Handyvertrag nicht bekommen? Das könnte der Grund sein
Dieser Beitrag wurde am 29.11.2018 auf bento.de veröffentlicht.
Habt ihr mal das Kleingedruckte eures Handyvertrags gelesen? Oder die AGB des Onlinehändlers, bei dem ihr zuletzt bestellt habt? Die Chance ist groß, dass ihr dort der Weitergabe eurer Daten zugestimmt habt – an eine Wirtschaftsauskunftei.
Auskunfteien sind Unternehmen, die die Zahlungsmoral von Verbraucherinnen und Verbrauchern bewerten. Die bekannteste in Deutschland ist die Schufa. Wenn eure Bewertung bei der Schufa, der sogenannte Score, zu schlecht ist, kann es passieren, dass euch ein Internetanbieter oder ein Carsharing-Unternehmen als Kunde ablehnt. Oder dass ihr im Onlineshop nur per Vorkasse bezahlen könnt, nicht auf Rechnung. Oder dass euch eure Bank ein höheres Kreditkartenlimit verweigert.
In jungen Männern sieht die Schufa offenbar ein besonderes Risiko.
Das ist eines der Ergebnisse einer großen Datenauswertung des SPIEGEL und des Bayerischen Rundfunks (BR). Journalisten der beiden Medienhäuser hatten die Möglichkeit, die Schufa-Einträge von mehr als 2000 Menschen auszuwerten.
Schufa-Recherche: Woher kamen die Daten?
Jeder darf bei Auskunfteien kostenlos eine sogenannte Selbstauskunft bestellen. Darin steht, welche Informationen über euch gespeichert sind und welche Unternehmen im vergangenen Jahr Daten über euch angefragt haben. (Wie du deine eigene Selbstauskunft bekommst, erklären wir hier.)
Die Crowdsourcing-Initiative OpenSchufa rief im Februar 2018 dazu auf, die eigene Auskunft anzufordern und dem Projekt bereitzustellen. SPIEGEL und BR begleiteten das Projekt und bekamen die Möglichkeit, die Daten auszuwerten. (Wie wir gearbeitet haben, beschreiben wir hier.)
In euren Schufa-Score können verschiedene Informationen einfließen: Wie viele Girokonten und Kreditkarten habt ihr und wie lange schon? Habt ihr schon mal auch nach der zweiten Mahnung eine Rechnung nicht beglichen? Das sind Dinge, auf die man noch einen gewissen Einfluss hat: Wer seine Rechnungen immer pünktlich zahlt und nicht ständig die Bank wechselt, macht einen vertrauenswürdigeren Eindruck.
Aber in eure Bewertung können auch Dinge einfließen, die ihr nicht in der Hand habt: das Alter und das Geschlecht. Ablesen lässt sich das in der recht unübersichtlichen Schufa-Auskunft an den sogenannten "Datenarten". Dort ordnet euch die Schufa in Risikokategorien ein. Ein "++" unter "Länge Kredithistorie" bedeutet zum Beispiel, dass Verbraucher mit vergleichbar langen Geschäftsbeziehungen zu ihren Banken ein sehr unterdurchschnittliches Risiko darstellen.
Interessant wir es nun bei den "Allgemeinen Daten". Dort bewertet die Schufa das Risiko der Verbraucher basierend auf Informationen wie dem Geburtsdatum, dem Geschlecht und der Zahl der gespeicherten Adressen. Im Beispiel oben bedeutet das "o", dass die Schufa in Menschen mit ähnlichen persönlichen Informationen ein durchschnittliches Risiko darstellen.
Was man in den mehr als 2000 Auskünften sieht: Junge Männer haben an dieser Stelle besonders häufig ein "-" oder sogar ein "--" stehen.
Sie gelten also als überdurchschnittliches Risiko. Das heißt noch nicht automatisch, dass im Ergebnis auch ihr Score schlecht ist. Aber es ist ein Faktor, der ihn runterziehen kann.
Um die Sache noch ein bisschen komplizierter zu machen:
Es gibt nicht nur einen Schufa-Score, sondern mehrere. Banken bekommen andere Werte zurückgespielt als Onlinehändler.
Und über die Jahre wurden die geheimen Formeln immer wieder geändert: 2017 wurden die Scores der Version 3 eingeführt, bis Mitte 2019 greifen viele Unternehmen aber auch noch auf die zehn Jahre alten Scores der Version 2 zurück.
Die oft negative Einstufung junger Männer war über zahlreiche Scoretypen hinweg zu beobachten. Zum Beispiel beim Bankenscore der Version 2:
Immerhin: In die Schufa-Scores für bestimmte Branchen fließen die Angaben zu Alter und Geschlecht in der neuen Version 3 nicht mehr ein. Aber Handyanbieter und Onlinehändler etwa bekommen auch weiterhin Bewertungen, in die diese Faktoren einfließen.
Das ist auch nicht verboten: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, das Verbraucher vor Benachteiligung aufgrund von Alter und Geschlecht schützen soll, greift bei Auskunfteien nicht.
Was kann ich tun für einen guten Schufa-Score?
Auch wenn die Schufa-Formeln geheim sind, gibt es ein paar Dinge, die ihr tu könnt, um einen guten Score zu erzielen:
Rechnungen pünktlich bezahlen: Wirst du mindestens zwei Mal schriftlich gemahnt, kann der Gläubiger den Zahlungsverzug an die Schufa melden. Achte deshalb stets darauf, Rechnungen pünktlich zu bezahlen. Nutze das Lastschriftverfahren oder Daueraufträge, um regelmäßig fällige Beträge zu bezahlen.
Zahl der Konten und Verträge: Der Abschluss von Girokonten, Kreditkarten- und Mobilfunkverträgen wird in der Regel vom Anbieter an die Schufa gemeldet. Eine übermäßig hohe Zahl an Konten bzw. Verträgen kann dabei negative Auswirkungen auf den Score haben, selbst wenn keinerlei Zahlungsstörungen vorliegen. Vermeide daher, Konten weiterzuführen, die du nicht mehr aktiv nutzt und überlege, ob dir günstige Tarife, die zum Beispiel mehrere Handy-Verträge kombinieren, das Risiko wert sind.
Dispo nicht unnötig überziehen: Die Einrichtung eines Dispokredits sowie dessen Höhe kann von Banken an die Schufa gemeldet werden. Mit in die Scoreberechnung einbezogen wird sie laut Schufa-Angaben nicht. Vermeide aber, deinen Dispokredit unnötig zu überziehen. Bestehen offene Forderungen nach der Kündigung des Dispos, kann das zu einem Schufa-Eintrag führen.
Kreditraten regelmäßig begleichen: Wenn du Schwierigkeiten hast, deine Kreditraten zu begleichen, dann rede unbedingt frühzeitig mit deiner Bank. Kommt es zu einer Kündigung des Kredits durch die Bank, kann das deinen Schufa-Score nach unten ziehen.
Schufa-Daten im Blick behalten: Nutze die kostenlose Selbstauskunft , um die von dir gespeicherten Daten im Blick zu behalten. Wenn in deiner Auskunft falsche Negativeinträge auftauchen, solltest du unverzüglich Kontakt zur Schufa aufnehmen und die Löschung des Eintrags fordern. Wenn in deiner Auskunft Girokonten oder Kreditkarten fehlen, dann lasse sie gegebenenfalls von der Bank nachtragen. Insbesondere, wenn die Schufa noch gar keine Informationen zu dir gespeichert hat.
Dieser Text ist in anderer Form zuerst auf SPIEGEL ONLINE erschienen.