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Joop gegen Klum: "Not my style"

Foto: Uli Deck/ dpa

Wolfgang Joop bei "Germany's Next Topmodel" Alles auf Anfang

Zu durchschnittlich, zu grell, zu viel: Wolfgang Joop hat lange keinen Hehl aus seiner Abneigung gegenüber Heidi Klum gemacht. Nun sitzt er selbst in der Jury der umstrittenen Modelcasting-Serie. Das ist Kalkül, vor allem aber eine Rückkehr zum Anfang.
Von Gesa Mayr

Hamburg - Zwanzig Minuten sei er mal auf einer Mottoparty von Heidi Klum in New York gewesen. Und es sei der schlimmste Abend seines Lebens gewesen. Solche Nettigkeiten hat man im Ohr, wenn man an Wolfgang Joops Einstellung zu dem Top-Model denkt. Mittlerweile verbringt Joop weit mehr Zeit mit Klum. Er ist Juror in ihrer abendfüllenden Modelcasting-Show, die am Abend startet.

Ein Gegensatz, wie er größer nicht sein könnte. Lange hat Joop gegen seine Allwettertauglichkeit gekämpft. Nun scheint er sie bei "Germany's Next Topmodel" gezielt zu suchen. Warum?

Einst diktierte Joop den Boulevard-Journalisten Lästereien über Klum in die Blöcke. "Sie ist der Durchschnitt in Perfektion, bis hin zu den perfekt gefärbten Locken", wurde er zitiert. Zu grell, zu aufgepimpt, schlicht zu viel. Der Exhibitionismus, das Vorführen junger Mädchen - "not my style".

Nun sitzt er in der einst verhassten Show einer Frau, die neben sich eigentlich niemanden duldet, dessen Stern heller scheint oder dessen Zähne weißer strahlen als die ihren. Doch auch eine Heidi Klum braucht Quoten. Und ein Wolfgang Joop?

Reich, aber auch beliebig

"Heidi ist phantastisch", flötet er jetzt. Schadensbegrenzung auf gängigem PR-Niveau. Er wolle die pädagogische Fahne in der Sendung hochhalten. Der Ansatz einer Rechtfertigung, der sich im Missionstatement der Sendung wie folgt liest: Sein Juroren-Job sei "eine höchst verantwortungsvolle Tätigkeit, um Träume wahr werden und keine unerfüllbaren Illusionen aufkommen zu lassen".

Joop und Klum, das passt auf den ersten Blick zusammen wie Couture und Winterschlussverkauf. Joop macht mit seinem Label Wunderkind hochpreisige Mode für die oberen Zehntausend. Klum entwirft mit ihrer Sendung Modeträume für den Rest.

Doch dem Potsdamer Designer haftet die Massenkompatibilität seit frühsten Erfolgstagen an, seit er mit seinem Label "Joop!" nicht nur Klamotten sondern auch haufenweise Uhren, Parfums und Sonnenbrillen unter die Leute brachte. "Joop!" machte ihn reich, aber auch beliebig.

Schon in seiner Jugend in Braunschweig hatte er nie richtig dazugehört. Der ostdeutsche Ton, darüber habe man sich in Niedersachsen lustig gemacht, wie er einmal sagte. In Paris war das nicht anders, dort rümpften die Lagerfelds und Yves Saint Laurents die gepuderten Nasen. Joop stand ihnen künstlerisch in nichts nach, aber im Gegensatz zu ihm hatten sie nie ihren Namen auf Franchise-Produkte geklebt. Joop verkaufte "Joop!". Es dauerte nicht lange, da ging er zurück nach Potsdam. Die Modebranche hat's gegeben, sie hat es genommen. Schließlich sagte der große Karl auch über Joop: "International kennt ihn doch keiner."

Immer eine Spur größer

Joop musste sich immer auch ein wenig selbst hochjubeln, der Mann, der hinter seinen Namen ein Ausrufezeichen setzte und seine neue Couture-Marke Wunderkind nannte. Seinen Komplex sieht man manchmal in seinen Investitionen. Die Hamburger Villa an der Alster, in der Nähe von Jil Sander, war so ein Kauf. Und auch seine Worte sind immer eine Spur größer als er selbst. "Wir haben den Anspruch, auch Kunst zu machen", erklärte er vergangenes Jahr im "Tagesspiegel".

Die zwischenzeitlichen Finanzprobleme bei Wunderkind kommentierte er im SPIEGEL mit den Worten, High Fashion sei eben auch High Risk. Doch wenn er heute sagt, er und Heidi seien beide international sehr erfolgreich, dann muss man sagen: Heidi Klum hat ein internationales Entertainment-Imperium. Joop hat Joop, und ein Label, das in der Modebranche anerkannt ist, zumindest in diesem Moment.

"Wenn ich ehrlich bin, träume ich davon, aus der Mode auszusteigen", sagte Joop 2013 dem KulturSPIEGEL. Sein Juroren-Job bei "Germany's Next Topmodel" ist da ein erster Schritt. Er besiegelt seine Massentauglichkeit. Er liest sich wie ein leises Eingeständnis. Joop macht jetzt auf kommerziell. Joop, der, selbst als er aus finanzieller Not seine antike Polstergarnitur versteigern musste, die Lust am Überfluss lebte.

Vielleicht beugt sich Joop jetzt den deutschen Regeln. So sehr man hierzulande auch gegen die Klums und Bohlens ätzt - sie sind die Zugpferde der Privatsender-Popkultur. Sie haben Erfolg, in ist, wer drin ist. "Der Boss in diesem Format ist absolut Heidi", sagte Joop vor kurzem in einem Interview mit der "Märkischen Allgemeinen". Das klingt nicht nach Lagerfeld, das klingt nach brandenburgischer Bescheidenheit. Seine Villa an der Alster hat er 2012 verkauft.

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