Goldrausch in Polen Schatzsucher wollen Nazi-Zug entdeckt haben

Überreste eines alten Bergwerks in der Region Walbrzych (Archiv): Gerüchte um unterirdisch versteckten Nazi-Zug aus dem Zweiten Weltkrieg
Foto: CorbisDie Gerüchte gibt es in Niederschlesien schon seit Jahrzehnten: Legenden über Gold und andere Schätze in den Tunneln und Stollen der Bergbauregion. Von den Nationalsozialisten geraubte Wertgegenstände, die vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges nicht mehr rechtzeitig in den Westen geschafft werden konnten.
Nun sorgt ein Schreiben des Anwalts Jaroslaw Chmielewski an den Gemeindevorstand von Walbrzych für Aufregung - und das über die Region hinaus. Die beiden Mandanten Chmielewskis - einer der Männer soll ein Deutscher sein - melden demnach Ansprüche auf Finderlohn für einen angeblich von ihnen entdeckten gepanzerten deutschen Zug aus der Nazi-Zeit an. Ehe ihnen dies nicht zugesichert würde, wollten sie keine näheren Angaben machen.
In Walbrzych geben sich die Behörden bedeckt: Ja, das Schreiben sei eingegangen, die Angelegenheit werde geprüft. Als völlig abwegig wird der angebliche Fund in der Bergbaustadt offenbar nicht behandelt. Es gab bereits ein Treffen mit Vertretern von Polizei, Feuerwehr und Militär. "Wir sind bereit, Sicherungsmaßnahmen durchzuführen", sagte eine Polizeisprecherin im Nachrichtensender TVN24.
Bohrlöcher entdeckt
Gemeindevorstand Jacek Cichura geht es zunächst vorrangig um die Sicherheit der Bevölkerung. "Wenn der Zug tatsächlich existiert, ist er wahrscheinlich vermint", sagte der "Gazeta Wyborcza". Er könne auch eine große Menge des Grubengases Methan erhalten. Die Zeitung berichtete unter Berufung auf einen anonymen Informanten, die Schatzsucher hätten den Zug mithilfe von Georadaren in der Umgebung Walbrzychs gefunden. Er solle sich bis zu 70 Meter unter der Erde befinden.
Der Sender Radio Wroclaw berichtete von neuen Spekulationen über den Fundort - der Zug befinde sich womöglich unter einer ehemaligen Bahnstation in Walim, wo im Mai heimlich gegraben worden sei. Sechs Bohrlöcher wurden demnach auf dem Gelände entdeckt - einen Antrag auf Grabungserlaubnis habe niemand gestellt, so Bürgermeister Adam Hausman. Zeitzeugen zufolge wurde im Mai 1945 in Walim ein Konvoi gesichtet, dessen Wagen die Zeichen der Reichsbank trugen.
"Das ist ein Fund von Weltrang, vergleichbar mit der 'Titanic'", sagte Anwalt Chmielewski im Gespräch mit Radio Wroclaw. Doch dem Juristen geht es eher um die historische Bedeutung. "Mich wundert, dass von Gold die Rede ist", sagte er. Niemand wisse, was im Inneren des Zuges ist.
"Niemand konnte jemals die Existenz dieses Zuges beweisen"
Joanna Lamparska, niederschlesische Lokalhistorikerin, verweist darauf, dass in der Region um Walbrzych gleich zwei Züge mit Nazi-Gold in der Schlussphase des Zweiten Weltkriegs verschwunden sein sollen. So jedenfalls erzählt es die örtliche Legende. "Niemand konnte jemals die Existenz dieses Zuges beweisen", warnte sie jedoch im Gespräch mit TVN24 vor überhöhten Erwartungen - auch wenn ein tatsächlicher Fund eines deutschen Zuges eine "unglaubliche Entdeckung" wäre.
Ganz neu ist die Schatzsuche in den Tunneln und Schächten Niederschlesiens nicht. In der Nähe von Walbrzych befand sich während des Zweiten Weltkriegs ein weitreichendes Tunnelsystem. Wegen der Luftangriffe in der Endphase des Krieges sollte Industrieproduktion unter die Erde verlagert werden.
Vor Jahren machten bereits einmal Gerüchte die Runde, dass sich das legendäre Bernsteinzimmer in der Region befinden könnte, etwa in einem Tunnel mit Verbindung zum Fürstenschloss von Walbrzych. Bislang wurde nichts gefunden. Auch nun wird wieder wild spekuliert. So werden mal bis zu 300 Tonnen Gold in dem geheimnisvollen Zug vermutet, mal eine Ladung Diamanten.
Andrzej Gaik, der heute Touristen durch das alte Fürstenschloss von Walbrzych führt, glaubte jahrelang an die Legende vom "goldenen Zug" und ging auf Schatzsuche - vergeblich, wie er im polnischen Fernsehen einräumte. "Meiner Meinung nach ist noch niemand auf die Spur des Zuges gestoßen", sagte er voller Skepsis.