

Rom - Als der Antrag am späten Mittwochnachmittag im Gericht eintraf, war Veronica Lario gerade mit ihrer Tochter Eleonora im Auto unterwegs - in die Schweiz. "Ganz ruhig und klar, überhaupt nicht besorgt" habe die italienische First Lady gewirkt, schreibt der Mailänder "Corriere della sera". Dabei hätte sie Grund zur Besorgung, denn die 53-Jährige will die Diskussion über die Schuld ihres Mannes am Scheitern der Ehe vor Gericht bringen. Damit fordert sie Silvio Berlusconi heraus und so etwas mag der Medienzar und Premier überhaupt nicht - auch wenn er die Mehrzahl seiner Gerichtsverfahren bis dato wegen Verjährung oder mangelnden Beweisen unbeschadet überstanden hat.
Bei dem von Lario angestrebten Scheidungsverfahren würden die Verfehlungen des Partners innerhalb des Familienlebens aufgezeigt, zitiert der "Corriere" eine Expertin in Familienrecht. Dazu zähle auch Ehebruch. Der 73-jährige Berlusconi müsse fürchten, dass mit ihm "abgerechnet" werde, spekuliert die Zeitung.
Dabei dürfte es vor allem um das Finanzimperium des italienischen Regierungschefs gehen, also um sehr viel Geld. Zu Berlusconis Fininvest-Gruppe gehören die Mediaset-TV-Sender, der Mondadori-Verlag und die Versicherungsgesellschaft Mediolanum mit einem Gesamtwert von geschätzten 9,6 Milliarden Euro.
"Auseinandersetzungen in der Familie? Gibt es nicht", betonte noch vor wenigen Monaten die erstgeborene Tochter Barbara. "Und wenn mein Vater fair und gerecht ist, wird es sie auch nicht geben." Auch Veronica Lario selbst schien noch im Mai guten Mutes zu sein, die Trennung von ihrem umstrittenen Gatten halbwegs würdevoll hinter sich zu bringen. "Ich lasse nach 30 Jahren Ehe den Vorhang fallen, aber ich will das als eine normale und anständige Frau tun, ohne Aufsehen. Ich will eine Auseinandersetzung vermeiden."
Jetzt läuft alles auf eine Schlammschlacht vor Gericht hinaus. Lario hatte Anfang Mai in der linksliberalen Tageszeitung "La Repubblica" angekündigt, sich von ihrem Gatten trennen zu wollen. "Ich kann nicht mit jemand leben, der sich mit Minderjährigen trifft", führte sie als Begründung an. Damit bezog sich die italienische First Lady auf eine bis heute nicht eindeutig geklärte Beziehung des Medienmoguls zu der 18-jährigen Schülerin Noemi Letizia aus Neapel. Der "Fall Noemi" beschäftigte über Monate die internationale Presse. Daneben gab es immer wieder Berichte über angebliche Sex-Partys mit Callgirls, die der Premier bei Fernsehauftritten und in Interviews mit ihm gewogenen Journalisten gewohnt routiniert bagatellisierte und dementierte.
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Das wird dem "Cavaliere" nicht gefallen: Veronica Lario, Noch-Ehefrau des italienischen Ministerpräsidenten, will die "schweren Vergehen" ihres Gatten in einem öffentlichen Prozess verhandeln lassen.
Ob Silvio Berlusconi das einfach so hinnehmen wird?
19 Jahre lang war das Ehepaar Lario-Berlusconi verheiratet, dann kam Lario 2009 die Erkenntnis: "Ich bin in einer Sackgasse. Noch vor zehn Jahren wäre ich nicht dazu bereit gewesen - aber heute kann ich hocherhobenen Hauptes sagen: 'Ich trenne mich von diesem Mann.'"
Die "Escort-Dame" Patrizia D'Addario zeichnete intime Gespräche mit Premier Berlusconi auf und verkaufte sie an die Presse. Sie erklärte, ein Mittelsmann habe sie für zwei Partys mit dem Ministerpräsidenten im römischen Palazzo Grazioli engagiert. Die Nacht vom 4. auf den 5. November 2008 habe sie mit Berlusconi verbracht, hieß es.
Stein des Anstoßes: Zu der 18-jährigen Noemi Letzia soll Berlusconi eine enge Beziehung gepflegt haben. Als er zu ihrem 18. Geburtstag nach Neapel eilte, riss Gattin Veronica Lario der Geduldsfaden. Ihr Mann verkehre mit Minderjährigen, sie wolle die Scheidung, verkündete sie im Mai.
Berlusconi dementierte gewohnt routiniert die Gerüchte um seine angeblichen Gespielinnen: "Ich habe nie eine Frau bezahlt", tönte er, abgesehen davon wüssten die Italiener ohnehin, dass er kein Heiliger sei.