte mutiger Frauen, die belästigt wurden, nicht nur im Hysterischen, er verharmlost auch die historischen Hexenjagden und -verbrennungen des Mittelalters, bei denen bis zu 200.000 Menschen, mehrheitlich Frauen, getötet wurden. Ein wahrscheinlich gedankenloser, aber böser Fauxpas.
Als das Gespräch auf prominentere Beschuldigte kommt, bezeichnet Neeson den sexuellen Missbrauch, den Dustin Hoffman bei verschiedenen Gelegenheiten begangen haben soll, kurzerhand als "childhood stuff", Kinderkram. Am Set eines Films oder auf der Bühne gehe es so vertraut zu "wie in einer Familie. Man macht alberne Sachen. Und dann wirst du abergläubisch und denkst, wenn du denselben Jux nicht jeden Abend machst, verdirbst du die Show".
Hoffman war bei allen zweifelhaften Vorkommnissen, um die es aktuell geht, bereits Mitte Vierzig. Aber vielleicht meinte Neeson ja, dass Alter nicht vor Torheit, oder besser: Kinderkram, schütze. Was natürlich nichts besser machen würde.
Auf Twitter jedenfalls ist man nicht sehr begeistert von Neesons Einlassungen zum Thema. Eine Userin, offenbar ebenfalls Irin, schrieb: Ich kann es nicht glauben: Eben war Liam Neeson noch ein Nationalheld... jetzt ist er erledigt."
I can’t believe this Liam Neeson was a national treasure and now....he’s over
— 𝔏𝔞𝔲𝔯𝔢𝔫 ℭ𝔬𝔪𝔯𝔞𝔡𝔢 but actually Aoife (@infinityonhi) January 12, 2018
Dabei hatte sich Neeson gerade noch - gegenüber der Agentur AP - sehr verständnisvoll und klug gezeigt, als es um die gegenüber ihren männlichen Kollegen schlechtere Bezahlung von weiblichen Hollywood-Stars ging. Er selbst würde zwar nicht auf die Höhe seiner Gage verzichten, aber es müsse dringend Gleichberechtigung geben. "Wir Männer", so Neeson, "müssen uns daran beteiligen. Wir haben damit angefangen, jetzt müssen wir auch Teil der Lösung sein." Mit "Hexenjagd"-Gerede wird das allerdings nichts.