Nordrhein-Westfalen Staatsschutz ermittelt nach Vorfällen an Synagogen

Friso Gentsch / DPA
In Nordrhein-Westfalen hat der Staatsschutz nach Vorfällen vor Synagogen in mehreren Städten Ermittlungen aufgenommen. In Münster stehen 13 Männer unter Verdacht, am Dienstagabend vor einer Synagoge eine israelische Fahne verbrannt zu haben, teilte die Polizei mit.
Mehrere Zeugen hatten demnach die Polizei alarmiert, weil sich eine größere Gruppe vor der Synagoge aufhalte, laut rufe und eine israelische Fahne verbrenne.
Zehn Beteiligte stellte die Polizei vor Ort, drei weitere nach einer Fahndung in der Innenstadt. Die Beamten stellten zudem eine zum Teil abgebrannte israelische Nationalfahne vor der Synagoge sicher. Das Gotteshaus selbst wurde nicht beschädigt. Die Verdächtigen erwarten laut Polizei Strafanzeigen unter anderem wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz.
Steinwürfe auf Synagoge in Bonn
In Bonn wurde am Dienstagabend der Eingangsbereich einer Synagoge durch Steine beschädigt. Ein Anwohner hatte nach Polizeiangaben die Beamten gerufen, da mehrere jüngere Erwachsene den Eingang attackierten und mit Feuer auf dem Gehweg hantierten.
Vor der Synagoge stellte die Polizei laut eigenen Angaben drei Papierzettel »mit wahrscheinlich arabischen Schriftzeichen« sowie eine abgebrannte weiß-blaue Fahne sicher. Nach einer Fahndung wurden drei Verdächtige vorläufig festgenommen.
Am Montagabend hatte bereits der Düsseldorfer Staatsschutz wegen einer versuchten Sachbeschädigung an der Gedenktafel am Standort einer ehemaligen Synagoge Ermittlungen aufgenommen. Unbekannte hatten nach Polizeiangaben ein Feuer an dem Gedenkstein gelegt, das jedoch noch vor Eintreffen der Feuerwehr erlosch. Es entstand kein Schaden.
Eskalation im Nahostkonflikt
Die Vorfälle ereignen sich vor dem Hintergrund des sich zuspitzenden Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern. Bei Raketenangriffen auf Israels Küstenmetropole Tel Aviv waren mindestens drei Menschen getötet worden. Israels Luftwaffe reagierte darauf mit einem Bombardement des Gazastreifens, bei dem palästinensischen Quellen zufolge Dutzende Menschen starben.
Die islamistische Hamas erklärte am Dienstagabend, 130 Raketen aus dem Gazastreifen auf Tel Aviv und Zentralisrael abgefeuert zu haben. Der gegenseitige Beschuss hielt in der Nacht zum Mittwoch an.
Laut Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza stieg die Zahl der seit Montag getöteten Palästinenser auf 35, darunter zwölf Kinder und drei Frauen. 233 Menschen seien verletzt worden. Der israelischen Armee zufolge wurden mindestens 20 Mitglieder der islamistischen Hamas und des militanten Islamischen Dschihads getötet, darunter hochrangige Vertreter.
»Angriffe auf Synagogen sind purer Antisemitismus«
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, und der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sind besorgt über wachsenden Antisemitismus und die Eskalation der Gewalt im Nahen Osten.
Bischof Bätzing zeigte sich bei einem Treffen in Frankfurt erschüttert über die nächtlichen Angriffe auf Synagogen in Deutschland und die Verbrennung israelischer Fahnen. »Diese Form des Protestes verurteile ich auf das Schärfste. Es darf nicht zugelassen werden, dass ein politischer Konflikt mit religiösem Fanatismus verbunden und aufgeladen wird. Angriffe auf Synagogen sind purer Antisemitismus, der mit nichts zu rechtfertigen ist.«
Schuster verwies darauf, dass die Corona-Krise die Verbreitung von antisemitischen Verschwörungsmythen verstärke. »Antisemitismus ist unter den Corona-Leugnern das verbindende Element. Es ist zu befürchten, dass dieses Phänomen mit dem Ende der Pandemie nicht verschwindet. Dieser Antisemitismus muss konsequent und nachhaltig bekämpft werden.«
Dringlichkeitssitzung im Uno-Sicherheitsrat
Bätzing und Schuster bezeichneten die vom Gaza-Streifen ausgegangene Aggression gegen Israel als inakzeptabel. »Aber nur gemeinsam können Auswege aus dem jahrzehntelangen Konflikt gefunden werden. Wir hoffen, dass die Gewalt rasch ein Ende findet. Der Nahe Osten braucht Frieden!«
Auch Bundesaußenminister Heiko Maas verurteilte die Raketenangriffe aus dem Gazastreifen auf Israel scharf. »Dass es jetzt noch eine derartige Eskalation der Gewalt gibt, ist weder zu tolerieren noch zu akzeptieren«, sagte Maas bei einem Besuch in Rom. »Israel hat in dieser Situation das Recht auf Selbstverteidigung.«
Russland und die USA riefen alle Seiten zur Zurückhaltung auf. Angesichts der zunehmend entfesselten Gewalt in Nahost soll der Uno-Sicherheitsrat am Mittwoch zum zweiten Mal binnen weniger Tage zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenkommen.