
Rücktritt des Protzbischofs Tebartz-van Elst schiebt Schuld auf Generalvikar
- • Rücktritt von Tebartz-van Elst: Das Lügen-Gebäude des Bischofs
- • Rücktritt von Tebartz-van Elst: Ein Gebet zum Abschied
Limburg - Der zum Amtsverzicht gedrängte frühere Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst hat den Vorwürfen über Lug und Trug in seinem Bistum widersprochen - und die Schuld auf andere geschoben. Teile des Berichts zu den ausgeuferten Baukosten für den Bischofssitz seien nicht wahr, heißt es in einer Stellungnahme von Tebartz-van Elst.
Auf den vier Seiten macht der 54-Jährige seinen Generalvikar Franz Kaspar für einen wesentlichen Teil der Kostenexplosion verantwortlich. Er selbst sei als Bischof weder ein Finanz- noch ein Baufachmann. Das Dokument trägt keinen Namen, ist nicht unterzeichnet. Es bestehen aber keine Zweifel, dass es von dem Bischof stammt. Vom Bistum Limburg war keine Stellungnahme zu erhalten.
Nach dem Prüfbericht der bischöflichen Kommission trägt der 54-jährige Oberhirte allerdings maßgeblich Verantwortung für die Vervielfachung der Kosten für den millionenschweren Um- und Ausbau der Bischofsresidenz in Limburg. Demnach umging Tebartz-van Elst kirchliche Vorschriften und Kontrollgremien und hatte immer wieder Sonderwünsche. Zudem soll er noch von geringeren Baukosten gesprochen haben, als ihm längst deutliche Verteuerungen bekannt waren.
Der Papst hatte am Mittwoch unter anderem auf Grundlage des Berichts entschieden, dass Tebartz-van Elst nicht in sein Amt nach Limburg zurückkehren darf.
Er habe zum Amtsantritt in Limburg "eine in vielfacher Hinsicht ungeordnete, wenig sachorientierte und primär personenbezogene Verwaltungssituation" vorgefunden, heißt es nun von Tebartz-van Elst. Auch sei ihm wegen "misslicher Erfahrungen mit anderen Bauprojekten im Bistum" daran gelegen gewesen, "von Anfang an Qualität und Nachhaltigkeit im Gesamtprojekt zu beachten". Allerdings habe nur der Generalvikar einen umfassenden Einblick in die Vermögensstruktur des Bischöflichen Stuhls gehabt.
Den Skandal um den Limburger Bischofssitz hatte im August 2013 ein Protestbrief Frankfurter Katholiken an ihren Oberhirten eingeläutet. Einen Höhepunkt erreichte die Krise im Bistum im Oktober, als klar wurde, dass das Projekt auf dem Limburger Domberg mindestens 31 Millionen Euro kostet. Beim Baubeginn war von rund fünf Millionen Euro die Rede gewesen.
Bis ein Nachfolger für Tebartz-van Elst gefunden ist, soll der neue Apostolische Administrator im Bistum Limburg, der Paderborner Weihbischof Manfred Grothe, für Ruhe in der Diözese sorgen. Tebartz-van Elst soll laut Vatikan zu gegebener Zeit mit einer anderen Aufgabe betraut werden.
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Franz-Peter Tebartz-van Elst sieht sich nicht aus Hauptschuldigen für die Kostenexplosion beim Bau der Limburger Bischofsredisenz, die ihn sein Amt kostete. Er beschuldigt vielmehr seinen Generalkvikar Franz Kaspar.
Franz-Peter Tebartz-van Elst (im September 2013): Der umstrittene Protzbischof hatte seinen Rücktritt eingereicht - und Papst Franziskus nahm ihn an. Der 54-Jährige kehrt damit nicht nach Limburg zurück, er soll einen neuen Job bekommen.
Amtseinführung am 20. Januar 2008: Der ungewöhnliche junge Bischof galt als einer der aufstrebenden Orthodoxen, die unter Papst Benedikt XVI. zunehmend an Einfluss gewannen.
In Limburg fiel er bald nicht nur durch seinen autokratischen Führungsstil auf. Auch dem mit dem Amt verbundenen Prunk galt er als nicht abgeneigt. Er entmachtete Mitbestimmungsgremien und schränkte den Einfluss von Laienorganisationen ein. Sehr bald schon galt der Bischof als umstritten - viele fürchteten ihn sogar.
Vor allem die Renovierung und der Ausbau des Bischofssitzes rief Kritiker auf den Plan und weckte Fragen: Konnte es wirklich sein, dass das alles mit 5,5 Millionen Euro finanziert wurde?
Die teils historisch, teils architektonisch modern ausgebaute Residenz erwies sich im Herbst 2013 als viele Millionen verschlingendes Projekt. Im Oktober war klar: Dieser Bau hatte mindestens 31 Millionen Euro gekostet.
Daraufhin gerieten neben dem Bischof auch die Mitglieder des kontollierenden Vermögensverwaltungsrats in die Kritik. Sie wandten sich gegen den Bischof, warfen ihm vor, sie hinter das Licht geführt zu haben. Der ehemalige CDU-Politiker Jochen Riebel wurde sehr deutlich: Für ihn sei Tebartz-van Elst "entweder ein raffinierter Betrüger oder krank".
Am 13. Oktober 2013 flog Tebartz-van Elst nach Rom, um das Gespräch mit dem Papst zu suchen. Fast umgehend meldeten sich seine Kritiker zu Wort, bezeichneten es als "undenkbar", dass der Bischof nach Limburg zurückkäme.
Den Eindruck musste man haben: In Limburg liefen am selben Tag Demonstrationen gegen den Bischof - und nicht die ersten.
Neben expliziten Rücktrittsforderungen schlossen die Demonstranten, unter denen auch Priester aus dem Bistum waren, eine Menschenkette um den Bischofssitz.
Wie grundsätzlich die Kritik an Bischof und der konservativen Kirche inzwischen war, machte ein symbolträchtiger Akt klar: Gläubige nagelten Martin Luthers 95 Thesen an die Domtüren, die hier von einem Mann entfernt werden. Derweil wurden erste Zahlen über den "Tebartz-Effekt" öffentlich: eine bundesweite Austrittswelle, die sich nicht ausschließlich auf die katholische Kirche beschränkte.
Öffentlichkeit wie Klerus sahen auf Papst Franziskus: Was würde der in der Causa Tebartz entscheiden? Franziskus ließ ihn bis zum 21. Oktober warten. Dann empfing er ihn - und verordnete eine Auszeit für den Bischof.
Das Bistum Limburg wurde seitdem kommissarisch von Wolfgang Rösch als Generalvikar geführt. Derweil begann die Deutsche Bischofskonferenz mit einer internen Prüfung der Affäre, bestellte eine fünfköpfige Untersuchungskommission ein.
Selbst dann noch hatte Tebartz-van Elst einflussreiche Unterstützer. Der konservative Teil des Klerus - im Bild: der inzwischen ausgeschiedene Kölner Kardinal Joachim Meisner - stellte sich teils demonstrativ hinter den Limburger Bischof.
Für viele Beobachter ein Zeichen für einen Machtkampf im Klerus. Noch Mitte März stärkte Gerhard Müller, Erzbischof und Präfekt der Glaubenskongregation, Tebartz-van Elst öffentlich den Rücken: Er bezeichnete den Umgang mit ihm als Rufmordkampagne und Menschenjagd, verglich das verklausuliert mit der Nazi-Zeit.
Zu den Unterstützern wird auch Georg Gänswein, der Sekretär des Papstes, gezählt. Auch er gilt als Vertreter eines orthodoxen Glaubensverständnisses, das dem offeneren, menschennahen Kirchenbild des neuen Papstes nicht unbedingt entspricht.
"Wohnen wie Gott in Limburg": Kaum ein großer Karnevalszug verzichtete Anfang März auf einen Tebartz-Wagen. Auch für viele Gläubige steht Tebartz-van Elst für eine autokratische, viel zu reiche und prunksüchtige Kirche.
Manfred Grothe: Papst Franziskus hat den Paderborner Weihbischof nun als Apostolischen Administrator in Limburg eingesetzt.
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