Klüger werden mit: Rüdiger Liedtke
SPIEGEL: Im Reisebüro locken Dutzende bunter Kataloge - und Sie sagen in Ihrem Buch »Das Urlaubs-Kartell«, dass der Kunde kaum noch Wahlmöglichkeiten hat.
Liedtke: Egal, mit wem ich verreise, es steckt fast immer einer der drei Reise-Riesen dahinter: TUI, Thomas Cook oder Rewe. Die sehen den Urlauber zunehmend als statistische Größe, die sie nach Bedarf steuern können. Oft erfährt man erst kurz vorm Abflug, wann es losgeht, und auch das gebuchte Hotel ist längst keine Garantie mehr. Und nach einem Anschlag, wie auf Djerba beispielsweise, werden die Touristenströme generalstabsmäßig umgeleitet, und zwar nur an Orte, die sich für den Konzern rechnen.
SPIEGEL: Wieso sollte das Urlauber stören, die doch oft nur ihr eigenes Wohnzimmer in den Süden verlegen wollen?
Liedtke: Weil sie beim konzerngesteuerten Pauschaltourismus immer weniger Einfluss darauf haben, was in ihrem Urlaub geschieht. Egal ob der Kunde Family-, Club- oder Aktiv-Urlaub bucht: Überall gibt es Action, überall passiert fast dasselbe. Bis vor kurzem war der Pauschalurlaub weitaus individueller. Wer beispielsweise ein so genanntes Flair-Hotel gebucht hatte, konnte sicher sein, dass er nicht dem Animationswahnsinn unterliegt. Jetzt gibt es auch dort Animateure. Und die letzten wirklich ruhigen Ziele sind nur für Leute ohne Kinder da.
SPIEGEL: Stimmt denn der Preis?
Liedtke: Kurzfristig profitieren die Kunden von der Machtballung. Mittelfristig wird es eine stillschweigende Übereinkunft der Konzerne geben: Sie werden insgesamt die Preise anheben, einfrieren und nicht mehr unter dieses Limit gehen. Kartelle haben ihren Preis - und der Kunde wird sich fügen müssen.