Scientology "Unverantwortliche Verschwendung von Steuergeldern"
Köln Scientology will mit einer Klage die Beobachtung durch den Verfassungsschutz stoppen. Am Montag reichte die Organisation eine Klageschrift beim Verwaltungsgericht in Köln ein. Scientology wirft darin dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) eine "bewusst verfälschende Vorgehensweise" vor. Das BfV unterstelle der Organisation politische Ziele, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten. Der Verfassungsschutzbericht 2001 enthalte jedoch keinerlei Anhaltspunkte dafür.
Die Organisation tritt als "Scientology Kirche Deutschlands" auf und bezeichnet sich als Glaubensgemeinschaft. Die Mutterorganisation in den USA ist als gemeinnützige religiöse Körperschaft anerkannt. In Deutschland gilt Scientology als Unternehmen. Kritiker bezeichnen es als Sekte. Der Verfassungsschutz beobachtet Scientology seit 1997 auf Grund eines Beschlusses der Bundesinnenministerkonferenz in allen Ländern außer in Schleswig-Holstein.
Streben nach einer "neuen Zivilisation"
Im Verfassungsschutzbericht 2001 heißt es: "Neben kommerziellen Motiven lässt das Handeln der Organisation auch eine politische Zielsetzung erkennen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet ist." Anhaltspunkte fänden sich in den Schriften des Scientology-Gründers Ron Hubbard. Diese sind für jedes der geschätzten 5000 bis 6000 Mitglieder in Deutschland verbindlich.
Hubbard beschreibt unter anderem eine "neue Zivilisation", die frei von Menschen mit so genanntem "aberriertem" (kranken) Verhalten sein soll. Der von Rechtsgutachtern erhobene Vorwurf gegen Scientology: Die Organisation strebe so zu einer modernen Form totalitärer Herrschaft, in der nur nach Scientology-Regeln genormte Menschen Platz hätten. Fundamentale demokratisch-rechtsstaatliche Verfassungsprinzipien seien dort außer Kraft gesetzt.
"Mehr als fünf Jahre lang keine Beweise"
Scientology-Sprecher Georg Stoffel begründete die Klage gegen das BfV damit, dass der Verfassungsschutz mehr als fünf Jahre lang keine Beweise gegen die Organisation habe vorlegen können. "Eine weitere Beobachtung wäre eine reine Farce und eine unverantwortliche Verschwendung von Steuergeldern", so der Sprecher.
Er forderte an, diese sollten "angesichts der im Zusammenhang mit dem bedauerlichen Irak-Krieg entstandenen neuen realen Sicherheitsgefahren" sinnvoller eingesetzt werden.
Klage auch beim Berliner Verwaltungsgericht
Außer in Köln hat Scientology jetzt auch beim Verwaltungsgericht Berlin Klage eingereicht, um Beobachtungen der Organisation zu stoppen. Im Dezember 2001 hatte die Organisation mit einer Klage gegen das Land Berlin einen Teilerfolg erlangt: Das Berliner Verwaltungsgericht entschied damals, dass der Verfassungsschutz keine Vertrauensleute mehr zur Beobachtung von Scientology einsetzen dürfe.
Einem Mitglied der Organisation waren 5000 Mark (knapp 2560 Euro) für Spitzeldienste im Auftrag des Verfassungsschutzes angeboten worden. Scientology sah sich dadurch in ihren Grundrechten verletzt. Das Gericht stimmte dem zu. Damit wurden erstmals Ermittlungen einer Verfassungsschutzbehörde in Deutschland gegen die Organisation eingeschränkt.
Scientology-Sprecher Stoffel kommentierte die neue Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin als "logische Fortsetzung dieses Erfolgs".