Nach Seilbahnunglück am Lago Maggiore Mitarbeiter geben offenbar zu, Bremsen manipuliert zu haben

14 Menschen starben bei einem Seilbahnunglück in Italien. Jetzt wurden drei Männer festgenommen – sie sollen zugegeben haben, die Notbremse bei Reparaturen an der Bahn bewusst deaktiviert zu haben, wohl um längere Betriebsunterbrechungen zu vermeiden.
Seilbahn von Stresa nach Mottarone nach dem Unglück

Seilbahn von Stresa nach Mottarone nach dem Unglück

Foto: Italian National Alpine and Speleological Rescue Corps / Getty Images

Nach dem tödlichen Seilbahnunglück in Norditalien haben die drei festgenommenen Männer offenbar eingestanden, manipuliert zu haben. So berichtet es die italienische Nachrichtenagentur Ansa. Sie beruft sich auf eine entsprechende Angabe eines leitenden Carabiniere aus Verbania, Alberto Cicognani.

»Die Seilbahn funktionierte nicht einwandfrei«, sagte der Oberstleutnant am Mittwoch dem Sender RAI 3. Die Wartung sei gerufen worden, man habe aber das Problem nicht abschließend gelöst, sondern wohl nur teilweise. »Um weitere Betriebsunterbrechungen zu vermeiden«, sei wohl beschlossen worden, das automatische Auslösen der Notbremse bei einem Unfall zu unterbinden.

Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung

Nach dem Gondelunglück in Norditalien mit 14 Toten waren drei Männer festgenommen und in der Nacht zum Mittwoch ins Untersuchungsgefängnis in Verbania gebracht worden. Dabei handelt es sich um Mitarbeiter des Seilbahnbetreibers Ferrovie del Mottarone. Unter den Verdächtigen ist auch ein Manager. Die Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem wegen Verdachts der fahrlässigen Tötung.

Ersten Erkenntnissen zufolge versagte der Bremsmechanismus an dem Seil, das das Gewicht der Kabine trug, die Gondel rutschte rückwärts, bevor sie offenbar gegen einen Mast stieß, auf einen steilen Hang stürzte und letztlich gegen einen Baum prallte.

Ermittler hätten festgestellt, dass ein Sicherheitsbremssystem »manipuliert« worden sei, um Verspätungen des Seilbahnbetriebs zu vermeiden, sagte die ermittelnde Staatsanwältin Olimpia Bossi.

Die Staatsanwaltschaft hatte am Dienstag das Video einer Überwachungskamera beschlagnahmt, das den Unfall zeigt. Darauf sei zu sehen, wie sich die Gondel am Sonntag kurz vor der Bergstation am Monte Mottarone westlich des Lago Maggiore befunden habe, als plötzlich ein Seil riss und die Kabine talwärts abstürzte.

Mehrere der 15 Passagiere wurden aus der Gondel geschleudert. Diese blieb am Ende völlig zerstört an einem Baum hängen. Nur ein kleiner Junge, der seine Familie bei dem Unglück verlor, überlebte. Die Seilbahn verbindet den Ort Stresa mit dem rund 1500 Meter hohen Monte Mottarone.

Erst seit Samstag dürfen Seilbahnen in ganz Italien im Zuge von Lockerungen der Corona-Beschränkungen überhaupt wieder Ausflügler transportieren.

DER SPIEGEL

Mehrere Jahre stillgelegt

Die Gondel war auf dem Weg zwischen dem kleinen Ort Stresa am Westufer des beliebten Sees und dem Monte Mottarone, dessen Gipfelkreuz auf 1491 Metern liegt.

Der Datenbank Lift-World.info  zufolge war die Seilbahn von 2014 bis 2016 stillgelegt worden, seither aber wieder in Betrieb. Aufgrund der Coronapandemie war sie nun aber erneut über längere Zeit stillgelegt gewesen. Erst am 24. April war der Betrieb wieder aufgenommen worden.

ala/dpa

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