
Diepholzer Mumie: Vom Speicher in die Rechtsmedizin
Mysteriöser Dachbodenfund Diepholzer Mumie wird obduziert
Diepholz/Hamburg - In den Fall der auf einem Dachboden in Niedersachsen aufgetauchten Mumie hat sich die Staatsanwaltschaft in Verden eingeschaltet. Nach Angaben von Sprecher Lutz Gaebel leitete die Behörde ein Todesermittlungsverfahren ein. "Wir haben die Rechtsmedizin in Hamburg beauftragt, weitere Untersuchungen durchzuführen", sagte Gaebel.
Geklärt werden soll dabei neben der Todesursache auch, wie alt die menschlichen Knochen sind, die bei einer Röntgenuntersuchung der Mumie in der vergangenen Woche sichtbar wurden. Gaebel zufolge ist mit Ergebnissen "nicht in den nächsten fünf oder sechs Wochen" zu rechnen, da es sich um eine aufwendige Analyse handele. Auch externe Sachverständige würden sich daran beteiligen.
Gaebel zufolge deuten erste Ermittlungsergebnisse darauf hin, dass die Mumie rund 2000 Jahre alt sei. Das ist insofern überraschend, als renommierte Experten im Vorfeld deutlich gemacht hatten, es handele sich um eine neuzeitliche Fälschung - darunter Andreas Nerlich, Chefarzt der Pathologie am Münchner Klinikum Bogenhausen. Einzelheiten über die neuen Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft wollte Gaebel nicht bekanntgeben.
Knochen beschlagnahmt und in die Rechtsmedizin gebracht
Ihm zufolge befindet sich die Mumie bereits jetzt in der Rechtsmedizin am Hamburger Universitätsklinikum UKE. Sie sei "gestern oder vorgestern" beschlagnahmt worden. Zuvor war sie im Besitz des Diepholzer Zahnarztes Lutz-Wolfgang Kettler, dessen zehnjähriger Sohn sie beim Stöbern auf dem Dachboden seiner Oma entdeckt hatte.
Kettler selbst teilte auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE mit, das Rechtsmedizinische Institut in Hamburg habe über die Mumie "eine Art Nachrichtensperre verhängt". Man habe ihn gebeten, keine neuen Informationen an die Medien weiterzugeben, "bis harte Fakten vorliegen". Bei der Rechtsmedizin wollte man sich unter Hinweis auf das laufende Ermittlungsverfahren nicht äußern.
Wie die schwere Holzkiste mit den Knochen auf den Dachboden in Diepholz kam, ist noch unklar. Gut versteckt hatte sie dort offenbar mehrere Jahrzehnte gestanden. Zahnarzt Kettler vermutet den Ursprung in der eigenen Familiengeschichte: Womöglich, sagte er nach dem Fund, habe der Großvater sie in den fünfziger Jahren von einer Reise aus Nordafrika mitgebracht. Gegenüber der "Bild"-Zeitung kündigte Kettler an, er wolle nun alte Briefe seines Vaters durchsehen - vielleicht ergebe sich daraus ein Hinweis auf die Knochen in der Kiste.
Für Aufsehen hatte am Montag die radiologische Untersuchung der Mumie in einem Diepholzer Krankenhaus gesorgt. Nachdem viele Beobachter zunächst davon ausgegangen waren, es handele sich um eine Attrappe, waren auf den Röntgenbildern ein menschlicher Schädel sowie ein relativ vollständiges Skelett zu sehen. In der Augenhöhle steckte eine Art Pfeilspitze.