Glaubensgemeinschaft Mormonen wollen nicht mehr Mormonen heißen

Seit dem 19. Jahrhundert werden Gläubige der "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage" als Mormonen bezeichnet. Nun untersagt der Kirchenpräsident diesen Namen - und macht Gegenvorschläge.
Mormonenkirche in England (Archivbild)

Mormonenkirche in England (Archivbild)

Foto: DYLAN MARTINEZ/ REUTERS

Die "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage" - nicht gerade ein Begriff, den man sich leicht merken kann. Deshalb wird die Glaubensgemeinschaft, die sich neben der Bibel auf das Buch Mormon beruft, meist schlicht als "Mormonentum" bezeichnet. Doch damit soll jetzt Schluss sein.

Der Kirchenpräsident Russel Nelson verkündete US-Medien zufolge, dass er nicht mehr möchte, dass die Gläubigen als "Mormonen" bezeichnet werden. Am Wochenende veröffentlichte er neue Richtlinien , wonach sie künftig nur noch "Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage" genannt werden sollen.

Auch die Bezeichnung Mormonenkirche ist demnach nicht mehr "autorisiert". Es dürfen nur noch die Bezeichnungen "Die Kirche", "Die Kirche Jesu Christi" oder "Die wiederhergestellte Kirche Jesu Christi" verwendet werden.

Die Kirche wurde 1830 gegründet und zählt weltweit rund 16 Millionen Mitglieder. In Deutschland gehören der Glaubensgemeinschaft etwa 40.000 Menschen in 164 Gemeinden an.

Nicht ändern - nur korrigieren

Nelson hatte das Amt des Vorsitzenden im Januar übernommen, nachdem der bisherige Präsident Thomas Monson verstorben war. "Wir ändern nicht den Namen, wir korrigieren einen Namen", sagte er laut einem Bericht der Lokalzeitung "Deseret News"  aus dem US-Bundesstaat Utah am Wochenende.

In den Richtlinien sind auch Ausnahmen der neuen Regelungen genannt: Das Buch Mormon und alle historischen Namen wie etwa der berühmte Mormon Trail dürften weiterhin so heißen.

Bereits seit 1990 habe Nelson dafür plädiert, den ursprünglichen Namen der Kirche zu verwenden, wie er 1838 vom Propheten Joseph Smith eingeführt wurde,berichtet die "New York Times" . "Manchmal wird ein Spitzname statt des richtigen Namens verwendet", sagte Nelson demnach damals. "Aber ein Spitzname könnte entweder denjenigen beleidigen, der ihn trägt oder dessen Eltern, die ihm seinen Namen gegeben haben."

Werden sich auch Nicht-Mormonen an die Regelung halten?

Die Mitglieder der Kirche dürften sich dessen bewusst sein, dass es schwierig wird, die breite Öffentlichkeit sowie Medien und Wissenschaft an den neuen Namen zu gewöhnen. "Ich glaube nicht, dass unsere Freunde von außerhalb der Kirche mit den Spitznamen aufhören werden", sagte der Theologe Richard E. Bennett der "New York Times". "Aber wir Mitglieder der Kirche werden uns zumindest mehr bemühen, uns an die neuen Regelungen zu halten."

Die Mormonen legen großen Wert darauf, als Christen bezeichnet zu werden. Wegen ihrer Glaubensvorstellungen werden sie von anderen christlichen Kirchen allerdings kritisch beäugt. Katholiken und viele protestantische Kirchen erkennen die mormonische Taufe nicht an.

Mitglieder der Gemeinschaft berufen sich neben der Bibel als weiteres Zeugnis Jesu Christi auf das Buch Mormon, das Religionsgründer Joseph Smith nach einer Offenbarung durch einen Engel verfasst haben will.

Die Mormonen leben nach einem strengen Verhaltenskodex. Alkohol und Zigaretten sind ihnen ebenso verboten wie Kaffee. Ein Zehntel ihres Einkommens sollen sie der Kirche spenden, darüber hinaus werden unbezahlte Mitarbeit im Kirchendienst und Missionarstätigkeiten erwartet.

Bis zum Jahr 1890 gehörte auch die Polygamie zu einem der religiösen Prinzipien der Mormonen - der Gründer Smith selbst soll 40 Ehefrauen gehabt haben. Vereinzelt scheinen Gläubige noch heute an dem Prinzip festzuhalten. Im vergangenen Jahr wurden zwei ehemalige Bischöfe der Mormonenkirche in Kanada wegen verbotener Mehrehen verurteilt.

kry/AFP
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