MH17 Heikler Satz soll aus Untersuchungsbericht gestrichen worden sein

Ist aus dem Zwischenbericht zu Flug MH17 ein womöglich brisanter Satz entfernt worden? Recherchen eines Investigativteams sollen das belegen - sie deuten auf eine Mitverantwortung der Ukraine an der Flugkatastrophe hin.
Reporter an der Absturzstelle von Flug MH17 (im November): "Sorgen, ob die Flugunfallbehörde wirklich unabhängig arbeitet"

Reporter an der Absturzstelle von Flug MH17 (im November): "Sorgen, ob die Flugunfallbehörde wirklich unabhängig arbeitet"

Foto: MENAHEM KAHANA/ AFP

München/Kiew - Knapp fünf Monate nach dem Abschuss von Flug MH17 gerät die ukrainische Flugsicherung zunehmend unter Druck. Bereits seit Längerem stehen Vorwürfe im Raum, wonach der Luftraum über dem Kampfgebiet im Osten des Landes zwingend vollständig hätte gesperrt werden müssen. Jetzt gibt es Meldungen, wonach aus dem Zwischenbericht zur Absturzursache ein brisanter Satz gestrichen wurde.

So sei in einer früheren Version des Reports auf den Grund für die teilweise Sperrung des Luftraums hingewiesen worden, berichtet unter anderem die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) - das gehe aus Recherchen von WDR, NDR, SZ und dem niederländischen Investigativteam "ARGOS" hervor .

Hintergrund: Im Absturzgebiet war bereits drei Tage vor der Katastrophe um Flug MH17 eine Militärmaschine auf 6500 Metern Höhe abgeschossen worden. Danach hatte die Ukraine in einer sogenannten NOTAM (Notice to airmen) den Luftraum gesperrt, allerdings nur bis auf eine Höhe von 9750 Metern - etwas unter der üblichen Reiseflughöhe für Passagierflugzeuge.

Viele Experten meinen, eine vollständige Sperrung des Luftraumes wäre angebracht gewesen. "Mit dem Abschuss der Antonov auf einer Höhe von 6500 Metern war absolut klar, dass das nur mit schweren Flugabwehr-Raketensystemen geschehen konnte", zitiert "Tagesschau.de" Siemon Wezeman vom Stockholmer Institut für Friedensforschung (SIPRI). "Diese Raketensysteme erreichen normalerweise ohne Probleme Höhen zwischen 10.000 und 13.000 Metern ."

Dieser Argumentation schließt sich auch der Rechtsanwalt Elmar Giemulla an, der Angehörige deutscher MH17-Opfer vertritt. Laut "SZ" wirft er der Ukraine vor, sie habe den Luftraum nicht sperren lassen, weil sie nicht auf die Überflug-Gebühren habe verzichten wollen. Diese sollen bei täglich bis zu zwei Millionen Euro liegen. Die Hinterbliebenen klagen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Grund für Sperrung gestrichen

Veröffentlicht wurde der Untersuchungsbericht durch den niederländischen Sicherheitsrat OVV. Dem Rechercheteam zufolge enthielt eine frühere Version des Textes auf Seite 14 den Satz: "Die NOTAM mit der Luftraumbegrenzung wurde verfasst als Reaktion auf den Abschuss einer Antonov 24 am 14. Juli auf einer Flughöhe von 6500 Metern." In der schließlich veröffentlichten Fassung  wird dagegen kein Grund für die Sperrung genannt.

Laut "Tagesschau.de" teilte ein OVV-Sprecher zur Begründung mit , es sei nicht "100 Prozent" sicher gewesen, dass die Information in dem gestrichenen Satz korrekt sei. Dennoch fällt auf, dass die NOTAM unmittelbar nach dem Abschuss der Antonov in Kraft trat. An den Untersuchungen und dem Zwischenbericht dazu waren Ermittler mehrerer Nationen beteiligt, darunter auch solche aus der Ukraine.

"Anscheinend hat es aus irgendeinem Land eine Beschwerde gegen diesen Satz gegeben", zitiert "Tagesschau.de" den niederländischen Oppositionspolitiker Peter Omtzigt. " Und da mache ich mir Sorgen, ob die Flugunfallbehörde wirklich unabhängig arbeitet."

Die Boeing 777 der Malaysia Airlines war am 17. Juli über der Ostukraine auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur abgeschossen worden. Alle 298 Menschen an Bord kamen ums Leben. Die internationale Ermittlergruppe unter Führung der Niederlande konnte bis heute keine eindeutigen Erkenntnisse über die Umstände der Flugkatastrophe liefern.

rls
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