Extremismus Berliner Justizsenatorin geht gegen inhaftierte Richterin vor

Birgit Malsack-Winkemann am 13. Oktober 2022 im Saal des Verwaltungsgerichts Berlin: Damals scheiterte die Berliner Justizsenatorin mit dem Versuch, der Ex-AfD-Abgeordneten die Rückkehr in den Richter-Dienst zu verwehren
Foto:Wolfgang Kumm / dpa
Berlins Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) setzt darauf, die nach einer Razzia in der »Reichsbürger«-Szene inhaftierte Richterin Birgit Malsack-Winkemann dauerhaft in den Ruhestand versetzen zu können. »Meine Hoffnungen sind groß, da eine neue Sachlage eingetreten ist«, so Kreck.
Die Senatorin hat Berufung beim Dienstgerichtshof am Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingereicht, nachdem im Oktober der Versuch, die frühere AfD-Bundestagsabgeordnete vorzeitig in den Ruhestand zu schicken, erfolglos geblieben war.
Nach dem Bundestag hatte die 58-Jährige als Zivilrichterin am Berliner Landgericht gearbeitet, zuletzt in einer für Bausachen zuständigen Kammer. »Eine Richterin, der es an Verfassungstreue mangelt, kann kein Recht sprechen«, erklärt Kreck.
Sie will auch erreichen, dass das Ruhegehalt gestrichen wird. Nach der Verhaftung schied die Richterin durch eine Eilverfügung des Berliner Landgerichtspräsidenten aus der Kammer aus.
Im früheren Urteil des erstinstanzlichen Richterdienstgerichts vom Oktober dieses Jahres hieß es mit Verweis auf frühere flüchtlingsfeindliche Äußerungen Malsack-Winkemanns in sozialen Netzwerken, »allein aufgrund der in diesen Tweets hervortretenden xenophoben Haltung« könne »jedenfalls nicht schon auf eine verfassungsfeindliche Einstellung« geschlossen werden, welche sie »in ihrem richterlichen Amt als untragbar erscheinen ließe«.
Zum damaligen Zeitpunkt lagen der Justizsenatorin ihren Angaben zufolge noch keine Erkenntnisse darüber vor, dass Malsack-Winkemann mit der »Reichsbürger«-Szene verbunden sein könnte. »Nein, aber es war erkennbar, dass die Äußerungen der Richterin in das Milieu der Reichsbürger und Reichsbürgerinnen anschlussfähig sind«, sagte Kreck jetzt dem SPIEGEL.
Reaktion der AfD
Die AfD versucht derweil, den Fall Malsack-Winkemann kleinzureden – obwohl diese bis zur Festnahme für die AfD tätig war, als Beisitzerin im Bundesschiedsgericht. Also in jenem Gremium, das unter anderem über Ausschlüsse wegen parteischädigenden Verhaltens entscheidet, etwa wegen Kontakten von AfD-Mitgliedern zu Neonazis. Am Morgen der bundesweiten Razzia der Sicherheitsbehörden gegen mutmaßliche Mitglieder der »Reichsbürger«-Szene- den 7. Dezember - verschwand der Name Malsack-Winkemann von der Website der AfD, die alle Mitglieder des Gremiums aufführt.
Ansonsten erklärte die AfD-Spitze jüngst lediglich, den Fall prüfen zu wollen. Ein Ordnungsverfahren würde man nur einleiten, sollten sich die Verdachtsmomente erhärten.
Um den Fall so weit wie möglich von der AfD wegzuhalten, veralbern einige auch Malsack-Winkemann. In der Fraktion habe sie den Spottnamen »Frau Mahlzahn« bekommen, heißt es, weil sie dem weiblichen Drachen aus dem Kinderbuch »Jim Knopf und die wilde 13« ähnlich sehe. Eine »skurrile, schrullige Irre« sei die Ex-Kollegin gewesen, die gern Tarot-Karten gelegt habe.
Dabei hat die AfD-Bundestagsfraktion Malsack-Winkemann vor vier Jahren noch für das Vertrauensgremium des Bundestags nominiert – ausgerechnet jenes Gremium, das die geheimen Wirtschaftspläne der bundesdeutschen Nachrichtendienste billigt.
Der heutige FDP-Fraktionschef Christian Dürr, damals Haushaltspolitiker, erlebte die AfD-Politikerin einst aus der Nähe. »Meinem Eindruck nach war sie in der AfD-Fraktion gut vernetzt und angesehen«, sagte er zum SPIEGEL. In mehreren Wahlgängen für das Gremium fiel die Juristin in der vergangenen Legislaturperiode durch.
»Ich möchte mir nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn Frau Malsack-Winkemann in dieses wichtige Vertrauensgremium gewählt worden wäre«, so Dürr. Er sei froh, dass das damals mit Hilfe der anderen Fraktionen verhindert worden sei. »Jedem, der diese Partei unterstützt, muss klar sein, dass es der AfD nicht um Deutschland geht. Es geht ihr darum, die parlamentarische Demokratie zu zerstören«, erklärte der FDP-Fraktionschef.