Dieser Beitrag wurde am 06.06.2016 auf bento.de veröffentlicht.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ist so richtig sauer: Vier Tage nach der Armenien-Resolution des Bundestags hat er Deutschland erneut scharf kritisiert. Auf der Veranstaltung einer Privatuniversität in Istanbul sagte er, Deutschland sei "das letzte Land", das über einen "sogenannten Völkermord" der Türkei abstimmen solle ("Die Welt"). Türkischstämmigen Abgeordneten im Bundestag empfahl er einen "Bluttest".
Was war passiert?
Am Donnerstag hatte der Bundestag mit großer Mehrheit eine Resolution angenommen, die das Massaker des Osmanischen Reiches an den Armeniern von vor Hundert Jahren als Völkermord einstuft (bento). Die Türkei – der Nachfolger des Osmanischen Reiches – verneint aber die Begrifflichkeit "Völkermord" und fühlt sich nun unter Druck gesetzt. Zunächst solle Deutschland Rechenschaft über seine eigenen Vergehen ablegen, empfahl Erdogan.
Erdogan sagte konkret:
"Ey Deutschland, ich sage es noch mal: Leg erst mal Rechenschaft ab für den Holocaust, leg erst mal Rechenschaft darüber ab, wie du in Namibia 100.000 Menschen umgebracht hast. Ihr seid das letzte Land, das die Türkei mit dem sogenannten Völkermord an den Armeniern beschuldigen kann."
Auch die elf türkischstämmigen Bundestagsabgeordneten, die für die Resolution gestimmt hatten, ging Erdogan an, darunter den Grünenchef Cem Özdemir. Er unterstellt ihnen, keine Türken zu sein und bezeichnet sie als Terroristen. Ohne einen konkreten Abgeordneten zu nennen, sagte Erdogan:
"Da kommt ein Besserwisser und bereitet etwas vor, das er dem deutschen Parlament vorschlägt. Ein Türke, sagen manche. Ach was, Türke. Ihr Blut sollte einem Labortest unterzogen werden."
Die Resolution sorgt schon seit Tagen für diplomatische Verstimmungen zwischen Deutschland und der Türkei. Türkische Medien und Politiker skizzieren das Bild einer Verschwörung hinter der Völkermord-Diskussion, der türkische Botschafter wurde aus Berlin zurückgezogen (SPIEGEL ONLINE). Deutschland geht jedoch davon aus, dass die Beziehungen insgesamt freundlich bleiben werden – und sich die Wut am Bosporus bald legen wird.