
Treffen mit Sean Penn Diese Frau soll die Fahnder auf "El Chapos" Spur geführt haben
- • Sean Penn trifft "El Chapo": "Würden Sie die Welt verändern, wenn Sie es könnten?"
- • Drogenboss "El Chapo" gefasst: "Misión cumplida"
Hollywoodstar trifft Drogenbaron auf einer Dschungellichtung: Dass Schauspieler Sean Penn den Unterweltboss Joaquín "El Chapo" Guzmán am 2. Oktober interviewen konnte, hat er wesentlich einer Kollegin zu verdanken: der mexikanischen Schauspielerin Kate del Castillo. Im "Rolling Stone", der detailliert über das Treffen berichtet, beschreibt Penn, wie del Castillo den Kontakt herstellte. Das Magazin druckte ein Foto, auf dem sich Penn und Guzmán die Hand geben. (Aussagen aus dem Interview lesen Sie hier.)
Die 43-Jährige hatte 2012 einen öffentlichen Appell an Guzmán gerichtet und ihn gebeten, Gutes zu tun. "Heute glaube ich mehr an Chapo Guzmán als an Regierungen, die die Wahrheit vor mir verstecken", schrieb sie damals. Später wollte del Castillo das als Ironie, Sarkasmus und Witz verstanden wissen; das hätten viele nicht begriffen.
Für viele passte der Appell indes bestens zu del Castillos Karriere. In einer ihrer bekanntesten Rollen trat sie in der TV-Serie "Die Königin des Südens" auf. Darin spielte sie eine Drogenbaronin. Darüber sagte del Castillo: "Sie ist eine Figur, die mit verheirateten Männern schläft, Marihuana raucht, Drogen schmuggelt, Leute umbringt, sie flucht viel und ist eine große Trinkerin." In der Serie "Weeds" spielte Castillo ebenfalls mit.
"Pure Eitelkeit"
Da passt es ins Bild, dass sie nun eine zentrale Rolle bei der Vermittlung des Treffens zwischen Guzmán und Penn spielte. Guzmán schickte ihr nach ihrem Appell Blumen; Mitglieder seiner Bande kontaktierten die Schauspielerin nach Guzmáns Festnahme im Februar 2014 - weil großes Interesse bestand, die Geschichte des Drogenbosses zu erzählen. Del Castillo ist in Mexikos Filmindustrie gut vernetzt. Es ist allerdings unklar, wie weit die Planung für den Film fortgeschritten war.
Die Pläne für den Film könnten "El Chapos" Festnahme begünstigt haben. Zwar gab es laut Penn außerordentlich große Sicherheitsvorkehrungen, um das Interview geheim zu halten - unter anderem wurde verschlüsselt kommuniziert. Beim Kontakt mit Guzmáns Anwälten ließ del Castillo aber offenbar weniger Vorsicht walten.
Video: Scharfe Kritik an Sean Penn nach Interview mit Drogenboss
Laut Mexikos Generalstaatsanwältin Arely Gómez war die Entdeckung, Guzmán wolle sein Leben verfilmt sehen, eine der Spuren, die zu dem Drogenboss führte. "Zu diesem Zweck nahm er Kontakt zu Schauspielerinnen und Produzenten auf." Man habe entsprechende Treffen überwacht. Bereits am Freitag hatte die Chef-Ermittlerin berichtet, die Behörden seien über Treffen Guzmáns mit Regisseuren und Schauspielern im Bilde gewesen, und diese hätten bei seiner Ortung geholfen. Der chilenische Regisseur Pablo Larrain sagte, die "pure Eitelkeit" sei Guzmán zum Verhängnis geworden.
Aus Ermittlerkreisen war zu hören, del Castillo und Penn sollten vernommen werden. Besonders Penn wird für das Interview heftig kritisiert; ob er oder del Castillo sich strafbar gemacht haben, ist unklar.
Video: US-Schauspieler Sean Penn traf "El Chapo" zum Interview
Auslieferungsverfahren an USA läuft
Mexiko hat inzwischen das Auslieferungsverfahren an die USA eingeleitet. Mitarbeiter von Interpol Mexiko stellten am Sonntag im Hochsicherheitsgefängnis El Altiplano zwei Haftbefehle mit dem Ziel der Auslieferung an die USA zu, wie die Generalstaatsanwaltschaft mitteilte.
Guzmán kann nun Einspruch gegen die Auslieferung einlegen. Ein Gericht trifft daraufhin eine Entscheidung und leitet den Vorgang an das mexikanische Außenministerium weiter. Wenn das Außenamt die Auslieferung einleitet, kann "El Chapo" noch einmal einstweiligen Rechtsschutz gegen die Überstellung beantragen. Lehnt ein Gericht den Antrag ab, ist der Weg für die Auslieferung frei.
In den Vereinigten Staaten liegen mehrere Haftbefehle gegen "El Chapo" vor. Die US-Behörden werfen dem Chef des Sinaloa-Kartells unter anderem Mord, Drogenhandel, Bildung einer kriminellen Vereinigung und Geldwäsche vor. Die Antidrogenbehörde DEA hatte ein Kopfgeld von bis zu fünf Millionen US-Dollar (4,6 Millionen Euro) auf Guzmán ausgesetzt.
Festnahme ein halbes Jahr nach der Flucht
Guzmáns Organisation wird für Tausende Morde im mexikanischen Drogenkrieg verantwortlich gemacht. Gegen den Drogenboss liegen in Chicago, Brooklyn, Manhattan, San Diego, Miami, New Hampshire und El Paso Anklagen vor. Chicago etwa hatte Guzmán 2009 zu seinem ersten Staatsfeind seit dem legendären Gangsterboss Al Capone erklärt.
"El Chapo" war am 11. Juli 2015 durch einen 1,5 Kilometer langen Tunnel aus dem Gefängnis El Altiplano entkommen. Am vergangenen Freitag wurde er schließlich gefasst, knapp ein halbes Jahr nach seinem Ausbruch. Marineinfanteristen hatten sich zuvor in der westmexikanischen Stadt Los Mochis eine heftige Schießerei mit seinen Leibwächtern geliefert.
In den USA bringen sich bereits mehrere Gerichtsstandorte für einen möglichen Prozess gegen Guzmán in Stellung. Konkret geht es um Chicago und Brooklyn. Letztlich entscheidet darüber das US-Justizministerium. Je nach Gerichtsort könnten sich die Anklagepunkte unterscheiden.
Video: Drogenboss "El Chapo" gefasst
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Kate del Castillo spielte für das Interview von Sean Penn mit Drogenboss Joaquín "El Chapo" Guzmán eine zentrale Rolle. Die Schauspielerin vermittelte den Kontakt, wie Penn im "Rolling Stone" schreibt. Del Castillo soll mit Guzmáns Anwälten in Kontakt gestanden haben, weil der Drogenboss einen Film über sein Leben drehen lassen wollte.
Castillo - hier im vergangenen August auf einer Filmpremiere - spielte einst eine Drogenhändlerin. Sie hat sich bislang nicht zu ihrer Hilfe für Penn geäußert.
Guzmán war am vergangenen Freitag festgenommen worden, sechs Monate nach seiner Tunnelflucht aus einem Hochsicherheitsgefängnis.
Hollywoodstar Penn steht wegen seines Treffens mit "El Chapo" in der Kritik. Er habe einem Schwerkriminellen ein Forum geboten, lautet der Vorwurf.
Das Treffen und Guzmáns Festnahme sind das bestimmende Thema in mexikanischen Medien.
In der TV-Serie "Die Königin des Südens" spielte del Castillo eine Drogenbaronin. Hier ist die Schauspielerin mit ihren Serienkollegen Iván Sánchez (l.) und Rafael Amaya zu sehen.
Guzmán soll nun an die USA ausgeliefert werden, damit er dort vor Gericht gestellt werden kann. Ihm werden unter anderem Mord, Drogenhandel, Bildung einer kriminellen Vereinigung und Geldwäsche vorgeworfen.
Im Juli 2015 zeigt Mexikos Staatsanwältin Arely Gómez ein Foto von Joaquín "El Chapo" Guzmán - da war der berüchtigte Drogenboss gerade aus dem Gefängnis geflohen. Nun ist Guzmán wieder gefasst worden.
Guzmán war durch einen anderthalb Kilometer langen Tunnel aus dem Hochsicherheitsgefängnis Altiplano geflohen. Im Tunnel fanden Ermittler unter anderem ein Motorrad, das...
...auf Schienen fahren konnte.
Die Maschine diente quasi als Lokomotive für die angehängten Wagen.
Der "Chapo" in seiner Zelle im Hochsicherheitsgefängnis Altiplano (Archiv): Die Aufnahme der Überwachungskamera zeigt den Kartellboss auf dem Weg in den Waschbereich. Genau dort, unter der Dusche, endete der etwa eineinhalb Kilometer lange Tunnel.
Entscheidende Trennwand: In der Dusche war der Eingang in den Tunnel - der Bereich wurde von Sicherheitskameras nicht überwacht.
In die Freiheit gelangte der Drogenboss über eine Holzleiter mit 17 Sprossen.
Der Tunnel endete in einem Rohbau unweit des Gefängnisgeländes.
Das unscheinbare Gebäude schützte die Tunnelerbauer davor, entdeckt zu werden.
Guzmán war im Februar 2014 festgenommen worden - nachdem er jahrelang im Untergrund gelebt und das Sinaloa-Kartell angeführt hatte.
Bis zu seiner Festnahme gab es keine aktuellen Bilder des Drogenbosses, der "El Chapo", "der Kurze" genannt wird. Dieses undatierte Foto hatten mexikanische Ermittler 1993 veröffentlicht.
Die Ermittler kamen Guzmán nur schwer auf die Spur - auch, weil er in der Bevölkerung viel Rückhalt genießt.
Die Festnahme Guzmáns 2014 war ein großer Erfolg für Präsident Enrique Peña Nieto und seinen Sicherheitsapparat. Und ebenso düpiert waren sie durch seine Flucht knapp anderthalb Jahre später.
Guzmán wurde mit großem Aufwand gesucht, dennoch dauerte es knapp sechs Monate, bis er nun wieder gefasst wurde.
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