Hype in fränkischer Kleinstadt Eine Panda-mie gegen die Pandemie

Hier nahm die »Pandamie« ihren Anfang: Das Schlimbach-Haus am Marktplatz von Ebern
Foto:Bernd Ziegler

Hier nahm die »Pandamie« ihren Anfang: Das Schlimbach-Haus am Marktplatz von Ebern
Foto:Bernd Ziegler
Ebern ist eigentlich die Stadt des Wildschweins. Das Wappen der Kleinstadt im Landkreis Haßberge, ungefähr gleich weit von Bamberg und Coburg entfernt, zeigt einen Eber mit beeindruckenden Hauern.
Aber vielleicht bleibt das nicht mehr lange so. Warum nicht auf ein Tier umschwenken, das in freier Wildbahn für weniger Angst sorgt, sagen wir: einen Pandabären.
Der schwarz-weiße Sympathieträger – ja, er stammt aus China – verbreitet sich gerade mit pandemieartiger Geschwindigkeit über das Städtchen mit seinen 7000 Einwohnern. Was steckt dahinter?
Wer die Ansteckungskette zurückverfolgt, landet bei Facebook bei der privaten Gruppe »Ebern in Unterfranken«, die nur aktuelle und frühere Eberner als Mitglieder akzeptiert (so wie den Autor dieses Textes, der dort seine Jugend verbrachte). Auf dieser Seite verbreiten sich Fotos der Bären und regen immer mehr Nachahmer an: Plüschpandas, gebastelte Pandas und Fingerfarbpandas, hinter Hausfenstern und auf Tagesangebotstafeln von Restaurants, die im Shutdown ohnehin nicht öffnen. Viele Gruppenmitglieder zeigen ihre neuen Panda-Entdeckungen oder posten gleich selbst, wenn sie mit ihren Kindern einen Bären ins Fenster kleben.
Als im Frühjahr der erste Shutdown begann, breitete sich der Regenbogen als Zeichen der Hoffnung und Gemütsaufhellung aus und zierte die Fenster unzähliger Kinderzimmer und Kitas in ganz Deutschland. Zumindest in Ebern wurde der Regenbogen nun vom Panda abgelöst. Der liefert gleich noch seinen eigenen Kalauer mit: Panda-mie statt Pandemie.
Auch der Patient null lässt sich über Facebook finden, derjenige also, der die ersten Pandas am Fenster platzierte. Bernd Ziegler heißt er, ist 49 Jahre alt. »Eigentlich sind meine Stofftierpandas ja nur Erinnerungen an meine Asienreisen«, sagt er. Nie hätte er gedacht, dass sie so Furore machen.
Er saniert gerade ein Fachwerkhaus am Marktplatz, das er im vergangenen Herbst gekauft hat. Im ersten Stock stehen noch ein paar Möbel der Vorbesitzerin, immer, wenn er eine Pause von der Baustelle im Erdgeschoss braucht, setzt er sich dort oben auf eine alte Couch. »Früher saß dort oben immer die alte Frau Schlimbach am Fenster und beobachtete das Geschehen auf dem Markt – jeder, der zur gleichen Zeit in Ebern gelebt hat, kennt sie.« Als kleinen Scherz setzte er eines Tages ein Plüschtier auf das Fensterbrett von Frau Schlimbach. Und dann eins in jedes der vier Fenster.
»Das war erst mal alles«, sagt er. Er habe sich nicht viel dabei gedacht. Dann bemerkte er, dass Kindern, die am Markt vorbeikamen, die Pandas auffielen. »Deshalb habe ich ein Foto auf Facebook gestellt, als Aufheiterung in der Pandemie.« Das war am 12. Januar.
Ein Späßchen, weiter nichts: »Mit der Aktion ist keine politische Botschaft verbunden.« Das ist ihm wichtig zu erwähnen, denn unter dem Stichwort der Panda-mie gab es im November auch eine Kunstaktion in einem Frankfurter Restaurant. Hundert Plüschpandas saßen da an gedeckten Tischen, gedacht als stiller Protest gegen den Shutdown, in dem Gastronomen ihre Restaurants schließen müssen. Darauf stieß er erst, als seine Aktion in Ebern Fahrt aufnahm, sagt er.
Ziegler ist selbst Gastronom, er hat jahrelang einen Klub in Kroatien geleitet, bevor er 2019 nach Ebern zurückkehrte. Im historischen Schlimbach-Haus will er nach der Sanierung einen Hotelbetrieb hochziehen. Die echte Pandemie hat auf das Projekt vorerst keinen Einfluss: »Ich rechne so oder so mit zwei Jahren Arbeit für den Umbau, und ich bin ganz optimistisch, dass wir in der Coronakrise das Schlimmste dann hinter uns haben.«
Ob bis dahin der Panda das Wappentier der Eberner wird? Unwahrscheinlich, schließlich müsste man, wenn man den Eber ersetzt, als Konsequenz den Namen der Stadt ändern. Dann würden 7000 Eberner plötzlich in Pandern leben – und das fänden sie vielleicht nicht mehr so witzig.
SPIEGEL+-Zugang wird gerade auf einem anderen Gerät genutzt
SPIEGEL+ kann nur auf einem Gerät zur selben Zeit genutzt werden.
Klicken Sie auf den Button, spielen wir den Hinweis auf dem anderen Gerät aus und Sie können SPIEGEL+ weiter nutzen.
Charmeoffensive in Schwarz-Weiß: In der unterfränkischen Stadt Ebern wimmelt es plötzlich von Pandas.
Sie tauchen in allen Größen und Materialvarianten auf,...
...aber fast immer hinter Fenstern.
Die Panda-mie nahm auf Facebook Fahrt auf.
Inzwischen posten Familien ihre neuen Pandas, die sie mit den Kindern gestaltet haben.
Pandas aus Kreide,...
...Pandas mit Disco-Swag...
...und ein belesener Panda, der sich in der Bücherzelle auf dem Kirchvorplatz eingenistet hat.
Melden Sie sich an und diskutieren Sie mit
Anmelden