Sebnitz Joseph war möglicherweise herzkrank

Der Fall des im Freibad von Sebnitz ertrunkenen Joseph hat eine Wendung genommen. Angeblich soll der Sechsjährige an einem Herzfehler gelitten haben.

Leipzig/Dresden - Bei der zweiten Obduktion, die von den Eltern des Kindes in Auftrag gegeben worden war, sei herausgekommen, dass Joseph an einer Herzmuskelentzündung erkrankt gewesen sei, meldet die "Leipziger Volkszeitung".

Der Dresdener Rechtsmediziner Erich Müller sagte der Zeitung, gerichtsmedizinisch sei nicht auszuschließen, dass der Sechsjährige ertränkt worden sei. Eine Herzmuskelentzündung sei aber eine mögliche Erklärung dafür, dass das Kind ertrunken sei, ohne dass jemand es bemerkte. Üblicherweise dauere der Todeskampf beim Ertrinken fünf bis zehn Minuten, und es sei schwer vorstellbar, dass in einem gut besuchten Freibad niemand davon Notiz genommen hätte.

Bei der zweiten Untersuchung des Leichnams des Kindes konnte auch das Medikament Ritalin nicht sicher nachgewiesen werden, sagte der Chef der Gießener Gerichtsmedizin, Günter Weiler, der Zeitung. Hinter dem Befund stehe "ein dickes Fragezeichen". Die Suche nach Ritalin basiere "auf einem speziellen Hinweis der Mutter".

Die von den Eltern benannten Zeugen seien von ihrer bisherigen Schilderung abgerückt, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Keiner von ihnen habe das Geschehen selbst beobachtet, und eine Beteiligung von Skinheads beim Tod des Jungen im Juni 1997 im Schwimmbad von Sebnitz habe niemand bemerkt. Gegen zwei Beschuldigte sind die Ermittlungen allerdings noch nicht abgeschlossen.

In Sebnitz ist noch immer ein Großaufgebot der Polizei im Einsatz. 130 Beamten sorgen für "Ordnung und Sicherheit", und um das Haus der Familie des Toten wurde ein Absperrzaun errichtet.

Die sächsische Regierung kritisierte unterdessen den designierten Justizminister Niedersachsens, Christian Pfeiffer. Das Gutachten des von ihm noch geleiteten kriminologischen Forschungsinstitutes hatte die erneuten Ermittlungen und die drei Festnahmen angestoßen. Pfeiffer habe fahrlässig gehandelt, als er die eidesstattlichen Aussagen Minderjähriger akzeptiert habe, sagte der Chef der Dresdner Staatskanzlei Thomas de Maizière. Es sei fraglich, ob Pfeiffer noch als künftiger Justizminister zu halten sei.

Pfeiffer wies im MDR die Kritik zurück, sein Institut habe in einem Gutachten zum Tode Josephs Fehler gemacht und unqualifizierte Zeugenaussagen wiedergegeben. Pfeiffer sagte, die Mutter des Kindes habe Material übergeben, das zumindest einen Tatverdacht nahe gelegt habe. Das Institut habe keine eigenen Ermittlungen geführt, sondern pflichtgemäß die Behörden informiert.

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