Limburger Bischof Tebartz-van Elst: Kritik vom früheren Weihbischof
Foto: Arne Dedert/ dpaLimburg - Der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst war nach Informationen des SPIEGEL seit Jahren über alle aufgelaufenen Kosten beim Neubau seiner Residenz informiert. Laut einem Vertrag von 2009 übernahm die Kölner Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG die kaufmännische Abwicklung des Projekts. Sie schickte jährlich eine Kostenaufstellung an die Vertreter des Bischöflichen Stuhls - den Bischof und seinen Generalvikar Franz Kaspar.
KPMG sollte auch dafür sorgen, dass Handwerkerrechnungen bezahlt wurden. Die Kosten des Umbaus wurden über ein Treuhandkonto der Wirtschaftsprüfer bei der Deutschen Bank beglichen. Aus anderen internen Dokumenten geht hervor, dass es bereits 2009 - also noch vor Baubeginn - eine grobe Kostenschätzung in Höhe von 17 Millionen Euro gab. Zwei Jahre später war der Bischof den Unterlagen zufolge über eine genauere Kalkulation in Höhe von 27 Millionen Euro informiert.
Dennoch ließ Tebartz-van Elst noch im Juni auf einer Pressekonferenz ausrichten, die Kosten beliefen sich auf "nur 9,85 Millionen". Vor wenigen Tagen war bekannt geworden, dass die Kosten für den Bau auf mindestens 31 Millionen Euro steigen. Ursprünglich waren 5,5 Millionen veranschlagt gewesen. Wegen der hohen Kosten prüft die Staatsanwaltschaft Limburg Vorwürfe der Untreue gegen Tebartz-van Elst. Bis Freitag gingen neun entsprechende Strafanzeigen ein.
Aus der früheren Bistumsspitze um Altbischof Franz Kamphaus wurde unterdessen bekannt, dass Tebartz-van Elst bei seinem Amtsantritt in Limburg im Januar 2008 ein bischöfliches Vermögen von etwa hundert Millionen Euro vorgefunden haben soll. Es sei im Bischöflichen Stuhl, einem Schattenhaushalt, verbucht gewesen und umfasste beachtlichen Immobilienbesitz, darunter Wohnungen in besten Frankfurter Lagen.
Tebartz-van Elst steht wegen der gestiegenen Baukosten und seiner Amtsführung heftig in der Kritik. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, hatte bei seinen Kollegen angesichts der Ereignisse im Bistum Limburg Bescheidenheit angemahnt. Zahlreiche Kritiker fordern Tebartz-van Elsts Rücktritt.
Ursprünglich wollte sich Tebartz-van Elst am Wochenende in einem Brief an die Gläubigen wenden - er wolle "manches klarstellen", hatte er gesagt. Diese Ankündigung wurde am Freitag überraschend und ohne Angaben von Gründen zurückgezogen.
Der Bischof steht zudem wegen eines weiteren Problems unter Druck. Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat Strafbefehl gegen ihn beantragt, weil er in einem Rechtsstreit mit dem SPIEGEL in zwei Fällen falsche eidesstattliche Versicherungen abgegeben haben soll. Nach Einschätzung von Zollitsch wäre es ein Wendepunkt in der aufgeheizten Diskussion um den Bischof, wenn gegen Tebartz-van Elst ein Strafbefehl wegen Falschaussage ergehen würde.
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Grund für die Aufregung: Der Neubau des Bischofssitzes in Limburg direkt am Dom wird deutlich teurer, als das Bistum zunächst angegeben hatte. Ursprünglich wurden 5,5 Millionen Euro Baukosten genannt, inzwischen ist klar, dass es mindestens 31 Millionen werden. Tebartz-van Elst wird für die erheblichen Mehrkosten mitverantwortlich gemacht. Er soll die Kosten durch Protzerei und Luxuswünsche in die Höhe getrieben haben.
Nicht nur in Limburg hat Tebartz-van Elst mittlerweile deutlich an Rückhalt verloren. Diese Postkarte platzierten Unbekannte vor der Kapelle des Bischofshauses auf dem Areal der alten Vikarie gegenüber dem Limburger Dom.
Nach Informationen des SPIEGEL war Tebartz-van Elst zudem seit Jahren über die Kostensteigerungen des Bauvorhabens informiert.
Der Bischof in der Kapelle des Bischofshauses (2012): Kritiker werfen dem 53-Jährigen vor, er habe die Kosten für den Neubau seiner Residenz durch ständige Sonderwünsche in die Höhe getrieben.
Teil des Diözesanen Zentrums in Limburg ist die Alte Vikarie, ein imposanter Fachwerkbau aus dem Mittelalter.
Eingang zum Bischofssitz: Insgesamt kostet die Errichtung und Renovierung des prächtigen Ensembles rund 31 Millionen Euro.
Der Schreibtisch des Bischofs
Der Warteraum
Bischofsstuhl in der Kapelle
Atrium im Neubau: Hinter der braunen Tür geht es in die Privatwohnung des Bischofs.
In diesem Regal lagern Reliquien. Früher seien die Knochen in Keksdosen gelagert worden, heißt es.
"Wer mich kennt, weiß, dass ich keinen pompösen Lebensstil brauche", sagte Tebartz-van Elst in einem Zeitungsinterview. Tatsächlich wirkt die Einrichtung eher modernistisch-karg als protzig - teuer war sie offenbar trotzdem.
Kapelle des Bischofshauses auf dem Areal der Alten Vikarie
Die Baustelle des Diözesanen Zentrums im Mai 2010: Handwerker dokumentierten den Baufortschritt am Bischofssitz mit zahlreichen Fotos.
Ein kleiner Garten und ein Drei-Zimmer-Bungalow, der dem Bischof als Wohnsitz nicht reichte, mussten weichen. Er wollte eine repräsentative Gesamtanlage, von der aus er die Limburger Kirche lenkt und leitet. Die Großbaustelle wurde gegen lästige Blicke immer mehr abgeschirmt.
Durch die komplette Versiegelung des bis dahin offenen Grundstücks entstanden immense Abwasserprobleme, die aufwendig gelöst werden mussten.
Das Bischofshaus für einen Bewohner entsteht: Beton in erheblichen Mengen musste herbeigeschafft werden, um die Bauprobleme in den Griff zu bekommen. Die ständig rollenden Lkw und schweren Baufahrzeuge nervten die Anwohner im historischen Viertel.
Damit die historischen Mauern nicht einstürzten, mussten massive Stahl- und Betonarbeiten gemacht werden. Ständig traten neue Probleme auf der Baustelle auf.
Wer so tief auf dem Domberg gräbt, stößt unweigerlich auf die Limburger Stadtgeschichte. Historische Bausubstanz wird gefunden und nach den Wünschen des Bischofs repräsentativ in das Bischofshaus eingebunden.
Auf Wunsch des Bischofs müssen die Bauarbeiter ihm schon mal das mögliche Aussehen der Tebartz-Privat-Kapelle vorführen. Ein Bildhauer und ein Goldschmied beginnen mit der Arbeit am Altar und Reliquienschrein. Ein Adventskranz aus Metall soll nach Wunsch des Bischofs nicht stehen, sondern hängen. Dazu muss das fertige Dach verändert und eine kostspielige Aufhängung neu konstruiert werden.
Immer wieder müssen Arbeiten korrigiert und rückgängig gemacht werden. Kostspielige Baumaterialien werden herbeigeschafft. Allein die Schreinerarbeiten in den Wohnräumen des Bischofs verschlingen 350.000 Euro. Nach außen lässt Tebartz-van Elst mitteilen, er würde lediglich bescheidene "drei Räume für 200.000 Euro" beziehen.
Das gesamte Gelände ist komplett mit einem Souterrain-Geschoß versehen. Unterirdische Verbindungen nach den Wünschen des Bischofs werden hergestellt. Diese Räume gab es bei den öffentlichen Besichtigungen nicht zu sehen. Die Badewanne des Bischofs soll 15.000 Euro gekostet haben, heißt es jetzt aus dem Vermögensverwaltungsrat.
Edle Säulen, ein Teich und Springbrunnen, ein Atrium, eine Empfangslobby - der Bau zieht sich über Jahre dahin. Erst fünf, dann zehn, jetzt 31 Millionen - auch die sind nur ein Zwischenstand. Im Limburger Ordinariat spricht man schon von Gesamtkosten, die in Richtung 40 Millionen gehen könnten.
Grund für die Aufregung: Der Neubau des Bischofssitzes in Limburg direkt am Dom wird deutlich teurer, als das Bistum zunächst angegeben hatte. Ursprünglich wurden 5,5 Millionen Euro Baukosten genannt, inzwischen ist klar, dass es mindestens 31 Millionen werden. Tebartz-van Elst wird für die erheblichen Mehrkosten mitverantwortlich gemacht. Er soll die Kosten durch Protzerei und Luxuswünsche in die Höhe getrieben haben.
Foto: Thomas Frey/ dpaMelden Sie sich an und diskutieren Sie mit
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