Streit um Caravaggio Sotheby's wegen angeblicher Fehleinschätzung vor Gericht

Ist es eine Kopie oder ein Werk von Meisterhand? Vor einem Londoner Gericht streitet ein Kunstsammler mit Sotheby's. Der Vorwurf: Das Auktionshaus soll ein Bild von Caravaggio falsch zugeordnet haben. Angeblicher Verlust: zwölf Millionen Euro.
Detail aus dem Werk "Die Falschspieler" des Mailänder Malers Caravaggio

Detail aus dem Werk "Die Falschspieler" des Mailänder Malers Caravaggio

Foto: Corbis

London - Lancelot Thwaytes ist verstimmt. Im Jahr 2006 verkaufte er ein Bild, von dem er annahm, dass es ein Schüler des berühmten Caravaggio gemalt hatte - für 42.000 Pfund, umgerechnet etwa 53.350 Euro.

Das war ein schönes Sümmchen, wenn man in Betracht zog, dass seine Familie im Jahr 1962 gerade mal 140 Pfund (178 Euro) für das Gemälde bezahlt hatte. Es war aber so gut wie nichts, nachdem er erfahren hatte, was das Bild angeblich wirklich wert ist: etwa 10 Millionen Pfund (12,8 Millionen Euro).

Der namhafte Sammler Sir Denis Mahon hatte das Werk einst als Kopie des Meisterwerks "Die Falschspieler" erworben. Jetzt wird vor dem Londoner High Court gestritten: Sotheby's muss sich gegen den Vorwurf wehren, das Bild falsch zugeordnet und damit dem Verkäufer Thwaytes einen Schaden von mehreren Millionen Pfund verursacht zu haben. Das Auktionshaus soll versäumt haben, ausreichend Experten zu konsultieren, die den wahren Autor und damit den immensen Wert der "Falschspieler" hätten erkennen können.

Jung und leichtgläubig

Das Gemälde ist fast identisch mit einem anderen, das unter demselben Titel im Kimbell Art Museum im US-Bundesstaat Texas ausgestellt ist. Darauf ist ein junger, leichtgläubiger Mann zu sehen, der einem Paar findiger Kartenbetrüger auf den Leim geht.

Sotheby's hat die Vorwürfe bereits von sich gewiesen und erklärt, das Bild von Thwaytes sei eindeutig von schlechterer Qualität als das Original in Texas. "Die 'Falschspieler' aus Kimbell wurden von Caravaggio mit jener eindrucksvollen Virtuosität und dem Realismus gemalt, für die seine frühen Werke berühmt sind", heißt es von Seiten des Auktionshauses.

Im Katalog von 2006 ist zu lesen, das Exponat sei von einem Schüler des Michelangelo Merisi da Caravaggio gefertigt worden. Jetzt sind einige weltbekannte Caravaggio-Kenner aufgerufen, vor Gericht ihre Meinung kundzutun. Sotheby's beruft sich auf die britische Caravaggio-Biografin Helen Langdon und Spezialisten wie etwa den US-amerikanischen Kunsthistoriker Richard Spear, um zu beweisen, dass das strittige Bild eine Kopie ist.

Thwaytes bemüht den Direktor der Vatikanischen Museen, Antonio Paolucci, sowie die Autorin mehrerer Bücher zu Caravaggio, Mina Gregori, als Gutachter. Gregori hatte erst vergangene Woche für Aufruhr gesorgt, als sie behauptete, in einer Privatsammlung einen echten, bisher unbekannten Caravaggio entdeckt zu haben.

Werke des Mailänder Künstlers, der 1610 im Alter von 38 verstarb, werden sehr selten versteigert.

ala

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