Räumung von Lützerath Polizei trägt Luisa Neubauer weg

»Wir wollen hier sitzen bleiben, bis wir weggetragen werden«, sagte Luisa Neubauer der Nachrichtenagentur dpa
Foto: Federico Gambarini / dpaDas waren die aktuellen Entwicklungen zu Lützerath am 12. Januar 2023.
Die Polizei prüft Berichte über einen Tunnel unter Lützerath. Ein Video von Aktivisten ist online gegangen, das eine Ganganlage zeigt, die sich angeblich unter dem Ort befindet.
RWE hat damit begonnen, Häuser im Ort abzureißen und Bäume zu fällen.
Nach dem Haupthof nehmen sich die Polizisten die von den Aktivisten gezimmerten Hütten vor. Dabei kommen sie schneller voran als erwartet.
Das stürmische Wetter macht sowohl Aktivisten als auch Sicherheitskräften zu schaffen.
Die Polizei ist am Morgen mit Sägen in den Haupthof von Lützerath eingedrungen.
Polizei: Ziviles Einsatzfahrzeug abgebrannt
19.30 Uhr: Am Rande des Einsatzes am Braunkohleort ist nach Polizeiangaben ein ziviles Einsatzfahrzeug in Flammen aufgegangen. »Wir gehen definitiv von einer Brandstiftung aus«, sagte ein Polizeisprecher dem SPIEGEL.
Das Auto habe in der Nähe des Protestcamps im Nachbarort Keyenberg gestanden und sei durch ein Blaulicht auf dem Dach eindeutig als Polizeiauto zu erkennen gewesen. Man gehe davon aus, dass die Täter die Scheibe eingeschlagen und eine brennbare Flüssigkeit in das Fahrzeug geschüttet hätten. Einen Tatverdächtigen gebe es noch nicht.
Polizei bestätigt »unterirdische Bodenstrukturen«
19.18 Uhr: Von einer Tunnelanlage unter Lützerath wollte die Polizei auf SPIEGEL-Anfrage nicht sprechen. Man könne aber von »unterirdischen Bodenstrukturen, die sich zwischen Gebäuden befinden«, sprechen, teilte die Polizei Aachen mit.
Am Nachmittag hatte ein Polizeisprecher einem SPIEGEL-Reporter vor Ort gesagt, im Zweifel würden für einen möglichen Tunnel Spezialkräfte angefordert. Oberstes Gebot bleibe es, keine Menschenleben zu gefährden.
Dina Hamid, Sprecherin der Initiative »Lützerath lebt«, erklärte ebenfalls am Nachmittag auf SPIEGEL-Anfrage, dass es unter dem Ort wirklich einen Tunnel gebe.
Kritik an Linken-Forderung nach Ende von Polizeieinsatz
17.56 Uhr: Die in Mecklenburg-Vorpommern an der Regierung beteiligte Linke hat mit der Forderung nach einem Ende des Polizeieinsatzes in Lützerath Kritik hervorgerufen. Der innenpolitische Sprecher der oppositionellen FDP-Fraktion, David Wulff, warf der Linken vor, Innenminister Christian Pegel (SPD) »das Messer in den Rücken« zu rammen. Pegel hat Kräfte der Landespolizei zur Unterstützung der Räumung des Ortes geschickt.
Der Linken-Landtagsabgeordnete Daniel Seiffert hatte am Mittwoch gefordert, die Räumung des Protestdorfes unverzüglich zu stoppen. »Die zu erwartenden Profite für den Energiekonzern und der Einsatz Tausender Sicherheitskräfte, darunter auch Polizistinnen und Polizisten aus Mecklenburg-Vorpommern, rechtfertigen die massiven Auswirkungen auf Natur und Umwelt in keiner Weise«, erklärte Seiffert.
Die CDU-Abgeordnete Ann Christin von Allwörden warf SPD und Linken vor, eine Debatte im Innenausschuss am Donnerstag über den Polizeieinsatz in Lützerath unterbunden zu haben. Die CDU-Fraktion wollte vom Innenminister über die Hintergründe der Entsendung von zwei Einsatzhundertschaften aus MV nach Lützerath informiert werden.
Polizistin offenbar von Feuerwerkskörper leicht verletzt
17.36 Uhr: Im Zuge der Räumung ist nach Angaben der Polizei eine Polizistin durch einen Feuerwerkskörper leicht verletzt worden. Die Beamtin sei am Bein getroffen worden, hätte aber im Einsatz bleiben können, sagte ein Sprecher. »Unterlassen Sie jeglichen Bewurf von Einsatzkräften – das ist kein friedlicher Protest! Jeden Angriff werden wir konsequent zur Anzeige bringen!«, schrieb die Polizei bei Twitter.

Aktivisten sitzen auf einem Dach und hantieren mit Bengalos
Foto: INA FASSBENDER / AFPLuisa Neubauer von Polizei weggetragen
17.17 Uhr: Klimaaktivistin Luisa Neubauer ist von Polizisten vom Zufahrtsweg zu Lützerath weggetragen worden. Neubauer hatte sich dort mit rund hundert Aktivisten zu einer Sitzblockade eingefunden. Die Teilnehmer wurden von der Polizei eingekreist und nach und nach weggetragen oder abgeführt. Drei Beamte trugen schließlich auch Fridays-for-Future-Aktivistin Neubauer mithilfe ihrer Mehrzweckstöcke davon.
»Wir wollen hier sitzen bleiben, bis wir weggetragen werden«, hatte Neubauer zuvor der Nachrichtenagentur dpa gesagt. Ein Polizeisprecher sagte, die Teilnehmer seien auf dem Weg zur Tagebauabbruchkante gewesen. Dies sei gefährlich und habe durch die Polizei verhindert werden müssen.
Nach Neubauers Angaben setzte die Polizei vereinzelt auch Pfefferspray gegen Aktivisten ein. Dazu sagte der Sprecher, er könne dies weder bestätigen noch ausschließen. Insgesamt hatten mehrere Hundert Menschen an einem Demonstrationszug von der Ortschaft Keyenberg in Richtung des etwa vier Kilometer entfernten Lützerath teilgenommen.
Polizei transportiert Gefangene in RWE-Transportern ab
17.10 Uhr: Die Polizei und RWE arbeiten in Lützerath offenbar Hand in Hand: Die Beamten nutzen RWE-Transporter, um festgesetzte Besetzer abzutransportieren. Laut unseren Reportern vor Ort wurde ein Fahrzeug von einem Mann in einem roten Overall gefahren, neben diversen Besetzern saßen auch mindestens zwei Polizisten in dem Transporter. Laut verschiedenen Berichten zahlt der Staat dem Konzern für die Nutzung der Fahrzeuge eine Gebühr.
Ein Polizeisprecher antwortete einem SPIEGEL-Reporter auf die Frage, warum Besetzer mit diesen Lkw abtransportiert würden, dass die Wagen eine Betriebszulassung für das RWE-Gelände im und am Tagebau hätten und andere Fahrzeuge da auch nicht durchfahren könnten. Ob die Lkw von der Polizei von RWE angemietet wurden, könne er nicht sagen.

Weiter Baumhäuser und mindestens ein Haus besetzt
16.51 Uhr: Während Besetzer aus der zuletzt von Polizisten gestürmten Hofanlage geführt werden und teilweise mit Hubwagen von den Dächern geholt werden, werden auf dem Areal weiter Bäume gefällt und Holzhütten zerstört. Nach wie vor befinden sich aber Besetzer in Baumhäusern, teilweise in großer Höhe. Wegen des weiterhin starken Windes ist nicht zu erwarten, dass die Polizei diese heute noch räumen wird. Weiter gibt es immer noch mindestens ein Haus, in dem sich Klimaaktivisten aufhalten. Wegen der einsetzenden Dunkelheit dürfte auch dieses Haus heute Abend besetzt bleiben.
Polizei: Wenn Tunnel echt ist, werden Spezialkräfte angefordert
16.48 Uhr: Ob der mutmaßliche Tunnel unter Lützerath die Räumungsarbeiten erschwert und welche Folgen er haben könnte, will ein Sprecher der Polizei nicht vorhersagen. Im Zweifel würden auch für einen möglichen Tunnel Spezialkräfte angefordert, sagt er unserem Reporter vor Ort. Oberstes Gebot bleibe es, keine Menschenleben zu gefährden.
Besetzung der NRW-Grünen-Zentrale »kein angemessenes Mittel«
16.42 Uhr: Landesparteichef Tim Achtermeyer wertete die Aktion als nicht akzeptable Form politischer Erpressung. »Die Besetzung unserer Geschäftsstellen sehen wir nicht als angemessenes Mittel. Insbesondere da wir in der Vergangenheit Gesprächsangebote gemacht haben.« Das werde auch künftig der Fall sein.
Tunnel sind echt, sagt »Lützerath lebt«-Sprecherin Dina Hamid
16.35 Uhr: Auf SPIEGEL-Anfrage erklärt Dina Hamid, Sprecherin der Initiative »Lützerath lebt«, dass es unter dem Ort wirklich einen Tunnel gebe. Von der Polizei gibt es weiterhin keine Bestätigung der Existenz von unterirdischen Gängen.
Polizei macht Tempo bei Räumung
16.20 Uhr: Die Geschwindigkeit, mit der die Polizei Lützerath räumt, ist weiter sehr hoch, wie SPIEGEL-Reporter vor Ort beobachten. Ob am Samstag noch Besetzer in dem Dorf sind, ist schwer vorhersehbar, tatsächlich könnte dann Lützerath vollständig geräumt sein. Vielleicht ist das auch das Ziel der Einsatzkräfte: Zu der geplanten Großdemonstrationen am Samstag, zu der sich auch Klima-Ikone Greta Thunberg angekündigt hat, den Ort geräumt zu haben.
Aber genau das werden die Aktivisten auch verhindern wollen. Falls sich die Berichte über Tunnelanlagen unter Lützerath als wahr erweisen, dürfte das den Zeitplan der Polizei erheblich zurückwerfen.
Verlegung von Lützerath-Mahnwachen wohl zulässig
16.01 Uhr: Das Aachener Verwaltungsgericht hat die Verlegung von zwei Mahnwachen gegen das Abbaggern Lützeraths im Eilverfahren als zulässig eingestuft. Für die Siedlung Lützerath gelte seit Dienstag ein Aufenthalts- und Betretungsverbot, teilte das Gericht am Donnerstag mit. Außerdem sei RWE als Eigentümer der Flächen gegen das Abhalten von Demonstrationen auf seinem Privatgrundstück.
Die neuen, von der Polizei vorgegebenen Standorte in Sichtweite der ehemaligen Ortslage Lützerath seien verhältnismäßig und wahrten das Demonstrationsrecht. Gegen die Eil-Beschlüsse ist Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Münster möglich. Die beiden Mahnwachen »Keine Räumung von Lützerath« und »Die Kirche(n) im Dorf lassen« waren mit Lützerath als jeweiligem Versammlungsort angemeldet worden.
Mögliche Tunnelanlage unter dem Dorf könnte Räumung erschweren
15.23 Uhr: Die Polizei hat nach eigenen Angaben Hinweise auf eine Tunnelanlage im von Aktivisten besetzten Lützerath. Die Situation werde vor Ort geprüft, sagte ein Polizeisprecher. Weitere Angaben machte er zunächst nicht.
Fast gleichzeitig ging ein Video auf einem YouTube-Account von Klimaaktivisten online, das zwei vermummte Menschen in einem Tunnel zeigt. Sie behaupten, sich unter Lützerath zu befinden und den Tunnel gegraben zu haben, um die Arbeit der Polizei zu erschweren. »Es ist schwieriger, einen Tunnel zu räumen als ein Baumhaus«, sagt einer der Vermummten. Die Gänge würden mit Türen verbarrikadiert, um die Räumung zu erschweren. »So oder so wird das hier eine ganze Weile dauern.«
Damit würde Zeit geschaffen, um die Räumung womöglich noch zu stoppen. In dem Video ist zu sehen, wie sich eine Person durch einen extrem engen Gang schiebt, dessen niedrige Decke mit Holzpfählen gestützt wird. Gefährlich sei es in dem Tunnel nicht, sagt der Vermummte dann, es könne nur gefährlich werden, wenn die Polizei unachtsam vorgehe.
»Der Protest hier ist wichtig, es ist wichtig, dass eine öffentliche Aufmerksamkeit entsteht«, sagt der eine Vermummte, der andere fährt fort: »Die Welt steht vor einer Klimakatastrophe. Wenn wir eine Welt erreichen wollen, in der alle Menschen ein gutes Leben haben können, müssen wir mit Sachen wie der Braunkohle aufhören.«
Die Echtheit des Videos konnte bisher nicht bestätigt werden. Eine Sprecherin der Polizei erklärte gegenüber einem SPIEGEL-Reporter vor Ort, sie habe keine Kenntnis von Tunneln.
Noch 20 Aktivisten auf dem Dach
15.10 Uhr: Auf den Dächern der Hofanlage befinden sich noch mindestens 20 Besetzer. Wie es innen aussieht oder wie viele Personen sich dort aufhalten, ist unklar. Das Gebäude ist eine sogenannte »Gefahrenzone« und kann nicht betreten werden – wie auch große Teile der Wiese mit den selbst gebauten Hütten. Sie werden teils schon abgerissen, außerdem werden seit Stunden Bäume gefällt.

Rückseite der »Paula«
Foto: Tobias Großekemper / DER SPIEGELZugriff auf »Paula« auch von hinten
15.04 Uhr: Auch von hinten rücken Einsatzkräfte auf »Pauls Hof« vor. Hier wird offenbar die gleiche Taktik wie bei dem Heukamp-Hof am Morgen angewandt: Zugriff zeitgleich von mehreren Seiten mit einem starken Aufgebot.
Polizeibeamte betreten »Pauls Hof«, genannt »Paula«
14.59 Uhr: Die Polizei geht in diesen Minuten in die sogenannte »Paula«, das Gebäude hieß früher »Pauls Hof«. Von dort aus waren Flaschen, Steine, Gemüse und Feuerwerkskörper in Richtung von Polizisten geschmissen worden. Hier soll sich der harte Kern der Besatzer verschanzt haben.
Die Polizei geht in die sogenannte Paula, früher hieß er offenbar Pauls Hof. pic.twitter.com/t0NGHPDj7U
— Tobias Großekemper (@tgkms) January 12, 2023
Nachdem mehrere Beamte auf einem Hubwagen eine Scheibe im ersten Stock eingeschlagen hatten, gelangten weitere Polizisten über eine Leiter durch das Fenster in das Gebäude. Mit einem Rammbock konnten sie eine Tür im Erdgeschoss nicht durchbrechen.
Durch den Matsch abgeführt
14.55 Uhr: Unser Reporter vor Ort hat fotografiert, wie zwei Polizisten einen Aktivisten abführen. Die Wege haben sich mittlerweile in Matsch verwandelt.

Klimaschützer besetzen NRW-Parteizentrale der Grünen
14.50 Uhr: Aus Protest gegen die Haltung der Grünen zur Räumung von Lützerath haben rund 30 Aktivisten mehrerer Klimaschutz-Organisationen das Düsseldorfer Büro der NRW-Grünen besetzt. Ein Parteisprecher bestätigte das. Damit ist die Parteizentrale der nordrhein-westfälischen Grünen zum zweiten Mal in dieser Woche Zielscheibe von Klimaschützern geworden.
»Wir fordern ein Moratorium, um die unsinnige und gefährliche Räumung im Rheinischen Braunkohlerevier zu stoppen«, erklärte das »Bündnis Lützerath Unräumbar« in einer Mitteilung. Die Besetzer forderten, mit NRW-Energieministerin Mona Neubaur (Grüne) persönlich zu verhandeln.
Am Dienstag hatte ein Düsseldorfer Bündnis bereits 250 Kilo Braunkohle-Briketts vor der Landesparteizentrale der Grünen abgeladen. Damit sollte der Öko-Partei symbolisch vorhalten werden, »dass sie nicht mehr die Partei der Klimaschützer sind, sondern die Kohle-Partei«.
Debatte über das Ende von Lützerath: Wird die Kohle nun gebraucht – oder nicht?
14.27 Uhr: Während die Räumung von Lützerath voranschreitet, ist es an der Zeit sich ins Gedächtnis zu rufen: Worum geht es hier wirklich? Die Braunkohle unter Lützerath sei wichtig für die Energiesicherheit des Landes, sagen die einen. Das Abbagern des Ortes sei unnötig und ein klimapolitischer Sündenfall, sagen die anderen. Das sind die Argumente.
Aktivisten kleben sich in ihren Hütten fest
14.13 Uhr: Mehrere Aktivisten haben sich mit Kleber in ihren Hütten festgeklebt, um der Polizei die Räumung zu erschweren. In einer Hütte hatten Besetzer ihre Hände an die Fensterscheiben geklebt. Beamte konnten sie aber schnell lösen, wie ein dpa-Reporter berichtete. »Wir haben Erfahrung mit Lock-ons aller Art«, sagte ein Polizeisprecher. Als Lock-on werden Aktionen bezeichnet, bei denen sich Aktivisten festkleben oder anketten, damit Polizisten sie nicht einfach wegtragen können.

Baumhaus wird zum Absturz aus zehn Metern Höhe gebracht
14.06 Uhr: Polizisten haben ein Baumhaus der Aktivisten aus knapp 10 Metern Höhe kontrolliert zum Absturz gebracht. Nachdem die Besetzer das Holzhaus verlassen hatten, wurden alle Halteseile durchgeschnitten. Das Baumhaus sei dann krachend in die Tiefe gestürzt und dort in viele Einzelteile zerbrochen, berichtete ein Reporter der Deutschen Presseagentur. Einsatzkräfte waren dabei, auch benachbarte Baumhäuser zu räumen. Auf dem Boden rissen Bagger mit ihren Schaufeln bereits eine Hütte nach der anderen ab.

Einsatzkräfte beim Demontieren von Baumhäusern
Foto: INA FASSBENDER / AFPPolizei zieht positives Zwischenfazit
13.59 Uhr: Unser Reporter hat einen Sprecher der Polizei vor Ort um eine Zwischenbilanz des Tages gebeten. Offizielle Zahlen zum heutigen Einsatztag gebe es noch nicht, man sei aber in den Gebäuden grundsätzlich »gut vorangekommen«. Mit festgeklebten oder angeketteten Personen hätte man im Vorfeld gerechnet und sei darauf eingestellt gewesen. Außerhalb Lützeraths habe es kleinere Demo gegeben, unter anderem sei von einer Gruppe versucht worden, an die Abbruchkante zu gelangen.
Grünen-Bundestagsabgeordnete Nyke Slawik kritisiert Räumung
13.49 Uhr: Unter den Grünen ist die Räumung von Lützerath weiter sehr umstritten. Die Bundestagsabgeordnete Nyke Slawik distanzierte sich auf Twitter von dem Kurs ihrer Partei, nach dem Lützerath abgebaggert werden soll, fünf andere Dörfer aber erhalten bleiben sollen. »Ich habe mich entfremdet«, schrieb Slawik im Kurznachrichtendienst . »Entfremdet davon, wie manche die Räumung in Lützerath und den Deal mit RWE verteidigen.«
Polizei umstellt Blockade von Luisa Neubauer und anderen Aktivisten
12.55 Uhr: Auf dem Zufahrtsweg nach Lützerath hat die Polizei mehrere Dutzend Teilnehmer einer Demonstration eingekreist, darunter die Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer und Greenpeace-Vorstand Martin Kaiser. Die Demonstranten, die sitzend den Weg blockierten, wurden von Polizisten umstellt. »Wir wollen hier sitzen bleiben, bis wir weggetragen werden«, sagte Neubauer der Deutschen Presse-Agentur.
Ein Polizeisprecher sagte, die Teilnehmer seien auf dem Weg zur Tagebauabbruchkante gewesen. Dies sei gefährlich und habe durch die Polizei verhindert werden müssen. Nach Neubauers Angaben setzte die Polizei vereinzelt auch Pfefferspray gegen Aktivisten ein. Dazu sagte der Sprecher, er könne dies weder bestätigen noch ausschließen.
Aktivistin: Grüne schicken Polizei »um ihre Klimaziele zu brechen«
12.37 Uhr: Eine der Sprecherinnen von »Lützerath lebt« sprach mit dem SPIEGEL. Sie nennt sich Indigo und hält sich in einem der besetzten Häuser auf. Als sie heute Morgen aus dem Fenster geschaut habe, draußen der Sturm, dazu über zehn Grad im Januar, sagt sie, da »war mir sofort wieder klar, warum wir hier sind und warum wir das hier tun«.
Das sei die Klimakrise und »die wird genau hier gemacht«. Sie würden versuchen, hier für ihre »Sicherheit zu sorgen«. Weltweit könnten Millionen Menschen das nicht.
Wie lange sie in Lützerath bleiben können, weiß sie nicht. Gewonnen aber hätten sie schon jetzt: »Wir haben gezeigt, dass die Grünen bereit sind, hier tausende Polizisten hineinzuschicken, um ihre Klimaziele zu brechen.«

Aktivisten und Besetzer werden von der Polizei aus Lützerath heraus und zu einer Sammelstelle gebracht, an der sie vor einem Zelt warten müssen.
Foto: Tobias Großekemper / DER SPIEGELSchon heute will RWE anfangen, Häuser abzureißen und Bäume zu fällen
12.19 Uhr: Bei der Räumung des Braunkohleortes hat die Polizei Abriss- und Baumfällarbeiten für diesen Donnerstag angekündigt. Durchgeführt werden diese von RWE, dem Konzern gehört die Ortschaft. Wenn die Polizei einen Bereich für gesichert erkläre, werde man mit den Arbeiten beginnen, sagte ein RWE-Sprecher. »Sicherheit für alle Beteiligten hat dabei oberste Priorität.«
Wo die Abrissarbeiten sein werden, wollte er nicht sagen. Massive Gebäude werden aber wohl noch nicht so schnell von Abrissarbeiten betroffen sein, weil dort noch Menschen sind. Aktivisten berichten in den Sozialen Netzwerken, dass bereits damit angefangen wurde, Bäume zu fällen.
Baumhäuser werden geräumt
12.12 Uhr: Baumhäuser und -zelte werden teilweise verlassen, die Klimaaktivisten weggeführt. Sie rufen sich »Du bist nicht allein!« zu, um sich gegenseitig Mut zuzusprechen.
Baumhäuser und -zelte werden teilweise verlassen, die Klimaaktivisten weggeführt. Unter den gestern schon „Du bist nicht allein“-Rufen. pic.twitter.com/PxmKj5mvTy
— Tobias Großekemper (@tgkms) January 12, 2023
Mehrere Hundert Menschen demonstrieren gegen Lützerath-Räumung
12.03 Uhr: Vier Kilometer von Lützerath entfernt haben mehrere Hundert Menschen gegen die Räumung des Braunkohleortes protestiert. An dem Demonstrationszug vom Erkelenzer Ortsteil Keyenberg in Richtung Lützerath beteiligten sich nach Schätzung der Polizei etwa 800 Menschen. Die Aktion wurde von mehreren Initiativen unterstützt. Unter den Teilnehmern war auch die Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer. Sie trug ein Schild mit der Aufschrift »Klimaschutz ist Handarbeit«.
Neubauer hatte unmittelbar vor dem Start der Demonstration der Polizei ein massives Vorgehen bei der Räumung vorgeworfen. Dass die Polizei die Räumung bei Dunkelheit und bis in die Nacht hinein fortgesetzt habe, sei gefährlich und unverständlich, sagte sie vor Journalisten.

Klimaaktivistin Luisa Neubauer in Keyenberg
Foto: Roberto Pfeil / dpaPolizei: Beamter in Lützerath von Farbbeutel getroffen
11.47 Uhr: Ein Polizist ist nach Angaben der Einsatzkräfte von einem Farbbeutel getroffen worden. Der Beamte sei nicht verletzt worden, sagte ein Polizeisprecher. Zudem seien Einsatzkräfte mit Böllern beworfen worden. Nach Angaben des Sprechers wurde dabei niemand getroffen oder verletzt.
Polizei fordert zum Verlassen der Dächer und Häuser auf
11.33 Uhr: Durchsage der Sicherheitskräfte: Die Besetzer sollen »sofort« die Dächer und Gebäude verlassen. Dann betreten die Polizisten durch ein Erdgeschossfenster ein weiteres Haus, in dem Aktivistinnen vermutet werden.

Polizeiwagen wird mit Flaschen und Steinen beworfen
11.29 Uhr: SPIEGEL-Reporter melden, dass vor wenigen Minuten Glasflaschen und Steine aus einem der besetzten Häuser geworfen wurden, der sogenannten »Paula«. Ziel war wohl ein Hubwagen. Auch Feuerwerkskörper wurden teilweise in Richtung der Beamten geschossen. Ein Hubschrauber kreist über Lützerath, die gestern allgegenwärtigen Polizeidrohnen sind heute nicht am Himmel, vermutlich wegen des starken Windes.

Polizei entfernt Klavier aus Barrikade
10.56 Uhr: Offenbar haben Sicherheitskräfte das Piano abgebaut, das Teil einer Barrikade in Lützerath war. Das zeigt ein Video der Grünen-Bundestagsabgeordneten Kathrin Henneberger, das diese über den Kurznachrichtendienst Twitter verbreitet hat. »Es wurde bis zur letzten Minute gespielt«, schreibt sie dort. SPIEGEL-Reporter Lukas Eberle hatte am ersten Räumungstag surreal anmutende Klavierklänge eingefangen .
9:42 Das Klavier auf den Barrikaden auf Eckardts Hof in #Lützerath wurde gerade geräumt. Es wurde bis zur letzten Minute gespielt 💔 #LützerathBleibt pic.twitter.com/WOPZYQcYrU
— Kathrin Henneberger (@KathrinAnna) January 12, 2023
Räumung der selbst gezimmerten Hütten: Mehr Schlamm als Schlacht
10.43 Uhr: Die Sicherheitskräfte haben damit begonnen, nach und nach die von den Aktivisten selbst gezimmerten Hütten zu räumen. Nach Einschätzung der SPIEGEL-Reporter vor Ort ist die Polizei schnell unterwegs. Die Ankündigung, dass der Räumungseinsatz Wochen dauern werde, sei bei dem Tempo wohl nicht haltbar. Auch das schlechte Wetter könnte eine Rolle spielen: Lützerath scheint mehr Schlamm als Schlacht.
Auch in die selbstgezimmerten Hütten in Lützerath geht nach und nach die Polizei. Nach der Ankündigung, dass der Räumungseinsatz Wochen dauern werde, ist die Polizei hier wirklich schnell unterwegs. Lützerath scheint mehr Schlamm als Schlacht. pic.twitter.com/lsKeBg9Wse
— Tobias Großekemper (@tgkms) January 12, 2023
SPD-Fraktionsvize Miersch: Recht muss in Lützerath durchgesetzt werden
10.40 Uhr: SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch hat die Räumung verteidigt. Alle Gerichtsprozesse seien zugunsten des RWE-Konzerns ausgegangen. »Dann gilt Recht. Das ist in einer Demokratie so«, sagte Miersch im Deutschlandfunk . Die Wirtschaftsministerien von Nordrhein-Westfalen und des Bundes sagten auch, die Nutzung der Kohle unter Lützerath sei energiepolitisch notwendig.
Miersch rief die Klimaaktivisten auf, nach vorn zu blicken und bei der Durchsetzung von erneuerbaren Energien zu helfen. Hier müsse ein Turbo gezündet werden. Beim Ausbau der Erneuerbaren gebe es große Widerstände in der Gesellschaft. So würden Windparks vor Ort oft durch Initiativen bekämpft. Klimaschutz konkret verlange der Gesellschaft vieles ab. »Deshalb brauchen wir die Power der Aktivistinnen und Aktivisten, um neue Dynamik zu erzielen.«
Aktivistensprecherin: Hoffen, dass der Sturm nicht stärker wird
10.36 Uhr: Das stürmische und regnerische Wetter macht den Aktivisten im besetzten Braunkohleort zunehmend zu schaffen. »Wir hoffen, dass der Sturm nicht noch stärker wird«, sagte eine Sprecherin der Initiative »Lützerath lebt«. Die Situation sei etwa für die Menschen in den Baumhäusern gefährlich. »Im Normalfall kommen sie bei Sturm runter«, sagte die Sprecherin.
Polizei marschiert vor der »Paula« auf
10.28 Uhr: Das Gebäude im Hintergrund ist die sogenannte »Paula«, früher war hier mal ein feministisches Wohnprojekt beheimatet, heißt es. Heute soll hier der harte Kern der Besetzer sitzen.

Sieben Dienstfahrzeuge wurden laut Polizei am ersten Räumungstag beschädigt
10.17 Uhr: Laut Lagefortschreibung der Polizei wurden beim gestrigen Einsatz insgesamt sieben Dienstfahrzeuge durch »ausgelegte Krähenfüße« beschädigt. Ab 8.35 Uhr seien die Kräfte in Lützerath mit Flaschen beworfen worden, die mit Benzin gefüllt gewesen seien. Es sei zu Beschuss mit Pyrotechnik gekommen. Ein Beamter sei durch Steinbewurf leicht verletzt worden.
Es regnet und stürmt – das erschwert die Lage für die Aktivisten, aber auch die Polizei
10.09 Uhr: Die Wetterbedingungen sind ruppig, es regnet und stürmt in Lützerath. Was alle Beteiligten vor Herausforderungen stellt: die Polizei, für die es unter diesen Bedingungen schwierig wird, die Baumhäuser zu räumen. Und die Aktivisten, für die diese Bedingungen in einigen Metern Höhe die Besetzungen nicht leichter machen. Auch heute geht die Polizei koordiniert, gezielt, ruhig und in großer Mannschaftsstärke vor. Die lange Planung dieses Einsatzes scheint sich aus Sicht der Polizei auszuzahlen.
»Egal, wie lange es dauert, die Klimaschutzbewegung hat jetzt schon gewonnen«
10.01 Uhr: Der Hof ist in der Hand der Polizei, jetzt gehen Polizisten in die ersten Nachbarhäuser. Auf dem Dach sitzen Aktivisten. Sie gehen, sagte eine Besetzerin gerade, davon aus, noch eine Woche durchhalten zu können. »Vielleicht nicht dieses Haus oder das Baumhaus daneben. Aber egal, wie lange es dauert, die Klimaschutzbewegung hat jetzt schon gewonnen.«

RWE schließt Doppelzaun um Lützerath
9.51 Uhr: Nur noch die Tore fehlen: Die Polizei macht mit der Räumung des Braunkohleorts Lützerath weiter. Der Energiekonzern RWE hat sich bereits um eine Konstruktion gekümmert, die Unbefugte draußen halten soll. Lesen Sie hier die gesamte Meldung.
Am Morgen betreten Polizisten den Haupthof
9.39 Uhr: Am Morgen drang die Polizei in den Haupthof von Lützerath ein. Das ist ein alter Dreiseitenhof, an dessen offener Seite eine Barrikade aus Containern und Wohnwagen aufgebaut worden war. Innerhalb von wenigen Minuten waren Hundertschaften im Hof und gingen dann, teils mit Einsatz von Sägen, in das Gebäude hinein.
Am zweiten Tag der Räumung von #Lützerath geht die Polizei in den Haupthof und damit in das größte Gebäude in dem Weiler. pic.twitter.com/nOwWRulwfx
— Tobias Großekemper (@tgkms) January 12, 2023
Laut dpa sägten die Beamten ein Loch in ein Tor und verschafften sich dadurch Zutritt. An dem Gehöft hängt ein großes gelbes Banner mit der Aufschrift »1,5° C heißt: Lützerath bleibt!«. Einige Aktivisten, die drinnen waren, wurden weggebracht. Wenig später fuhr die Polizei eine Hebebühne auf den Innenhof des Gehöfts. »Die Räumung geht weiter«, sagte ein Polizeisprecher.

Sicherheitskräfte vor dem Haupthof von Lützerath
Foto: Tobias Großekemper / DER SPIEGELFeuerwerk und Polizeieinsatz in der Nacht
9.33 Uhr: Ein dpa-Reporter berichtete, am Mittwochabend seien einige Böller geworfen und Feuerwerksraketen aus einem besetzten Gebäude gezündet worden, verletzt wurde niemand. Währenddessen holte die Polizei nicht weit davon entfernt eine Gruppe von Klimaaktivistinnen und Aktivisten von einem Lagerhallendach.
An einer anderen Stelle war die Polizei in der Nacht mehrere Stunden damit beschäftigt, eine Aktivistin aus einem Autowrack zu befreien, das als Hindernis auf einem Weg aufgebaut worden war. Die Frau hatte sich in dem Wrack verschanzt und ihre Füße in den Weg zementiert. In den frühen Morgenstunden konnte sie herausgeholt werden.
Die Nacht war ruhig, aber das Wetter stürmisch
9.27 Uhr: Nachts war es in Lützerath ziemlich ruhig, melden die SPIEGEL-Reporter vor Ort. Die Besetzer hatten sich in die Häuser, Baumhäuser und auf die verbliebenen Tri- und Monopods zurückgezogen und dort die stürmische Nacht ausgesessen.
Tag 2 der Räumung von Lützerath beginnt
9.21 Uhr: Tag 2 in der Räumung von Lützerath. Bei nasskaltem Wetter und starkem Wind harren noch immer Klimaaktivisten in Baumhäusern und besetzten Häusern aus. Weitere Aktivisten werden wohl nicht hinzukommen, da der Weiler inzwischen von einem Zaun umgeben ist.
»Wir werden das Baumhaus definitiv nicht verlassen«
9.16 Uhr: Kurz bevor die Polizei mit Hebebühnen und Klettertrupps in Lützerath anrückte, verschanzte sich Aktivist Lamin Chukwugozie im Baumhaus. Ausgestattet mit Brot und veganen Burgern wollte er den Ort vor dem Braunkohlebagger beschützen.
Überwiegend friedlicher Protest an Tag 1, Räumung geht weiter
9.11 Uhr: Fazit vom Vortag: Während der Räumung harrten Aktivisten in Lützerath weiter aus. Etwa 200 von ihnen sollen das Gelände freiwillig verlassen haben. Derweil zeigte sich Habeck angesichts der Kritik aus der Klimabewegung an den Grünen betroffen. Mehr zu diesem Thema lesen Sie hier.