
Fährunglück vor Ostafrika: Tod im indischen Ozean
Schiffskatastrophe Mehr als 190 Tote bei Fährunglück vor Sansibar
Hamburg/Daressalam - Vor der Küste Tansanias hat sich ein schweres Fährunglück ereignet und sehr viele Menschenleben gefordert. Das Schiff war zwischen zwei Inseln des Teilstaats Sansibar verunglückt.
Bis zum Abend wurden nach Polizeiangaben 192 Leichen geborgen, weitere könnten sich in den Frachträumen befinden, sagten Rettungskräfte. Die meisten Toten seien Frauen und Kinder, sagte der Direktor für Katastrophenmanagement des tansanischen Rote Kreuzes, Joseph Kimaryo. Wegen unzureichender Ausrüstung kam die Rettung zunächst nur langsam voran.
Mehr als 570 weitere Insassen konnten lebend aus der tückischen Seepassage zwischen der Insel Pemba und dem tansanischen Festland gerettet werden, wie der Präsident von Sansibar, Ali Mohammed Shein, mitteilte. Überlebenden zufolge war die "Spice Islanders" für etwa 600 Menschen ausgelegt, hatte aber womöglich Hunderte Passagiere mehr als erlaubt an Bord.
Die Behörden richteten im Hafen von Stone Town, dem alten Teil der Hauptstadt Sansibar, ein Erste-Hilfe-Zentrum ein. Unter den dorthin gebrachten Überlebenden und Toten sollen sich keine Ausländer befunden haben. Die malerischen Inseln Sansibars mit ihren weißen Sandstränden erzielen ihre Haupteinkünfte aus dem Tourismus. Unter den Einheimischen waren zahlreiche Familien, die von ihrem Urlaub zum Ende des Ramadan auf der Hauptinsel Unguja nach Hause auf die rund 80 Kilometer entfernte Insel Pemba fahren wollten.
"Es war furchtbar, die Menschen schrien und kreischten in der Dunkelheit", berichtete die sieben Jahre alte Überlebende Aisha Mohammed. "Ich kann meine Mami nicht finden, ich habe sie im Wasser verloren", sagte sie verzweifelt, nachdem sie aus dem Meer gezogen worden war.
Fähre war hoffnungslos überladen - Wulff kondoliert
Nach Angaben der Hafenbehörden kenterte die Fähre vier Stunden nach ihrer Abfahrt von der Hauptinsel Sansibars, Unguja, auf dem Weg zur Insel Pemba. Das Eiland liegt rund 40 Kilometer vor der afrikanischen Küste. Das Schiff soll den Hafen am Samstagabend verlassen haben und sank um etwa 1 Uhr nachts Ortszeit (23 Uhr MESZ).
Wie viele Menschen genau an Bord waren, ist unklar. Staatssekretär Gavu sagte, ihm sei mitgeteilt worden, dass deutlich mehr Passagiere an Bord gewesen seien als zugelassen. Außerdem habe das Schiff viel Reis und anderen Güter geladen gehabt. Mehrere Augenzeugen berichteten, die Fähre sei hoffnungslos überfüllt gewesen. Vor der Abfahrt hätten sich Passagiere geweigert, das völlig überfüllte Fährschiff zu besteigen. "Noch bevor die Fähre auslief, schrien wir dem Kapitän und den Leuten im Hafen zu, dass sie zu voll sei", sagte der Überlebende Said Amur, 50, der Nachrichtenagentur AFP. "Das war kein Unfall, Schuld haben diejenigen, die das Schiff nicht stoppten", sagte er. Die Mannschaft habe noch alle zu beruhigen versucht, als die ersten Passagiere bereits nach Rettungswesten riefen.
Besorgte Angehörige versammelten sich am frühen Samstagmorgen am Fährhafen von Sansibar und in Orten entlang der Küste. Bundespräsident Christian Wulff schickte seinem tansanischen Amtskollegen Jakaya Mrisho Kikwete am Samstagmittag ein Beileidstelegramm. "Ich möchte Ihnen und Ihrem Volk, auch im Namen meiner Landsleute, meine tiefempfundene Anteilnahme aussprechen", schrieb der Bundespräsident. "Bitte übermitteln Sie unser Beileid den Angehörigen der Opfer, denen in diesen Tagen unser Mitgefühl gilt und Genesungswünsche den Verletzten." Er hoffe, dass viele Menschen gerettet würden.