
Zusammenhalt in einem zerstörten Dorf an der Ahr »Hier wartet keiner auf Hilfe von außen«


Von der Flut größtenteils zerstörtes Dorf Mayschoß
Foto: Hubert Gude / DER SPIEGELIm Juli fuhr ich über eine holprige Piste durch einen Wald nach Mayschoß in der Eifel. Das war der einzige Weg hinunter in ein Dorf, von dem zum großen Teil nur Trümmer übrig geblieben waren. Ein paar Tage zuvor hatte das Hochwasser den rund 900 Bewohnern die Bundesstraße, die Bahngleise, den Strom und sogar das Trinkwasser geraubt. Fünf Menschen ertranken in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli. Kaum ein Haus an der Ahr war heil geblieben. Der Anblick war deprimierend.
Als ich in Gummistiefeln durch die schlammbedeckten Straßen stapfte, wunderte ich mich bald über diese Mayschoßer. Ich hörte kaum Wehklagen. Leute, deren Häuser heil geblieben waren, kamen mit Schaufeln. Die Winzer brachten Traktoren und Stromgeneratoren. Alle packten an. »Wie geht de Mam?«, fragte ein Nachbar einen Mann, dessen betagte Mutter nach der Katastrophe ins Krankenhaus musste. »Hier wartet keiner auf Hilfe von außen«, sagte eine Frau, die in der Kirche eine Notfallapotheke aufgebaut hatte. »Wir Mayschoßer sind für unseren Zusammenhalt bekannt.«
Abends saßen die Leute aus dem Dorf, von der Freiwilligen Feuerwehr und die Winzer auf der Straße bei einem Bier zusammen. Diese Dorfgemeinschaft hat mich beeindruckt und auch ein wenig beschämt. Ich habe eine tolle Familie und enge Freunde. Aber als leidenschaftlicher Großstädter mag ich es auch, in die Anonymität der Masse einzutauchen. Bei allem Mitgefühl wegen der Zerstörung, die das Hochwasser bei ihnen angerichtet hat, habe ich die Menschen in diesem Ort an der Ahr insgeheim beneidet. Für eine Verbundenheit, die keine Flut ihnen nehmen kann.