Rama Yade Provokante Kämpferin

Wenige Monate vor der Präsidentschaftswahl in Frankreich meldet sich eine ehemalige Hoffnungsträgerin der französischen Politik zurück – und sorgt damit für ziemlich viel Ärger. Rama Yade, 44, frühere Staatssekretärin für Menschenrechte, kritisiert in einem Interview mit dem französischen Magazin »L’Express« den Rassismus und den Umgang mit der Kolonialgeschichte in ihrer Heimat. Wie viel in Frankreich diesbezüglich immer noch im Argen liege, zeige sich schon daran, dass die Eliten nach wie vor weiß seien, erklärt sie. Yade, die im Senegal geboren ist, wurde 2007 zum ersten schwarzen Mitglied einer französischen Regierung. Doch in Wahrheit sei ihre Ernennung als »Anomalie« zu werten und nicht als Zeichen des Fortschritts. Zudem empfinde sie es jedes Mal als »Mikro-Aggression«, wenn sie in Paris auf dem Weg zur Nationalversammlung an der Statue von Jean-Baptiste Colbert vorbeigehen müsse. Denn der königliche Minister, der die Finanzen des Landes Mitte des 17. Jahrhunderts sanierte und die Grundlagen der Wirtschaftsmacht Frankreich schuf, legitimierte die Sklaverei per Gesetz. Die Aussagen von Yade, die seit drei Jahren in Washington lebt, sorgen in Frankreich nun für heftige Reaktionen aus allen politischen Lagern. Ministerin Marlène Schiappa etwa äußerte, sie sei schockiert, dass Yade aus dem Ausland eine solche Kritik an ihrer Heimat übe. Doch die engagierte Ex-Politikerin, die bei ihrem Kampf gegen Rassismus immer schon gern einen provokanten Ton angeschlagen hat, dürfte sich von den Vorwürfen, Frankreich zu beschimpfen, vermutlich kaum beirren lassen.