Fotostrecke

Bohrungen in Mittenwald: Die Suche nach dem Nazi-Schatz

Foto: Leon Giesen

Geheimcode-Suche in Oberbayern Mittenwald und der Nazi-Schatz

Ein rätselhaftes Notenblatt und ein entschlossener Niederländer: Leon Giesen ist sich sicher, dass im oberbayerischen Mittenwald ein Nazi-Schatz liegt. Die Gemeinde stimmte Probebohrungen zu. Man stieß auf einen merkwürdigen Fremdkörper.

Dreimal haben sie im oberbayerischen Mittenwald in den Asphalt gebohrt, mehr als fünf Meter tief ging es in den Boden. Die Löcher sind wieder verschlossen, das erste Herbstlaub liegt bereits auf der Straße, aber die Stellen sind noch gut zu erkennen: die leicht versetzt nebeneinander liegenden kreisrunden Einschlagspuren, dazu blaue Markierungen.

Die Gemeindeverwaltung hatte die Genehmigung für die Bohrungen in der vergangenen Woche erteilt, und es dauerte nicht lange, bis die Sache in dem Ort im Grenzgebiet zu Österreich einem größeren Publikum bekannt wurde: "Jagd nach dem Nazi-Gold", schrieb das "Garmisch-Partenkirchner Tagblatt".

Manche Bürger sind jetzt irritiert, andere eher amüsiert. So etwas habe er in Mittenwald noch nicht erlebt, sagt ein Postbote. "Jetzt bin ich gespannt, was sie da unten finden", meint ein anderer Mittenwalder und schmunzelt. Die Linie der Gemeinde: Man wolle Klarheit schaffen. Und das alles wegen eines veränderten Notenblatts zum "Marsch Impromptu" von Gottfried Federlein und der Idee eines Niederländers: Leon Giesen.

Bizarre Theorie

Der 51-Jährige sagt, er sei inzwischen sicher, dass unter dem Straßenasphalt im Mittenwalder Norden ein Schatz der Nazis liegen muss. Gold zum Beispiel oder Diamanten. Angebliche verborgene Schätze der Nazis haben schon oft die Phantasie von Legendenmachern beflügelt. Bayern scheint hierfür besonders geeignet: Die Nazis wollten in der "Kernfestung Alpen" ihren Kampf gegen die vorrückenden Alliierten bis zuletzt fortsetzen. Seit Jahren rankt sich etwa um den Walchensee in den bayerischen Voralpen der Mythos von verstecktem Nazi-Gold.

Giesen folgte bei seiner Suche einer bizarren Theorie, die in seiner niederländischen Heimat für viel Aufmerksamkeit sorgt. Ein mit Textzeilen, Zahlen und Runen ergänztes Notenblatt zum "Marsch Impromptu" spielt dabei die entscheidende Rolle.

Angeblich, so die Legende, soll Adolf Hitlers Privatsekretär Martin Bormann in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs die Zeichen, Zahlen und Textzeilen als Geheimcode für das Versteck von einem Nazi-Schatz auf das Notenblatt hinzugefügt haben. Ein Militärpfarrer sollte der Legende nach die Partitur nach München zu einem Parteifreund bringen. Dort kam sie aber nie an, sie landete Jahrzehnte später in den Händen des niederländischen Journalisten Karl Hammer Kaatee.

Giesen will jetzt umfangreich graben lassen

Jahrelang versuchte dieser vergeblich, den vermeintlichen Code zu knacken. Im Dezember vergangenen Jahres veröffentlichte Hammer Kaatee das Notenblatt  und erhielt seitdem Hunderte E-Mails und Hinweise. Für die Echtheit des Dokuments gibt es keinerlei Belege, dennoch genießt die Partitur in manchen Kreisen eine gewisse Anziehungskraft. "Es ist eine Schatzkarte, die ihrer Entschlüsselung harrt", sagt der Garmisch-Partenkirchener Heimatforscher Jürgen Proske, der als Hobbyschatzsucher in den Bergen rund um Mittenwald und Garmisch-Partenkirchen bereits auf Ausrüstungsgegenstände der Wehrmacht sowie ein Weindepot aus dem Jahr 1940 gestoßen ist.

Giesen ist sich sicher, den angeblichen Code entschlüsselt zu haben. Dem Kleinkünstler zufolge muss es sich wegen der eingefügten Textzeile "Wo Matthias Die Saiten Streichelt" um Mittenwald handeln - der Satz deute auf Matthias Klotz hin, der als Begründer des Geigenbaus in Mittenwald gilt. Außerdem will er in der bearbeiteten Partitur eine schematische Darstellung des damaligen Schienenverlaufs mit zwei Strecken in Mittenwald erkannt haben. Mehr noch: Über die Ziffernkombination am Seitenende, das letzte Runenzeichen sowie den Satzteil "Enden der Tanz" habe sich ergeben, dass man dort suchen müsste, wo einst die Prellböcke standen.

Also wurde gebohrt. Was fand man? "Die Geologen nennen es eine Anomalie, einen Fremdkörper, der dort nicht hingehört", sagt Giesen. Es sei eine große Menge eines noch nicht näher spezifizierten Metalls. Inzwischen sucht Giesen für umfangreiche Grabungsarbeiten eine Spezialfirma, die sich auch mit möglichen Sprengstoff-Funden auskennt. Er rechnet mit Kosten in Höhe von 25.000 Euro, das Geld soll durch eine Crowdfunding-Kampagne zusammenkommen. Aus der ganzen Aktion könnte ein Dokumentarfilm entstehen, sagt Giesen, ganz gleich, ob man etwas finde.

Heimatforscher Proske ist zurückhaltend, was den Fremdkörper im Mittenwalder Boden anbelangt: "Das können Kisten sein, vielleicht aber auch einfach ein Kanaldeckel."

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren