Die Beisetzung im Minutenprotokoll Die Queen findet ihre letzte Ruhe
Der Sarg von Elizabeth II. ist in die königliche Gruft hinuntergelassen worden. Ihr persönlicher Dudelsackpfeifer gab ihr das letzte Geleit – zum Abschluss wurde noch einmal die Nationalhymne angestimmt. Der Tag zum Nachlesen.
- Die Welt nimmt Abschied von Queen Elizabeth II. Hunderte Staatsgäste waren in der Westminster Abbey versammelt, Prominente, Britinnen und Briten, die über die Wohltätigkeitsorganisationen der Königin besonders mit der Monarchin verbunden waren. Nach dem Trauergottesdienst wurde der Sarg in einem großen Trauerzug durch die Stadt nach Windsor Castle geführt. In der St George’s Chapel findet Elizabeth II. an der Seite ihres Mannes Philip in der Gruft der Windsors ihre letzte Ruhe. (Fotos: Henriette Simons, Social Media: Annina Metz)
- Wir sind beim privaten Teil leider nicht eingeladen. Deswegen endet hiermit unser Liveblog. Vielen Dank an alle Leserinnen und Leser, die drangeblieben sind. Oder aber nur mal kurz reingeschaut haben, um wütende Leserbriefe zu schreiben. Morgen (oder übermorgen) dreht sich die Welt bei SPIEGEL.de unroyal weiter, versprochen.
- Der öffentliche Teil der Trauerfeier und Beisetzung ist damit vorbei. Ab jetzt wird es endgültig privat: Gegen 20.30 Uhr wird die Queen gemeinsam mit Prinz Philip in die kleine King George VI Memorial Chapel umgebettet, einen besonderen Teil der Hauptkapelle. Daran werden nur enge Familienmitglieder teilnehmen.
- Vor der Kapelle bedanken sich zunächst König Charles und Königin (Queen Consort, selbstverständlich) Camilla beim Erzbischof und dem Dekan von Windsor, dann auch die anderen Familienmitglieder. Dabei huscht dem König ein Lächeln über das Gesicht. Nach dem ganzen Stress.
- Der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, spricht noch einmal einen Segen. Dann gibt es »God Save the King«, das können Katharina und ich schon mitsingen, so häufig wurde die Hymne heute gespielt. Das war's dann.
- Zeremonieller Kram: König Charles tritt vor und legt die Fahne der Grenadier Guards auf den Sarg. Danach geht es bergab – im wahrsten Sinne: Der Sarg wird in die königliche Gruft hinabgelassen, dabei gibt es wieder Melodien aus dem Dudelsack.
- Ich tippe auf Panzertape, Katharina.
- Ich habe mich ohnehin die ganze Zeit gefragt, wie das Zepter und der Reichsapfel auf dem Sarg gehalten haben.
- Der Sarg von Queen Elizabeth wird nun um das darauf liegende Zepter, die Krone und den Reichsapfel erleichtert. Die Kronjuwelen werden auf dem Altar abgelegt, dann gibt es eine Verneigung und es geht weiter im Text. Zur Abwechslung wird gesungen.
- Muriel, vielleicht findest du ja einen gütigen Rikschafahrer, der dir im Verkehrschaos hilft? Die Nachrichtenagentur dpa hat in London Mohammed Ahmed getroffen, der mit seiner Rikscha normalerweise Touristen fährt – an diesem Tag spielt er aber Notfalltaxi. »Ich will heute kein Geld dafür«, sagte Ahmed der dpa. »Wir sind alle wirklich traurig.« Er hat schon mehrere Leute von A nach B gebracht, die sich nicht auskannten oder nicht mobil waren – die meisten haben ihm dann doch ein paar Pfund als Dankeschön gegeben.
- Vor der Leistung der Sargträger kann man nur Respekt haben.
- Die königliche Entourage hat heute noch etwas vor sich: Nach der Beisetzung in der St George's Chapel gibt es am Abend eine weitere Beisetzung: Gemeinsam mit Prinz Philip wird die Queen in einer privaten Zeremonie in die kleine King George VI Memorial Chapel umgebettet. Dort liegen auch die Eltern von Queen Elizabeth, »Queen Mum« und König George VI.
- Der Sarg der Queen soll britischen Medienberichten zufolge zwischen rund 250 und 320 Kilogramm wiegen. Da braucht es auch die acht Sargträger, die unter Chorgesang mit der Queen auf ihren Schultern in die Kapelle einziehen. Zur Einordnung: Ich saß heute den ganzen Tag und bin dennoch kaputt.
- Eigentlich sollte der Aussegnungsgottesdienst um 17 Uhr beginnen, ganz pünktlich ist die Prozession also nicht. Aber: Für so ein Riesenereignis sind die Royals erstaunlich gut im Zeitplan. Gerade wird der Sarg die Stufen hoch in St George's Chapel getragen.
- Auf den Straßen Mayfairs macht sich eine ausgelassene Feiertagsstimmung breit, fast alle Geschäfte sind geschlossen. An die Gehwege muss sich heute keiner halten. Es riecht nach Zuckerwatte und Bratwurst, die an kleinen Buden verkauft werden. Über Victoria hört man Hubschrauber kreisen. Ihr lautes Schrappen erinnert daran, dass doch kein Weihnachten ist.
- Ich bin immer noch in London. Und hier wegzukommen, ist fast genauso schwer wie hin. Die nächsten U-Bahn-Stationen sind geschlossen, die übernächsten dramatisch überfüllt.
- Gerade zieht die Prozession mit dem Leichenwagen über den Long Walk, eine lange Allee, in Richtung von Schloss Windsor. Mit dabei sind königliche Gardesoldaten, weitere Militärangehörige und Würdenträger. Erneut warteten Tausende Menschen links und rechts der Straße, um der Queen die letzte Ehre zu erweisen.
- Für Deutschland hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zusammen mit seiner Frau Elke Büdenbender an der Trauerfeier teilgenommen. Und Steinmeier hofft, dass Charles III. Deutschland demnächst besucht. Charles habe ihm am Sonntag gesagt, er wolle sich bemühen, bald zu kommen, sagte Steinmeier im ZDF. »Als wir letzte Woche miteinander telefonierten und ich die Anteilnahme der Deutschen übermittelt habe nach dem Tod seiner Mutter, habe ich auf seine vielen Deutschlandbesuche hingewiesen und natürlich auch gesagt, dass wir ihn gerne auch in seiner neuen Funktion (...) in Deutschland sehen würden. Er hat gestern Abend, als wir uns beim Empfang trafen, sofort darauf Bezug genommen und gesagt, er werde sich bemühen zu kommen.« Charles sei schon 30 Mal in Deutschland gewesen, kenne das Land gut und spreche auch Deutsch.
- Wir haben die Relevanzstufe erreicht, in der US-Präsident Joe Biden – vorhin noch in Westminster Abbey mit Frau Jill – bereits wieder politische Statements gibt. Laut der Nachrichtenagentur AP ist er inzwischen aus London abgereist.
- An dieser Stelle verabschieden Arno und ich uns aus der Live-Berichterstattung zur Trauerfeier und übergeben den Staffelstab an unsere wunderbaren Kolleg:innen Katharina Koerth und Henrik Bahlmann.
- Ein Foto, mit dessen stiller Dramatik man eine ganze Staffel »The Crown« bestreiten könnte: Die neue Queen Camilla (ich vermute, auf den Zusatz »Consort« wird man früher oder später verzichten), rechts von ihr die neue Princess of Wales, Catherine, mit ihren Kindern George und Charlotte und links im Bild Meghan, Duchess of Sussex.
- Hundeflüsterin Anja Rützel informiert mich, dass die Queen tatsächlich sehr gut mit dem echten Pferdeflüsterer Monty Roberts bekannt war. So gut, dass sie ehrenhalber sogar einen Corgi nach ihm benannt hat. Es ist also was dran an der Pferdeflüsterei!
- Die Königin, höre ich gerade bei der BBC, wusste mehr als jeder andere Mensch auf der ganzen Welt über Pferde, sie ritt bis in ihre Neunziger und soll sogar pferdegeflüstert haben: »She did a lot for the industry of horses and ponies!«
- Immer mal wieder durchs Bild gehuscht sind heute übrigens auch ein Cousin der Queen, der Herzog von Gloucester (im Foto rechts neben William), und seine Frau. Sein Vater und der Vater von Queen Elizabeth waren Brüder. Diese wackeren engen Verwandten nahmen jedes Jahr zig Termine im Namen Elizabeths wahr, auch Charles dürfte weiterhin auf sie zählen.
- Die Menschen in London sind kreativ. Regenschirme werden für Fotos zweckentfremdet. Der wohl britischste aller Selfiesticks – und der wohl einzige Weg, aus der hinteren Reihe den Sarg der Queen zu sehen.
- Aber dann: Wieder begannen die Menschen erwartungsvoll ihre Handys in die Höhe zu recken, Kinder klettern auf die Schultern Eltern. Und wieder schien es, als würde nichts passieren. Plötzlich begannen die vorderen Reihen zu johlen, man sah den Sarg nicht, aber man hörte es. Aus der ersten Reihe flog eine gelbe Rose. Dann war es vorbei. Sofort löst sich die Menge auf. »Das war es?«, fragt Sarah, »darauf haben wir gewartet?«. Das war es.
- Auf die Queen zu warten, ist ein mühseliger Prozess voller Enttäuschungen. Vor Stunden ist der Tross losgefahren, immer wieder schien es, als käme nun etwas, dann war es nur ein Pferdetransporter, der vorbeirast. Ich stehe gegenüber dem Mandarin Oriental. Hier war es deutlich leerer, als auf den Straßen nahe Westminster Abbey. Die Menschen plaudern, Fremde schließen Freundschaft. Ich stand neben einer Ägypterin namens Sarah, die ein Auslandssemester in ihrer Promotion in London einlegt. Ich weiß schon ziemlich viel über sie. Worüber sie ihren Master geschrieben hat, wo sie wohnt und wie sehr sie sich einen Kaffee wünscht.
- Aus den Kommentaren: »Viel zu kurz in den ganzen Berichterstattungen und im Respekt kommt meiner Meinung nach Prinzessin Anne. Das eigentliche und im Grunde einzige Arbeitstier in der Familie. Was sie in den letzten 10 Tagen auch wieder für ein Programm abgeleistet hat, davor kann man nur den Hut ziehen«, und das stimmt. Ist sie überhaupt mal erwähnt worden?
- Und zur Symbolik dieser Bilder: Sie zeigen die Verbundenheit des Souveräns mit der Kirche und dem Militär des Landes. Deshalb gehört zu diesen Trauerfeierlichkeiten auch dazu, dass in der Kirche und am Wellington Arch die neue Nationalhymne gesungen und gespielt wird. The Queen is dead. Long live the King. Kontinuität ist alles.
- Bei der BBC fragen sie sich nun zum x-ten Mal, wie wohl die Queen ihre eigene Beerdigung gefunden hätte. Vermutlich wäre sie amused.
- Meine Kollegin Kristin Haug sagte gerade: Ihr hätte Respekt eingeflößt, wenn die Queen einfach verfügt hätte: Bitte nur eine Trauerfeier im kleinsten Kreis. Das Geld für ein großes Zeremoniell besser spenden, zum Beispiel an Kinder, die in der Flutkatastrophe in Pakistan alles verloren haben. Aber natürlich: So funktioniert eine Monarchie nicht. Sie braucht die Bilder des großen, gebührenden Pomps, um sich und der Nation die eigene Relevanz zu versichern. Anders ausgedrückt: Das Land und die Welt sollen sehen, dass sich hier Großes, Historisches vollzieht.
- Der Konvoi wird mit Rosen beworfen, das ist sehr hübsch.
- »Das Netz« könnte auch mal ergriffener sein.
- Man hat den Eindruck, als könne der Leichenzug in seinem gleichmäßigen, von der Musik getragenen Trott (76 Schläge pro Minute) noch für Kilometer weitermarschieren; doch jetzt erreicht die Prozession ihren Londoner Zielpunkt, den Wellington Arch am Hyde Park.
- Alle, die an der Gestaltung dieses Queen-Abschieds beteiligt waren, dürfen stolz sein. Das logistisch kniffligste Ereignis des Jahres – des Jahrzehnts? – und bislang keine Pannen. Stattdessen wahrhaft majestätische Bilder (und übrigens auch eine meisterliche musikalische Leistung).
- Trauer.
- Es ist schon merkwürdig, wie wir (Menschheit) mittlerweile großen Ereignissen folgen. Während sie passieren, sind wir gar nicht präsent im Moment – nur unsere Handys.
- Für Berlin wäre »Elizabethstraße« nett gewesen oder »Windsordamm«, aber nein ...
- Zwischendurch ein Blick ins Ausland: Die Pariser Metro hat heute eine Station auf der Prachtstraße Champs-Elysées umbenannt: Eigentlich trägt die Haltestelle den Namen »Georges V.«, nach dem Großvater der Queen. Am Montag waren aber Schilder mit der Aufschrift »Elizabeth II. 1926-2022« dort angebracht. »Wir teilen die Trauer an diesem Tag«, sagte eine Sprecherin des Verkehrsverbunds RATP. Von den insgesamt sechs Schildern sollten allerdings nur drei für einen Tag den Namen der Queen tragen – um die Passagiere nicht allzu sehr zu verwirren.
- Off with his head! (Keine Angst, Arno!)
- Dachte eigentlich, ich hätte sauber recherchiert und ausgewogen berichtet bis jetzt. Offenbar nervte ich aber einen Engländer: »Was für ein Idiot hat der Arno Frank ausgesucht, der den Live Ticker begleiten soll? Spiegel war bei mir nie so professionell aber was er da im Ticker sagt ist absolut unterirdisch und gar nicht angebracht. Er soll ein Bericht scheiben über seine Fantasien aber die andere Leute da in ruhe lassen. Bitte entlasse ihn fristlos. Und wer von euch erlaubt denn sowas? Seid ihr auch jetzt endlich auf BILD niveau? Echt jetzt. ein genervte Engländer.«
- Ihre Angestellten verneigen sich.
- Jetzt passiert die Prozession Buckingham Palace. Es ist unvorstellbar, dass die Queen nie wieder vom Balkon aus winken wird.
- Ehrensalut für die Queen im Hyde Park (das ist das, was du gehört hast, Muriel!).
- Hier am Hyde Park hört man Kanonen knallen, aus einer anderen Richtung tönt Marschmusik. Kurz bevor die Prozession uns erreicht, rennen Menschen aus der Richtung des Public Viewings auf uns zu. Sie bringen ihre Smartphones in Stellung. Ein letztes Selfie mit dem Sarg der Queen.
- Charles machte ja übrigens Negativschlagzeilen, als kurz vor seiner Proklamation zum König durch einen Bericht im »Guardian« bekannt wurde, dass wohl Dutzende Angestellte seiner bisherigen Residenz Clarence Haus ihre Jobs verlieren werden.
- Mir hingegen geht die ganze Zeit der »Imperial March« aus »Star Wars« durch den Kopf. Gleicher Takt.
- Die Prozession bringt den Sarg zum Wellington Arch. Der Weg führt vom Parlament über die Straße White Hall und den Exerzierplatz Horse Guards Parade auf die Prachtstraße The Mall und am Buckingham-Palast sowie dem Green Park vorbei. Auch hier folgen wieder die Royals dem Sarg in derselben Reihenfolge zu Fuß. Per Auto fahren Königsgemahlin Camilla, Prinzessin Catherine, Herzogin Meghan und Gräfin Sophie, die Frau Prinz Edwards. Während der gesamten Prozession schlägt Big Ben, im Hyde Park werden Salutschüsse abgefeuert. Um 14 Uhr trifft der Sarg laut Plan am Wellington Arch ein. Wie der Tag weitergeht, lesen Sie hier.
- Dem Zug voran reiten Verbände der »königlichen kanadischen berittenen Polizei« – denn die britischen Monarchen sind bekanntlich auch die Staatsoberhäupter Kanadas. Noch. Wobei die Kanadier bei Weitem nicht solche republikanischen Loslösungsgelüste zeigen wie zum Beispiel die Australier.
- Erneut umgeben Marinesoldaten und Angehörige der Household Cavalry die Lafette mit dem Sarg. Auf dem Gefährt wurde vor 121 Jahren auch der Sarg von Queen Victoria durch London geführt – wie auch der von Elizabeths Vater, George VI., vor 70 Jahren.
- Stimmt. Und sehe ich das richtig, dass der Sarg des »Sturmgeschützes der Monarchie«, wie die Queen auch genannt wurde (von mir), jetzt wirklich auf einer Lafette durch die Gegend gekarrt wird, mit der früher Kanonen in die Schlacht gezogen wurden? How symbolic is that?
- Ein Bild für die Geschichtsbücher.
- Ich verkneife mir an dieser Stelle, wieder aus Pietät und Respekt vor der trauernden Welt, einen wunderbaren kleinen Reinkarnations-Gag ...
- Diesen Part soll sich die Queen besonders gewünscht haben: Die immer wehmütig stimmenden Klänge eines Dudelsacks ziehen durch die Kathedrale. Major Paul Burns spielt das traditionelle Klagelied »Sleep, Dearie, Sleep«, bevor der Sarg nun aus der Westminster Abbey gebracht wird.
- Jetzt weint auch die Feministin in mir.
- Erstmals seit 70 Jahren hört man in der Westminster Abbey aus Hunderten Kehlen wieder "God save the King".
- Kann es eigentlich sein, dass die anglikanische Kirche extrem, also wirklich EXTREM gesangsfreudig ist? Das nimmt ja gar kein Ende mehr. Hallelujah!
- Das sehen offenbar auch die Menschen im Hyde Park so, liebe Pat. Das Einzige, was man noch hört, ist das Rascheln des Laubs, während sich Menschen in Richtung der Prozessionsroute bewegen. Als das Horn wieder ertönt, brandet Applaus auf.
- Schweigen. Vielleicht der größte Luxus, mit dem das Land seine Queen würdigt. Einfach mal: Ruhe.
- Der ranghöchste Geistliche in der anglikanischen Kirche, der Erzbischof von Canterbury, betet für die Queen, »unsere verschiedene Schwester«, »in der sicheren Hoffnung auf Auferstehung und das ewige Leben«.
- Vielleicht ein irischer Musiker, das wäre doch ein nettes Zeichen.
- Was? Ohne Elton John kann das nicht über die Bühne gehen!
- Falls jemand auf den Auftritt eines alternden Popstars wartet, der zu einem umgedichteten Boyband-Song in die Tasten haut – etwa »Never forget«… won't happen. (Herzliche Grüße an dieser Stelle an Anja Rützel!)
- Fasten - wann, wenn nicht jetzt?
- Im Hyde Park blättert eine Frau in ihrem Buch, offenbar auf der Suche nach dem Lied, das der Chor in der Abbey gerade angestimmt hat. Einige Menschen packen zur Mittagszeit ihre Snacks aus, andere haben sich Kaffee in Thermobechern mitgebracht. Hungert ihr bis zum Ende der Trauerfeier oder wie werdet ihr versorgt, Pat und Arno?
- Vorhin habe ich mich über diesen monströsen Rolls-Royce aufgeregt, das Modell heißt Cullinan, wie übrigens der andere Spitzendiamant in ihrem Zepter, 1905 aus Südafrika gestohlen … hüstel, Quatsch: der »Königin von den Kolonialbehörden geschenkt« worden ist.
- Die Queen war über Jahre intensiv in die Planung der Trauerfeierlichkeiten involviert: Blumenschmuck, Gebete, Psalme, Hymnen. Da sie als Königin auch Oberhaupt der anglikanischen Kirche war, ist dieser Gottesdienst das zentrale Ritual des langen Abschieds. Spannend ist die Frage, ob der neue König Charles sich, wie vor Jahren angekündigt, als »Defender of Faith« versteht, also aller Glaubensrichtungen (im Gegensatz zu »Defender of THE Faith«)?
- Beim schillerndsten Diamanten in der Krone dort auf dem Sarg, dem Koh-i-Noor, muss ich auch immer, ich weiß nicht warum, an die Britische Ostindien-Kompanie denken.
- Erinnere mich gerade an die »Würde und Zurückgenommenheit«, mit der die Queen 2004 angefragt hat, ob der Staat ihr bei der Strom- und Heizkostenrechnung für ihre Paläste aushelfen könnte. Aus einem Topf, wohlgemerkt, der für Hospitäler, Schulen und arme Familien vorgesehen war.
- Nach diesen getragenen Posts von mir vermisst ein Kollege im Newsroom den »republikanischen Zunder« im Liveblog. Dein Stichwort, Arno.
- »Hier, wo Queen Elizabeth heiratete und gekrönt wurde, haben wir uns aus dem ganzen Land und dem Commonwealth und allen Ländern der Welt versammelt, um unseren Verlust zu betrauern und ihrem langen, selbstlosen Leben im Dienst zu gedenken (...)«, sagte der Dekan von Westminster, David Hoyle, zu Beginn des Gottesdienstes in der Westminster Abbey.
- Eines macht der heutige Tag auf jeden Fall deutlich: Welche enorme Bürde es für jede und jeden bedeutet, den Thron zu besteigen. Was die Briten in diesen Tagen so nostalgisch feiern, ist die Würde und Zurückgenommenheit, mit der Elizabeth II. ihre Rolle ausfüllte.
- Zwei künftige Könige: William und sein Sohn George. Es sei denn, George entscheidet irgendwann, dass er keine Lust auf den Top-Job hat, dann wäre die Reihe an seiner Schwester Charlotte. Aber solchen Gedanken sind an einem Tag wie heute beinah ketzerisch. In der Westminster Abbey wird nicht nur einer Jahrhundert-Queen gedacht, sondern mit jahrhundertealten Ritualen die Kontinuität der Monarchie zelebriert.
- William und Harry, dahinter der älteste Enkelsohn der Queen, Peter Phillips.
- Während in Westminster Abbey die exklusive Trauerfeier abgehalten wird, lauschen die Menschen im Hyde Park dem Hall der Videoübertragung.
- Andrew wird der Verlust seiner Mutter besonders hart treffen: Sie war bis zum Ende seine Beschützerin in der Familie, moralisch, finanziell. Charles sieht seinen Bruder deutlich kritischer und versucht ihn seit Jahren aus der Windsor-Firma zu verdrängen. Und so endete Andrews offizielle Trauerbotschaft anders als bei den anderen Familienmitgliedern nicht mit einer warmen persönlichen Note zu Charles, sondern mit einem knappen "God save the King". Die TV-Bilder zeigen Andrew aufgewühlt und sichtlich bewegt.
- Anders als bei der Totenwache am Sarg ihrer Mutter und Großmutter sind die Bad Boys des Windsor Clans, Harry und Andrew, heute wieder in Zivil gekleidet. Andrew waren wegen seiner Verstrickung in den Epstein-Skandal alle militärischen Ränge entzogen worden. Harry, der als Soldat zwei Einsätze in Afghanistan bestritt, musste die Verbindungen zu seinen Regimentern aufgeben, als er in die USA auswanderte.
- Der Sarg ist übrigens mit Blei ausgeschlagen und soll irrsinnig schwer sein. Gut, dass die Stufen nicht regenfeucht sind ...
- Durch den Hyde Park hallen die Chöre, überall sind Lautsprecher aufgebaut. Es ist alles sehr sakral und dystopisch.
- Während der Sarg in die Abbey getragen wird, hören wir aus den "Burial Sentences" von William Croft "Ich bin die Auferstehung und das Leben".
- Ich sehe das nicht ganz so und behalte meine Meinung pietätvoll für mich. Sitze aber auch nicht im SPIEGEL-Newsroom (eher im entfernten Commonwealth, sozusagen).
- Das sehen offenbar auch die Menschen im Hyde Park so. Als die Dudelsackmusik ertönt, beginnen die Menschen zu rennen, um schnellstmöglich noch einen Bildschirm zu erreichen.
- Hier im SPIEGEL-Newsroom ist die Meinung einhellig: Das sind die Gänsehaut-Momente, die der britischen Monarchie bis heute eine Sonderstellung verschaffen. Londons Prachtstraßen, durch die unter den getragenen Klängen der Dudelsäcke der Sarg mit der Monarchin von den Militärverbänden begleitet wird.
- Die Lafette wird von Dutzenden Marinesoldaten gezogen. Hinter der Lafette schreiten weitere Soldaten, die den Wagen per Seilzug wieder anhalten können.
- Der Sarg der Königin wird von der "Bearer Party", den acht Trägern, auf die Lafette gesetzt, die sich nun in Richting Westminster Abbey in Bewegung setzt.
- Ich wäre ja froh, wenn ich es überhaupt in den Hyde Park schaffen würde. Dort heißt es nämlich: »No Access to Hyde Park Screens«. Selbst das Public Viewing ist inzwischen überlaufen. Ich versuche es mit meinem Presseausweis, die Menschenflut hingegen schwappt in Richtung einer weiteren Leinwand – wenn da denn dann noch Platz ist.
- Schau doch mal, Muriel, ob Du über dem Hyde Park einen Wüstenbussard erkennst. Er heißt Rufus und soll dafür sorgen, dass die Anzahl der Tauben rund um die Abtei nicht überhand nimmt. Der 15-jährige Vogel ist bereits seit vielen Jahren aktiv. Toller Job für einen Greifvogel.
- Ist der Tod der Matriarchin eine Chance, die Familienstreitigkeiten zu überwinden? Oder nur das letzte Großereignis auf lange Zeit, zu dem die Windsors noch einmal zusammenkommen?
- Man sieht die ja nicht täglich, deshalb kann ich mir die Frage nicht verkneifen: Seit wann baut Rolls-Royce eigentlich so entsetzlich hässliche Automobile?
- Im Hyde Park haben sich bereits Hunderte Menschen vor den Bildschirmen versammelt. Sieht voll aus.
- Einen Spalier, befürchte ich, bekomme ich auf meinem Weg zum Hyde Park nicht. Dort gibt es ein Public Viewing der Trauerfeier.
- Applaus auf den Straßen, wo Hunderttausende Briten Spalier stehen.
- Auf dem Wagen weht der "Royal Standard", die Fahne des Monarchen.
- Der König kommt. Die Limousine mit King Charles III. und seinen Söhnen ist auf der Mall unterwegs Richtung Westminster Abbey.
- Rückblick: Einen Platz in der Geschichte ist Liz Truss allein deshalb sicher, dass sie die 15. und letzte Regierungschef:in war, die von Elizabeth II ins Amt eingeführt wurde. Zwei Tage später starb die Monarchin auf Balmoral.
- Bitter für Boris Johnson (hier mit Ehefrau Carrie): Er nimmt fast unter ferner liefen teil, in die erste Reihe der Trauergemeinde gehört nun seine Nachfolgerin Liz Truss.
- Auch interessant: Weder David Cameron noch Theresa May würdigten Boris Johnson eines Blickes.
- Habt ihr gesehen, wie Emmanuel Macron gerade gelangweilt durch das Gottesdienstprogramm geblättert hat? Wann's denn endlich losgeht und wie lange es dann dauert? Wer das nicht kennt, war niemals in einer Kirche.
- Unter all den prominenten Staatsgästen sind sie wohl die prominentesten: US-Präsident Joe Biden und Ehefrau Jill. Die neue britische Premierministerin Liz Truss kann am Rande der Feierlichkeiten viele Gespräche mit Regierungschefs führen, ohne um die Welt zu jetten zu müssen.
- Ich würde ein Fähnchen nehmen, Muriel! Was ist denn da gerade der Wechselkurs? Und wo wir gerade davon reden, ist denn auch deutsche Verwandtschaft eingeladen? Max von Baden? Ernst August Prinz von Hannover Herzog zu Braunschweig und Lüneburg Königlicher Prinz von Großbritannien und Irland?
- Besser: Briefmarken, mit der Queen drauf.
- Wirklich nicht, Pat? Also soll ich dir kein Fähnchen mitbringen? »One flag one pound!«
- Ziel dieses Liveblogs ist es ja, Arno Frank zum Royalisten zu machen... (Nein, natürlich nicht. Ich bin schließlich auch keine, nur glaubt mir's niemand...)
- Faszinierend finde ich, dass Westminster Abbey seit 1269 dort herumsteht und im Grunde schon immer Bühne solcher royalen Ereignisse war. Hochzeiten, Taufen, Todesfälle.
- Ok, soo alt bin selbst ich nicht, dass ich die Hochzeit von Elizabeth und Philip (auch in Westminster Abbey) hätte gucken können...
- Full disclosure: Ich habe alle großen Windsor-Feierlichkeiten der letzten Jahrzehnte live verfolgt ("Wissen Sie noch, wo Sie waren, als Diana "ja" sagte zu Charles?"), die meisten wurden in der Westminster Abbey zelebriert, die so etwas wie die Schicksal-Kathedrale der Windsors ist. Dass Charles und Diana in St.Paul's heirateten, sei ein schlechtes Omen gewesen, hieß es hinterher.
- Es wäre vermutlich safe to say, dass in Friedeszeiten selten jemand so umfassende Bekanntschaft mit den Regimentern der britischen Armee gemacht haben dürfte.
- Apropos Musik: Hier eine der vielen Militärkapellen, die diesen Tag mitgestalten. London, Großbritannien und klar, wir alle, werden nach dem heutigen Tag mit allen Regimentern der britischen Armee bestens vertraut sein. Die Verbindung zwischen den britischen Monarchen und ihren Streitkräften wird bei Ereignissen wie diesen immer besonders hervorgehoben, ein Verweis auf die frühere Macht der Krone.
- Ein Fest für Freundinnen der Sackpfeife, wie die Königin und ihre Mutter selbst welche waren. Vielleicht das schottischste Geräusch überhaupt.
- Nicht nur Menschen, auch Tiere haben sich schick gemacht:
- Das Netz funktioniert (noch)!
- Wie man gerüchteweise hört, geht das Internet in London jetzt schon stellenweise in die Knie. Stimmt das?
- Tausende sind in Richtung der Prozession geströmt; ein wenig fühlte es sich in London an, als hätte man in ein großes menschliches Bienennest gestochen. Glücklich sind die, die einen Sitzplatz bekommen haben. Wann sie dafür aufstehen mussten, ist eine andere Frage.
- 1952 machte sie ihre erste Reise, nach Kenia, 2015 ihre letzte Reise, nach Malta. Dazwischen liegen eine Million Meilen und 115 besuchte Länder, mostly Commonwealth, und deren Staatsoberhäupter begleiten die Queen heute auf ihrer letzten Reise.
- Das Kirchenschiff von Londons berühmtester Kathedrale Westminster Abbey. Hier hat Queen Elizabeth II. 1947 geheiratet, hier wurde sie 1953 zur Königin gekrönt – hier wird nun im Beisein von Hunderten Staatsgästen Abschied genommen und ihr Leben gefeiert. Die Tenorglocke in den Türmen fängt nun an zu schlagen. 96 Mal, für jedes Lebensjahr ein Ton.
- Hallo auch aus London, die Straßen hier sind voll, die Behörden haben mitgeteilt, dass die Orte, an denen Besucher den Trauerzug verfolgen können, voll sind. »Good Morning. Please be considerate with the use of chairs and make space for other people mourning«, hallt eine Lautsprecherstimme durch die Straßen.
Liebe Leserinnen, liebe Leser – willkommen in unserem Liveblog zu den Beisetzungsfeierlichkeiten für Queen Elizabeth II. Nach zwölf Tagen weltweiter Trauer endet die Würdigung dieses außergewöhnlichen Lebens heute mit der Beisetzung der Toten in Windsor, vorher kommen fast alle wichtigen Staatsoberhäupter und Regierungschefs der Welt in der Westminister Abbey zum Gedenkgottesdienst zusammen. Was wir sehen und hören, wie die Bilder dieses – schon jetzt ziemlich überwältigenden Tages – einzuordnen sind, das analysieren wir hier im Liveblog.
Mit Agenturmaterial