Viele Ausflüchte, wenig Antworten: Eine Pressekonferenz zur Tragödie von Duisburg geriet zur Farce, Polizei und Veranstalter wollten oder konnten den Hergang der Katastrophe nicht aufklären. SPIEGEL ONLINE zeigt, welche Fragen die Ermittler nun beantworten müssen.
21 Jahre lang war die Love Parade ein riesiges Party-Event, zunächst in Berlin, dann im Ruhrgebiet. Nun scheint klar: In Zukunft wird der Techno-Karneval nicht mehr stattfinden. 19 Menschen starben am Samstagnachmittag bei einer Panik auf dem Duisburger Gelände um den ehemaligen Güterbahnhof, 340 wurden verletzt. Die Staatsanwaltschaft hat offiziell die Ermittlungen aufgenommen, bisher sind zwei Strafanzeigen eingegangen.
Bei einer Pressekonferenz am Sonntagmittag stellten sich Stadt, Polizei und Veranstalter den drängenden Fragen nach der Verantwortung für das Unglück. Eine beinah gespenstische Szenerie: Wieder und wieder fragten Journalisten vor allem nach der Teilnehmerzahl, nach dem Zugang zum Festivalgelände, nach dem Sicherheitskonzept. Teils blickten die Organisatoren betreten zu Boden, teils schauten sie die Frager bedrückt an - und vermieden konkrete Aussagen durch den wiederholten Hinweis auf die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Die Journalisten reagierten darauf zunehmend zornig.
Zu den meisten Fragen äußerte sich der kommissarische Duisburger Polizeipräsident Detlef von Schmeling, neben ihm auf dem Podium saßen Krisenstabsleiter Wolfgang Rabe, Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland sowie Rainer Schaller, Geschäftsführer des Love-Parade-Veranstalters und des Großsponsors McFit Fitness GmbH. Hinzu kamen Sprecher der Love Parade und der Bundespolizei.
Zentrale Fragen bleiben offen
Sie alle wirkten sichtlich erschüttert und betonten zunächst, wie sehr die Katastrophe auch alle entsetzt hat, die für die Sicherheitsvorkehrungen zuständig waren. "Die Trauer vermag ich nicht in Worte zu kleiden. Das Unglück ist so entsetzlich, dass man es nicht fassen kann", sagte Oberbürgermeister Sauerland. "Wir haben Sonntagmorgen den ermittelnden Behörden unsere Akten übergeben. Ich kann zum Schutz meiner Mitarbeiter nichts weiter sagen."
Die Love Parade werde von den tragischen Unglücksfällen für immer überschattet werden, sagte Organisator Rainer Schaller: "Wir werden sie nicht weiter fortführen - dies bedeutet das Aus der Love Parade."
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Pressekonferenz zur Love Parade: Viele Fragen, kaum Antworten
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Laut Polizei starben 19 Menschen, von denen bisher 16 identifiziert werden konnten. Das Alter der Todesopfer liegt zwischen 20 und 40 Jahren; darunter sind auch je ein Besucher aus den Niederlanden, aus Italien, Australien und China.
Aber wie genau lief der Nachmittag ab, der in die Katastrophe mündete? Dazu gab es nur wenige konkrete Angaben. Die meisten blieben derart vage, dass Journalisten zunehmend wütend nachhakten - und abermals nur gewundene, ausweichende Antworten erhielten. Einige der zentralen Fragen:
Wie viele Teilnehmer hatte die Love Parade in Duisburg?
Die Veranstalter sprachen zunächst von etwa 1,4 Millionen Teilnehmern. "Das kann ich nicht bestätigen", sagte Polizeichef Detlef von Schmeling und vermied bei der Pressekonferenz jede konkrete Festlegung. Die Gäste seien überwiegend mit der Bahn angereist, dabei habe es sich "in dem Zeitfenster zwischen 9 und 14 Uhr um 105.000 Personen" gehandelt. "Das ist die einzige belastbare Zahl, die wir haben", so Schmeling.
Angesichts der Bilder kann indes niemand ernsthaft von einer Teilnehmerzahl im niedrigen sechsstelligen Bereich ausgehen - und auch nicht anhand der Zahlen bei den letzten Love Parades im Ruhrgebiet: 2007 in Essen waren etwa 1,2 Millionen Menschen dabei, 2008 in Dortmund sogar 1,6 Millionen. Auch für Duisburg scheint mindestens eine Million realistisch. Doch während die Polizei bei jeder Großdemo schnell in der Lage zu einer Schätzung ist, will sie in Duisburg keinerlei Angaben machen.
War das Gelände zu klein für die Menschenmassen?
Diesem Eindruck trat Schmeling entgegen. "Auf Luftbildern werden Sie sehen, dass der Platz nicht vollständig gefüllt war", sagte er. Erst auf mehrfache Nachfragen äußerte sich Wolfgang Rabe vom Krisenstab konkret zur Größe des Geländes: Die Fläche betrage etwa 120.000 Quadratmeter und sei damit "größer als das Gelände vor der Westfalenhalle in Dortmund", wo die Love Parade 2008 stattgefunden hatte. Das "gesamte Gelände, das betreten werden konnte", sei aber zwischen 200.000 und 250.000 Quadratmeter groß.
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Die Katastrophe von Duisburg: Trauer am Tag danach
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Rabe sagte außerdem, der Platz könne "weit über 350.000 Menschen aufnehmen" - "so viele Menschen waren gestern zu keinem Zeitpunkt auf dem Platz". Zusätzlich verwirrend: Noch am Samstagmittag, also deutlich vor dem Unglück, hatte der Love-Parade-Geschäftsführer völlig andere Zahlen genannt. Zu diesem Zeitpunkt rechnete er trotz der Menschenmassen nicht damit, dass der Platz abgesperrt werden müsse: "Da passen 1,6 Millionen Menschen drauf", sagte er der Nachrichtenagentur DAPD zum Beginn des Festes, "die Zahl werden wir heute nicht erreichen, höchstens 1,4 Millionen."
Was geschah wirklich in, vor und hinter dem Tunnel?
Konkrete Informationen gab es bei der Pressekonferenz zum Todesort. Dieser befand sich nämlich nicht im Tunnel selbst, sondern hinter dem Tunnelausgang auf der Rampe, die in das Festivalgelände hineinführt. Schmeling vom Polizeipräsidium sagte: "14 sind von einer Metalltreppe an der westlichen Seite des Zugangs gestürzt, zwei sind an einer Plakatwand am Aufgang zum Gelände ums Leben gekommen. Die anderen verstarben im Krankenhaus."
Die Debatte vor dem Chaos
Schon vor der Katastrophe gab es auf DerWesten.de warnende Stimmen - die Verantwortlichen für die Love Parade müssen sich kritische Fragen gefallen lassen. SPIEGEL ONLINE dokumentiert die Debatte. Klicken Sie auf die Daten...
"Janinschwein": "Die Leute wie Vieh einpferchen und dann zu sagen, es solle die Massen entzerren ist ja wohl echt ein Witz!! Nein, wirklich sehr, sehr schade, hätte gut werden können, aber sowas... da bleib ich zu Hause! Tottrampeln lassen wollte ich mich eigentlich nicht!"
"Kay": "Sehr warscheinlich werden ein paar Bauzäune an die Gleise gestellt, und gut ist. Ich bin Lokführer, daher habe ich da einige Sicherheitsbedenken. Naja, man wird sehen wie gut die Stadt Duisburg vorbereitet ist und wie gut die 'Parade' wirklich wird oder war!"
"traveldevil": "Da war jemand bei der Planung besonders pfiffig: Alles auf einen Fleck, das entspannt die Lage in keinster Weise. Die Leute werden von allen Seiten strömen. Und dann noch das Problem mit den Schiene und der A59. Ich sehe für dieses Event mehr als schwarz. Das wird katastrophal!"
"ein Anwohner": "Oh Mann! Anstatt die Rettungswege hintenraus freizumachen und die Raver direkt auf das Gelände zu führen... da provoziert die Verwaltung Zwischenfälle. Es ist nicht zu fassen. Der Gewaltmarsch in Dortmund war schon ätzend."
"Klappschramme": "Bei einer Panik hat man zu beiden Seiten meterhohe Betonwände - absolut ungeeignet."
"klotsche": "Sehe ich das richtig, dass die versuchen, eine Million Menschen über die einspurige Tunnelstraße Karl-Lehr-Straße mit zwischendurch zwei kleinen Trampelpfaden hoch zum Veranstaltungsgelände zu führen? Also, in meinen Augen ist das eine Falle. Das kann doch nie und nimmer gut gehen. Wer in Essen und Dortmund dabei war, weiß, wie groß das Gedränge schon auf recht weitläufigen Zugangswegen war. Das war schon eine Katastrophe und die wollen ernsthaft den Zugang über nen einspurigen Tunnel leiten? Ich fasse es nicht! Ich sehe schon Tote, wenn nach der Abschlusskundgebung alle auf einmal über diese mickrige Straße das Gelände verlassen wollen."
"voltage": "Das Schlimme an dieser Geschichte ist doch, dass man anschließend diese organisatorischen Vollidioten noch nicht mal zur Verantwortung wird ziehen können. Was die da machen, ist höchstgradig kriminell. Was ist denn, wenn zu dem Chaos noch Panik kommt, was ist dann? Panik heißt Flucht, und Flucht heißt Ausdehnung. Wohin soll sich diese Masse an Menschen ausdehnen, wenn was schief geht, und Panik ausbricht?"
"computerprinzessin": "Ich wünsche den Mitwirkenden gutes Gelingen! Ich selbst tue mir das nicht an."
"tron": "Es gibt nur einen Zugang zum Gelände, und der ist unter einer langen Brücke. Was passiert, wenn hier Panik ausbricht?"
"Lover__P": "Ich bin kein Nörgler, eigentlich, aber was sich Veranstalter und Stadt hier erlauben, ist eine gefährliche Frechheit. Eine Örtlichkeit zur Verfügung zu stellen, die maximal 350.000 Leute aufnehmen kann, obwohl man ahnt, dass etwa 800.000 Leute kommen werden, wird die Stimmung kippen lassen. Man stelle sich bitte 400.000 Menschen vor, die rund um den Gelben Bogen vergeblich Einlass begehren. Wahnsinn. Die Verletzungen auf dem Gelände selbst werden in die Tausende gehen, und die Floats werden gar nicht fahren!
Nun denn, Love Parade war für mich immer ein Stück Freiheit, aber 350.000 Menschen auf gefährlichem Schotter eingzeäunt und zusätzlich Absprerrungen, Gängelei durch die Polizei und maßloses Unterschätzen der Gefahren - das ist nicht Freiheit, sondern Dummheit. Am Sonntag wissen wir mehr und ich hoffe, die Besucher kommen mit einem 'blauen Auge' davon. Die kleinste Panik und der Mob eskaliert. Wetten?"
"Duisburger": "Es wird das größte Chaos geben. Die Stadt wäre besser beraten gewesen, die Loveparade abzusagen. Dann wäre ein paar Tage negative Presse über Duisburg in den Nachrichten zu hören, aber über diese Love Parade wird man noch lange reden - leider nur in negativer Form."
Auf der Rampe sei es zu Unfällen durch Gäste gekommen, die "das Gelände nicht über die Wege, sondern über Container und Masten erreichen wollten", so Schmeling weiter. Und: "Mein persönlicher Eindruck bestätigt eine Massenpanik nicht." Die Polizei habe "ihr Möglichstes getan" und "den ganzen Tag den Zugang aktiv begleitet". "Wenn der Druck an der Rampe zu groß war, wurde reagiert", so Schmeling. "Wir haben verschiedentlich gesperrt."
Der Polizeichef sieht offenbar keine Fehler bei der Reaktion der Polizei auf den Ansturm der Menschenmassen oder will sie jedenfalls nicht einräumen, solange die Ermittlungen laufen. "Was ich nicht bestätigen kann, ist, dass es zu diesem Zeitpunkt des Unglücks so großen Druck auf den Tunnel gegeben hat, dass es zu diesem Unglück kommen musste", sagte Schmeling. "Nach meinen Informationen gab es zu diesem Zeitpunkt Bewegungsmöglichkeiten auch noch auf der Rampe." Schmeling bestätigte, dass um 16 Uhr (vor dem Unglück) der Tunnel der "einzige Zu- und Abgang vom Gelände war". Später, nach dem Unglück, wurde offenbar eine zweite Rampe geöffnet, um den Druck auf den ersten Zugang zu senken.
Kein Antwort gab es darauf, warum die Teilnehmer das Gelände so lange nur auf einem einzigen Weg betreten oder auch wieder verlassen konnten - nämlich durch den bald verstopften Tunnel.
War das Sicherheitskonzept ein Fehlschlag?
Organisator Rainer Schaller unterstrich die angebliche Einigkeit bei allen Beteiligten: "Es gab ein Sicherheitskonzept, das gemeinsam mit der Stadt und der Polizei aufgestellt wurde und an dem es keine Bedenken gegeben hat." Die Maßnahmen seien geeignet gewesen, "um diese Menschenmassen aufzunehmen". Man habe ja gesehen, dass "nach dem Unglück sehr zügig und reibungslos geräumt werden konnte".
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Duisburg: Katastrophe bei der Love Parade
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Oberbürgermeister Sauerland gab ausdrücklich keine Auskunft darüber, in welcher Form im Vorfeld der Love Parade über Bedenken wegen des Sicherheitskonzepts diskutiert worden sei. Er betonte ebenfalls, das Konzept habe "gewährleistet, dass im Anschluss an die Massenpanik keine weiteren Toten zu beklagen sind". Polizeipräsident Schmeling sagt, mehr als 4000 Beamte seien "über die Veranstaltungstage hinweg" im Einsatz (demnach aber nicht alle zur gleichen Zeit).
Ganz so groß, wie es auf der Pressekonferenz klingen sollte, scheint die Einigkeit über das Sicherheitskonzept indes nicht gewesen zu sein. Im Gegenteil: Nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen gab es nicht nur zahlreiche Fragen nach Schwächen des Konzeptes, sondern auch sehr konkrete Hinweise und Bedenken. Die Polizei warnte vor den Risiken der Millionenparty,
scheiterte aber mit einem umfassenderen Sicherheitskonzept. Insbesondere wollten Experten der Polizei und Feuerwehr die "Nadelöhr-Situation" vermeiden und die Teilnehmer "großflächiger" anreisen lassen, konnten sich aber nicht durchsetzen.
Zeugen im Wortlaut
Wo haben die Sicherungssysteme versagt? Was passierte im Tunnel? Die Ursachensuche beginnt - SPIEGEL ONLINE dokumentiert Zeugenaussagen aus verschiedenen Quellen. Die Angaben konnten nicht verifiziert werden. Klicken Sie auf die Überschriften...
Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa: "Wir standen mittendrin. Es hatten immer mehr Menschen noch versucht, zum Gelände zu kommen. (...) Wir waren schon durch den Tunnel durch und standen auf dem kurzen Stück vor dem Eingang. Dort ging es aber nicht weiter." Einige seien über Zäune und über eine Leiter geklettert oder über eine enge Treppe am Tunnelende. "Wir sind danach durch den Tunnel zurück. Meine Freundin und ich haben schon kaum mehr Luft mehr bekommen und haben die Ellbogen ausgefahren, um noch wegzukommen. (...) Anschließend haben wir die Polizei alarmiert und gesagt, dass es im Tunnel gleich zur Massenpanik kommen wird." Passiert sei erst einmal nichts. "Das war etwa eine Dreiviertelstunde vor dem Unglück gewesen. Da waren aber schon Leute reihenweise zusammengeklappt."
n-tv-Kameramann und Augenzeuge: "Da lagen schon einige Menschen am Boden, andere kletterten die Wände hoch und versuchten, über die Seiten auf das Gelände zu kommen. Und die Menschenmenge, die nachrückte, die liefen einfach über die am Boden liegenden drüber. Also eine richtige Massenpanik. (...) Die Polizei hat versucht, hineinzugehen in die Menge und die am Boden liegenden Menschen herauszuziehen. Es war aber zu voll, die Polizei hat die Menschen nicht herausbekommen, es war nichts zu machen. (...) Überall lagen Menschen auf dem Boden herum. So stelle ich mir Krieg vor." Die Veranstalter seien vermutlich nicht richtig auf die Menschenmassen vorbereitet gewesen. "Das war programmiertes Chaos." Zunächst seien keine Rettungskräfte dort gewesen: "Hilfskräfte waren erst mal gar nicht vorhanden, vielleicht drei, vier vom Malteser Hilfsdienst. Die konnten aber in der Masse der Menschen auch nichts machen. Man kann nicht mit einer Million Menschen planen und dann ein
Gelände für 350.000 Menschen bereitstellen."
Gespräch mit der Nachrichtenagentur AP: "Alle wollten noch auf das Gelände. Damit es schneller geht, sind einige auf die Treppe ausgewichen." Diese führt von der Unterführung direkt zum Güterbahnhof, doch "von hinten drückten immer mehr nach". Es habe 40 Minuten nur Panik gegeben, erst dann habe eine Rettungsgasse gebildet werden können. Für viele kam die Hilfe zu spät. Dustin: "Neben mir ist ein Mädchen gestorben." Es sei einfach erdrückt worden. Ein weiteres Mädchen habe neben ihm gelegen und sei schon blau angelaufen gewesen. Mit Mund-zu-Mund-Beatmung habe er sie wiederbeleben können. "Auf mir lagen noch zwei Menschen." Teilweise seien fünf bis sechs Personen übereinandergeschoben worden. Schließlich hätten ihn Rettungssanitäter herausgezogen. Es sei so eng gewesen, dass seine Schuhe zwischen den Menschen steckenblieben: "Ich hatte schon mit dem Leben abgeschlossen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich noch Luft bekomme."
Mann im WDR-Interview: "Es hat sich alles wie in einem Hexenkessel gestaut. Es kamen immer weiter Leute von hinten. Und irgendwann fangen die Leute dann an, umzukippen. Ein paar sind die Treppe hochgegangen, ein paar den Mast hochgeklettert." Gemeint sind eine Nottreppe und ein Lautsprechergerüst, die von unten auf das Gelände führen. "Ich hab nur gesehen, dass ich mit meiner Freundin oben bleibe, weil ich wusste: Wenn ich einmal am Boden liege, dann werden die Leute über uns drübertrampeln. Dann sind wir alle umgefallen, ich halb mit runter, meine Beine waren beide eingequetscht." Zum Glück habe ihm jemand hochgeholfen, "dann sind wir wie durch Glück aus der Masse rausgetrieben worden. (...) Dann hab ich allen gesagt: Geht wieder zurück, die Leute sterben da vorne." Als er die Polizisten gewarnt habe, habe er gehört: "Willst Du das hier organisieren?" Jetzt bewege er sich von seinem sicheren Ort nicht weg, sitze da, eine halbe Stunde, eine Stunde, vielleicht länger, und wolle nicht mehr weitergehen. Er fürchte, dass so etwas wieder passiere.
Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa: "Als die Polizei das Gelände abriegeln wollte, wurden wir brutal nach vorne gedrückt, die Leute vorne bekamen keine Luft mehr." Die Stimmung sei zunächst gar nicht aggressiv gewesen. "Die wollten doch alle nur Spaß. (...) Dann haben alle geweint, ich habe geweint. Ich habe noch nie gesehen, wie ein Mensch gestorben ist."
Stimmen auf dem Internet-Portal DerWesten - Mario: "Es waren Tausende Menschen im Tunnel. Viel zu viele auf jeden Fall. Die Leute sind reihenweise umgefallen. Und die Polizei hat von beiden Seiten immer mehr Leute in den Tunnel geschickt". Stefan: "Wer umgefallen ist, wurde direkt niedergetrampelt." Die Sanitäter seien erst nicht durchgekommen. Rebecca: "Dann ist ein Rettungswagen durch die Menge gefahren, aber dadurch wurden alle noch mehr zusammengedrängt. Alle waren total hysterisch."
Forumseintrag auf einslive.de: "Wir sind etwa eine halbe Stunde vor der Panik durch diesen Tunnel gelaufen. Es war tierisch voll. Die einen wollten rein, die anderen raus. Also Gegenverkehr und großes Geschubse. Das war das große Problem. Die Polizei stand dabei und hat nur geschaut. (...) Nun, es hört sich jetzt vielleicht klugscheißerisch an, aber irgendwie konnte man es doch vorhersehen. Nur ein Eingang zum Gelände. Und es passten nicht alle drauf, die auch gerne wollten."
Forumseintrag auf einslive.de: "Ich war in dem Tunnel. Plötzlich kam eine Frau zu uns und sagte wir sollen gehen, vorne fingen Massenschlägereien an. Die Menschen wurden über Traversen auf die Brücke geschleust, über Container hochgeschoben, bevor alles passiert ist. (...) Uns kamen auf den Rückweg noch mindestens tausend Menschen entgegen. Warum haben die Veranstalter nur einen Eingang gehabt?"
6 BilderPressekonferenz zur Love Parade: Viele Fragen, kaum Antworten
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Pressekonferenz in Duisburg: Der kommissarische Polizeipräsident, Love-Parade-Geschäftsführer Rainer Schaller und Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland (von links nach rechts) stellen sich Journalistenfragen zum Unglück.
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Oberbürgermeister Sauerland eröffnete die Runde mit den Worten: "Ich vermag die Trauer nicht in Worte zu kleiden...
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...Dieses Unglück ist so entsetzlich, dass man es nicht fassen kann."
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Schmeling, stellvertretender Polizeipräsident von Duisburg, teilte mit, dass der genaue Ablauf der Ereignisse auf der Zugangsrampe zu klären bleibe. Die Staatsanwaltschaft Duisburg habe ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Zudem gab er erstmals Auskunft über die 16 bereits identifizierten von insgesamt 19 Toten.
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Rainer Schaller, Geschäftsführer der Love Parade, kündigte an, dass es keine weiteren Veranstaltungen unter diesem Namen geben werde.
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Wolfgang Rabe, Leiter des Krisenstabs und Sicherheitsdezernent der Stadt Duisburg: "Ich habe alle Unterlagen, die mir zur Verfügung standen, der Polizei übergeben. Wir möchten gewährleisten, dass alles lückenlos aufgeklärt wird, deshalb darf ich zu der Veranstaltung nicht näher Stellung nehmen."
14 BilderDie Katastrophe von Duisburg: Trauer am Tag danach
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Spuren des Unglücks: Am Tag nach der Katastrophe bei der Love Parade in Duisburg zeugen medizinische Utensilien von den Schrecken des Samstages.
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Trauernde stellten in der Nähe des Tunnels, an dem es zu der Massenpanik gekommen war, Kerzen ab. Einen Tag nachdem 19 Menschen in Duisburg zu Tode kamen, stellen die Überlebenden die Frage nach dem Warum.
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Ein Besucher der Love Parade kehrte am Tag nach der Katastrophe zu dem Unglücksort zurück. Viele Trauernde versammelten sich rund um den...
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...Zugangstunnel, der zum Zeitpunkt des Unglücks einzige Zu- und Abgangsweg zum Party-Gelände war.
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1200 Polizisten sollen am Samstag im Einsatz gewesen sein, 4000 Beamte waren insgesamt an den Festivaltagen zuständig. 1,4 Millionen Menschen wollten Schätzungen zufolge an der Love Parade teilnehmen. Detlef von Schmeling vom Polizeipräsidium Duisburg wollte zunächst nur 105.000 Besucher, die mit der Bahn anreisten, bestätigen.
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Blumen und Kerzen für die Opfer: Diese Frau entzündet eine Kerze in Gedenken an die 19 Menschen, die bei dem Unglück ums Leben kamen. Laut Polizeiangaben waren unter den Toten nicht nur deutsche Staatsbürger, sondern Menschen aus Australien, China, Italien und den Niederlanden.
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Bei der Panik verletzten sich zudem mehr als 300 Menschen, Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland kündigte an, die Verletzten im Krankenhaus zu besuchen.
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Nicht nur die Anwohner Duisburgs, auch Spitzenpolitiker aus In- und Ausland, sowie der Papst verliehen ihrer Trauer Ausdruck: "Ich gedenke in meinen Gebeten der jungen Menschen, die ihr Leben verloren haben", sagte Benedikt XVI. in seiner Sommerresidenz Castel Gandolfo. Ihn erfülle "tiefe Trauer".
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Auch Hannelore Kraft, Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin, legte Blumen für die Opfer der Katastrophe nieder. Gemeinsam mit Kraft waren...
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...Familienministerin Kristina Schröder und Kanzleramtschef Ronald Pofalla an den Unglücksort gekommen.
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Am Samstagabend war das Ende der Love Parade verkündet worden - auf der Pressekonferenz am Sonntag teilte der Organisator der Love Parade, Rainer Schaller, mit, dass es keine weitere Parade geben wird.
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Zwei niederländische Besucher trauerten in Duisburg, unter den Toten war auch ein Landsmann von ihnen.
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Vor allem bei älteren Duisburgern mischt sich in die Trauer auch Wut auf die Organisatoren. "Ich schäme mich für diese Stadt und die Organisation. Ich fordere den sofortigen Rücktritt von Oberbürgermeister Sauerland", sagte der 59-jährige Duisburger Manfred Pauls. Auch die Polizisten seien am Ende ihrer Kräfte gewesen, sagt der Duisburger Jürgen Schneider, der am Samstag dabei war. "Ich kann nicht mehr", habe einer während der Katastrophe gerufen.
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Es sollte der Way of Love, der Weg der Liebe werden - stattdessen endete die Love Parade in einer Katastrophe. Dieser junge Mann entfernte die Werbeplakate für die Veranstaltung.
20 BilderDuisburg: Katastrophe bei der Love Parade
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Duisburg im August 2010: Der Tunnel, durch den am 24. Juli 2010 die Love-Parade-Besucher auf das Gelände des Alten Güterbahnhofs geleitet wurden, wurde an jenem Tag zum Schauplatz eines der schlimmsten Ereignisse in der Geschichte der Stadt.
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Ein kleines Mädchen hockt vor Hunderten Grablichtern, die an der Unglücksstelle aufgestellt wurden.
Foto: ddp
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Luftaufnahme aus Duisburg: Auf diesem Gelände versammelten sich die Raver, um ausgelassen zu feiern - bis es zur Katastrophe kam. Links die Autobahn A59 mit Rettungsfahrzeugen, rechts die Bahntrasse, die zum Hauptbahnhof zwei Kilometer nördlich führt. Der Tunnel, in dem sich die Menschen stauten, führt horizontal durch das Bild - klar zu erkennen sind vertikal dazu die Aufgänge von unten zum Alten Güterbahnhof. Dieser Zugang zur Techno-Party...
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...wurde zur Todesfalle. Durch diesen Tunnel wurden die Feiernden auf das Gelände gelassen - und drängten auf der Rampe auch wieder hinaus. 21 Menschen überlebten das tödliche Gedränge nicht.
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Die eine Seite des Tunnels: Von hier strömten die Menschen...
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...auf das Gelände.
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Die Festwagen oder sogenannten "Floats" zogen die Menge anders als erwartet nicht auf das Gelände - stattdessen blieben zu viele Besucher einfach oben an der Rampe stehen und sahen dem Treiben auf den Wagen zu.
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Kurz vor der Hysterie: Menschen drängen sich auf der Rampe, es geht nicht mehr weiter, ...
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...einzelne klettern einen Lichtmast und eine Treppe hoch.
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An dieser Stelle bricht die Massenpanik aus.
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Menschen versuchen, über einen Container vom Tunnelaufgang auf das Gelände zu gelangen.
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Am westlichen Eingang suchten Raver eine Abkürzung...
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...und kletterten über umgeworfene Zäune, um schneller auf das Festivalgelände zu gelangen.
Foto: Erik Wiffers/ dpa
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Die Opfer wurden zu Tode gequetscht und getrampelt. Sie stammten aus Deutschland, Australien, den Niederlanden, Italien, Bosnien-Herzegowina und Spanien und China.
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Rettungskräfte bringen eine Frau in Sicherheit: Hunderte Teilnehmer wurden verletzt.
Foto: Rene Tillmann/ dpa
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Nach Bekanntwerden des Unglücks wurde entschieden, die Musikparty zunächst weiterlaufen zu lassen - man wollte eine weitere Panik auf dem Gelände vermeiden.
Foto: Hermann J. Knippertz/ APN
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Hilfe für die Kollabierten: Weil Sanitäter nicht zu den Verletzten durchkamen, halfen die Raver einander.
Foto: Hermann J. Knippertz/ APN
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Viele Teilnehmer der Love Parade standen nach den Ereignissen unter Schock.
Foto: Hermann J. Knippertz/ APN
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Trauernde, Kerzen an der Unglücksstelle: Interne Unterlagen aus der Duisburger Stadtverwaltung zeigen, wie die Verantwortlichen die Love Parade gegen alle Bedenken und Widrigkeiten durchboxten.
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Vor Beginn einer Sondersitzung des Innenausschusses gedachten Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) und Polizeiinspekteur Dieter Wehe der Opfer.