
Kistenbau: Fiasko im Bastelschuppen
Kindergeburtstag, Programmpunkt Schatzsuche: Da darf eine Holzkiste nicht fehlen. Der Heimwerker träumt von einem filmreifen Seeräubermodell - und muss froh sein, am Ende eine Aktenablage erschaffen zu haben.
Sollten Sie neulich am Abend ein paar Flüche gehört haben, ergänzt durch das Geräusch von Hammerschlägen auf Holz, gefolgt von weiteren Flüchen: Entschuldigen Sie die Störung, gut möglich, dass ich der Wüterich war.
Ich stand, vor Frust bebend, im Bastelschuppen, in der Hand den Hammer, vor mir auf dem Boden die Trümmer einer Holzkiste, die das Schmuckstück des anstehenden Kindergeburtstages hätte sein sollen, Endpunkt der geplanten Schatzsuche.
Die Schatzkarte war auf alt getrimmt, der Weg zum Ziel genau ausgesucht. Da sollte auch die Holztruhe was hermachen. Vor meinem geistigen Auge hatte ich schon lange ein Exemplar, das mit ein wenig Farbe auch in "Fluch der Karibik" nicht fehl am Platz gewesen wäre.
Entsprechend selbstbewusst ging ich ans Werk. Schließlich habe ich im Kistenbau schon Erfahrung, und das vorige Projekt ähnlicher Dimension war ziemlich gut gelaufen. Mir schwebte eine Kiste mit sorgfältig verleimten Seiten und einem hübsch in Nuten eingelassenen Boden vor. Und vor allem mit einem gewölbten Deckel. Damit hatte ich noch keine Erfahrung, was sich als verheerend erweisen sollte.

Kistenbau: Fiasko im Bastelschuppen
Meine Idee war, die Kiste zunächst komplett geschlossen zu bauen: Seitenteile und Boden zusammenfügen, Deckel drauf. Dann erst wollte ich den oberen, gewölbten Teil absägen, um sicherzustellen, dass Unterteil und Deckel genau zueinander passen. Scharniere und Schloss dran, fertig.
Mit ein paar Reststücken Sperrholz und eigens gekauften besonders biegsamem Modellbauholz für den Deckel ging ich ans Werk. Das Zusägen der Seitenteile und des Bodens, das Aussägen der Wölbungen, das Fräsen der Nuten für den Boden, sein Einbau und das Verleimen der vier Seiten ging quasi problemlos.
Dann kam der Deckel.
Die Wölbung, die ich gewählt hatte, war rückblickend wohl ein bisschen zu sehr ausgeprägt für mein doch nicht ganz so flexibles Sperrholz. Erst wollte ich schrauben, aber das erwies sich als wenig praktikabel. Dann eben nageln, dachte ich und versuchte, mir die Sache schönzureden. Da sieht die Kiste doch gleich viel rustikaler aus - dank Nägeln kommt der Seeräuberlook frei Haus.
Ich hätte ahnen können, dass die Sache mit den Nägeln kein gutes Ende nimmt. Mit jedem Nagel wuchs die Spannung, unter der das Deckelholz stand. Und die ständigen Erschütterungen durch die Hammerschläge taten offenbar auch dem Rest der Kiste nicht gut. Als ich eine Seite des Deckels mit Müh und Not fertig angenagelt hatte, sah ich die nahende Katastrophe: Die Kiste begann auseinanderzufallen.
Ich unternahm noch ein paar halbgare Rettungsversuche, aber in mir wuchsen schon Verzweiflung und Frust. Bald war klar: Da ist nichts mehr zu machen. Das war die Zeit, in dem Sie die Flüche und Hammerschläge gehört haben könnten.

Benjamin Schulz:
Gesägt, getan
Eine Anleitung zum Heimwerkerglück.
Ullstein Taschenbuch;
240 Seiten; 10,00 Euro
Mit dem größten Hammer in Reichweite zerschlug ich die kümmerlichen Reste meiner Schatzkiste. Rückblickend kann ich froh sein, dass Spaltaxt und Vorschlaghammer gerade nicht griffbereit waren, sonst hätten Bastelschuppeneinrichtung und womöglich auch ich größeren Schaden genommen.
Besonders bitter war, dass ich das Holz nicht einmal wiederverwenden konnte. Entweder waren die Teile durch die Hammerschläge komplett zerstört, oder in ihnen waren so viele Nägel, dass ich keinerlei Lust hatte, alle davon mühsam zu entfernen. Selbst wenn ich es getan hätte: Das Holz war von den Nägeln so durchlöchert, dass es zu nichts mehr zu gebrauchen gewesen wäre.
Als die größte Wut verschwunden war, wurde mir klar, dass ich nicht nur vor den Trümmern meiner Arbeit, sondern plötzlich auch akut unter Zeitdruck stand. Sollte der Schatz beim Kindergeburtstag nicht in einem Müllsack verstaut werden, musste innerhalb von 24 Stunden eine neue Kiste her.
Die habe ich dann tatsächlich noch gebaut. Quaderförmig, schnöde verschraubt, keine Nuten, flacher Deckel. Keine Farbe. Wie eine Ablage, in der ein Buchhalter Akten verstaut.
Ursprünglich hatte ich gedacht, nach dem Geburtstag könnten die Kinder mit der Kiste spielen. Diesen Plan verwarf ich. Eine Buchhalterkiste bei Piraten- oder Ritterspielen halte ich aus erzieherischer Sicht für unzumutbar. Jetzt benutze ich das Ding, um Verschnittreste aufzubewahren.
P.S. Den Kindern war selbstverständlich komplett schnuppe, ob die Kiste einen ebenen oder gewölbten Deckel hat. Aber Perfektionismus bei Kindergeburtstagen ist ein anderes Thema.