Nach acht Tagen Streik »Gestank und Fäulnis« – Müll stapelt sich auf Pariser Straßen

Paris: Wachsende Müllberge in der französischen Hauptstadt
Foto: Arina Lebedeva / ITAR-TASS / IMAGOIn Frankreich hat sich vielerorts auch die Müllabfuhr Streiks gegen eine geplante Rentenreform angeschlossen – in Paris werden wachsende Müllberge nun zum Politikum. Gegner der Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo werfen der Sozialistin angesichts drohender Hygieneprobleme Untätigkeit vor. Die Stadt müsse das Personal zum Dienst verpflichten oder Privatfirmen einschalten, fordern sie.
5600 Tonnen Müll hätten sich inzwischen angehäuft, teilte die Stadt nach acht Tagen Abfuhr-Streik mit. Die Lage werde in den kommenden Tagen schwierig bleiben, die Verbrennungsanlagen würden bestreikt, die Höfe der Müllabfuhr seien blockiert.

Müll stapelt sich meterhoch auf den Gehwegen
Foto:Alain Jocard / dpa
Die Bürgermeisterin bekräftigte zuletzt am Montag ihre »komplette Unterstützung« für die Streiks, auch der Müllabfuhr. »Das Bürgermeisteramt spornt die Beschäftigten zum Streik an«, empörte sich daher Haushaltsminister Gabriel Attal, wie die Zeitung »Les Echos« berichtete.
Auch andere Minister, denen wie Attal Ambitionen nachgesagt werden, Hidalgo bei der nächsten Wahl an der Rathausspitze ablösen zu wollen, schimpften. »Gestank und Fäulnis. Keine auch nur teilweise Notmaßnahme, die von der Stadt Paris beschlossen wurde«, twitterte Transportminister Clément Beaune.
»Es ist ekelhaft, überall sind Ratten«
In Paris teilen sich private und städtische Betriebe das Einsammeln des Mülls. Derzeit sind vor allem die Viertel betroffen, in denen die städtische Müllabfuhr im Einsatz ist. In der Nacht zum Dienstag sichteten Reporter des Senders BFMTV einen Müllwagen eines privaten Unternehmens bei einem Einsatz in einem Pariser Arrondissement, das normalerweise nicht dort tätig ist.
Die Stadt könne dies anordnen, erklärte ein Vertreter des Rathauses. Wie die Stadt mitteilte, sei der Einsatz vorrangig auf die öffentliche Gesundheit ausgerichtet: Die Räumung der Lebensmittelmärkte, das Entfernen von Müllsäcken vom Boden und die Sicherheit der Fußgängerwege stehe dabei im Mittelpunkt.
»Es ist ekelhaft, überall sind Ratten«, sagte Aphaia Samios, eine Kundin in einem Straßencafé in der belebten Einkaufsstraße Montorgueil, während sie auf Müllberge blickte. »Manche Leute kommen kaum noch zu ihrer Haustür hinein.«

Straße in Paris: Der Müll stapelt sich auch vor Cafés
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Auch internationale Touristen zeigten sich überrascht bis entsetzt angesichts der überquellenden Mülleimer und der Plastikmüllsäcke, die sich immer weiter auftürmen und teilweise aufplatzen. Regenschauer am Wochenende haben den Unrat durchnässt und die Geruchsbelästigung verstärkt.
»Ich wollte eine romantische Reise mit meinem Freund machen, aber der Müll verdirbt den ganzen Charme der Stadt«, meinte die deutsche Paris-Besucherin Claudia Harmand in der Nähe der Opéra Garnier. »Es stinkt, und man muss im Slalom um die Müllberge herumgehen.«
Mark aus den USA zeigte nicht viel Verständnis für die Streiks. »Es ist unhygienisch und nicht gut für den Tourismus«, sagte er. »Bei uns ist das Rentenalter schon längst viel höher. Wenn man das Rentenalter anheben muss, weil sonst das Geld fehlt, dann helfen die Streiks auch nichts.«
Etwa 70 Prozent der Franzosen sind gegen die geplante Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron. Sie sieht vor, das Rentenalter von 62 auf 64 Jahre anzuheben. »Mir ist jetzt schon klar, dass ich im Alter arm sein werde«, sagte Murielle Gaeremynck, eine 56-Jährige, die seit zwei Jahrzehnten bei der Müllabfuhr arbeitet. Sie berichtete von Stürzen vom Lastwagen, von chronischen Entzündungen und Rückenproblemen wegen der mangelnden Federung der kleineren Müllwagen.
»Wir sind jeden Tag draußen und arbeiten, egal ob es regnet, schneit oder stürmt«, beschrieb Nabil Latreche, ein 44-jähriger Müllmann, seine Arbeit. »Wenn man hinten auf dem Müllwagen steht, dann atmet man viele schädliche Gase ein. Die Arbeit ist sehr anstrengend.«