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Königshäuser Teddy im Bett

Neuer Zoff bei Windsors: Ein Ex-Wachmann stochert in der Ehe von Prince Charles und Diana.
aus DER SPIEGEL 17/1991

Die Ehe ist wie der Griff in einen Sack voller Schlangen, in der Hoffnung, dabei einen Aal zu erwischen.

Frühmorgens, ehe noch der Hund die Schnauze aus dem warmen Nest seiner Vorderpfoten gehoben und der Hahn Gelegenheit gehabt hatte, sich den Schlaf aus den Flügeln zu schlagen, ertönte aus dem herrschaftlichen Hause ein Kreischen von weiblicher Kehle - so durchdringend und oktavenübergreifend schrill, daß die auf dem nebengelegenen Feld dösende Kuh fürchten mochte, ihr werde die Milch im Euter sauer. Sodann konnten die Tiere miterleben, wie es zugeht, wenn zwei Menschenwesen unterschiedlichen Geschlechts miteinander krawallieren.

Die Frau schleuderte einige personenbezogene Gehässigkeiten, er parierte auf Männerart, mit Märtyrerblick und beleidigtem Schweigen, und zwang sie damit, strategisch geschickt, auf die tieferen Schichten ihres Vokabulars Rückgriff zu nehmen und ihn ein Arschloch zu heißen. Daraufhin zerspellte er ein Kaffeetischchen, das vermutlich älter war als der Brauch des Kaffeetrinkens, was zu ausgiebigem Tränensturz ihrerseits und, in dessen Folge, seiner Flucht führte - hinaus in die von keines Menschen Spur gestörte Morgeneinsamkeit der englischen Grafschaft Gloucester.

Derart lebensprall, teilweise noch turbulenter, gestalteten letzte Woche die Gassenblätter in aller Welt die Ehe von Prince Charles und seiner Frau Diana, deren Hochzeitstag sich im Juli zum zehnten Male jährt.

Im Vorgriff auf dieses Jubiläum hatten die Preßbengels den Intimschlick des Paares ein wenig aufgewühlt - sie waren bestürzt über die Trübnis, in die sie anschließend blicken mußten: »It's Terrible! The End!« befand die Sun. »Sie reden nicht mehr miteinander«, berichtete Bild aus der »Ehehölle« und wähnte sich sogar einem Fall von ehebrecherischer Fummelei auf der Spur: »Beobachtet wurde, wie die Dame Charles den Reißverschluß am Hosenschlitz zuzog.«

Das war weitaus mehr, als selbst Andy Jacques in den vier Jahren gesehen haben will, während derer er auf Highgrove, dem in Gloucestershire gelegenen Landsitz von Charles und Diana, als Wachmann diente. Beflügelt durch ein Honorar von 20 000 Pfund, erinnerte sich der 27jährige, daß ihm im Zusammenhang mit dem ehelichen Beieinander des Paares allerlei Meldungswürdiges begegnet sei. So zum Beispiel, *___daß Prince Charles, der mittlerweile so tranig wirkt, ____als sei er dem Baldrian verfallen, stets seinen Teddy ____aus Kindheitstagen mit ins Bett nimmt, während Diana in ____ihrem Schlafzimmer eine Menagerie von über 50 ____Stofftieren unterhält; das eheliche Werk vollbrächten ____die beiden so gut wie gar nicht mehr - wie es eben so ____ist, wenn die Liebe schläfrig wird und die Sehnsucht ____lau; *___daß Princess Diana, die Kunst allenfalls mit Dünger und ____Honig in Verbindung bringt, tagsüber gnadenlos ____Top-Ten-Hits aus ihrem Tonwiedergabegerät plärren läßt ____und am liebsten bis zum St.Flimmerleinstag vor dem ____Fernseher säße, wohingegen ihr Mann es lieber sähe, daß ____sie ihn auf dem Klavier begleitete, wenn er sich eine ____Handvoll Mißtöne auf seinem Cello zusammenklaubt; oder ____daß sie sich mit ihm zusammen der Meditation hingäbe, ____was er für sinnvoller hält als nur herumzusitzen und ____nichts zu tun; *___daß die beiden häufig schweigend, nur unterbrochen vom ____zarten Geräusch antiker Gabeln und Löffel, über ihrem ____Essen sitzen, wobei sich über den Raum eine Stimmung ____vergleichbar der in einer Aussegnungshalle breitet; er ____ißt am liebsten Vollkornnudeln mit selbstgezogenem ____Bio-Rhabarber, sie hingegen bevorzugt pochiertes Filet ____vom Lachs an Böhnchen und wildem Reis.

Doch solche Gegensätze, solche Gefühlsbrache in der Ehe seines künftigen Königs hätte der aufmerksame Andy noch hingenommen, klaglos und ohne ein Wort darüber zu verlieren. Erst als er das ruhige Glück einer von Liebe erfüllten Häuslichkeit schwinden und die Streits sich mehren sah, habe er sich dazu bewegt gefühlt, seiner Informationspflicht gegenüber der Öffentlichkeit Genüge zu tun. Er selbst sei von dem Geschehen auf Highgrove seelisch derart mitgenommen, daß er um seine Entlassung aus dem Polizeidienst habe nachkommen müssen; zu oft habe er gesehen, wie Diana auf der Schwelle des Hauses saß, während sich aus zuckender Wimper Zähre um Zähre löste - dabei ist die Frau schon seit Jahren Schirmherrin des Verbandes britischer Eheberater.

»Die beiden brüllen sich oft so laut an, daß es die ganze Auffahrt hinunterschallt«, eröffnete er den Briten. Jetzt, so verlangte der ehemalige Konstabler, der im Aussehen größte Ähnlichkeit mit einem rasierten Kaninchen hat, müsse die Queen etwas unternehmen - als hätte die alte Dame, die letzten Sonntag ihren 65. feierte, mit der eigenen wie der eingeheirateten Brut nicht schon genug am Halse.

Da ist zum Beispiel die Klage jener Zeichenlehrerin aus Neuseeland, die Mark Phillips, dem Noch-Ehemann von Princess Anne, in einem Hotelzimmer folgenreich begegnet sein will.

Oder die mediale Empörung gegen das Jux-Paar der Windsors, den inzwischen etwas weit über die Grenzen des Guten und Schönen hinaus genährten Berufssoldaten Andrew und seiner zu einer Mischung aus Herbergsmutter und Domina mutierten Fergie, die sich in Nachtbars und beim Skifahren amüsierten, während britische Boys am Golf für die Wertegemeinschaft des Abendlandes einstanden.

Oder die längst noch nicht vergessene Affäre um Fergies Vater, den Major Ronald Ferguson, an den sich Lorraine, Kim und die anderen Sündentrüffel aus dem Londoner Massagesalon »Wigmore Club« aufs angenehmste zurückerinnern - immer spendabel sei der Major gewesen und »für sein Alter noch prächtig in Form«.

Schließlich gilt es, sich auch um Prince Edward zu sorgen, der seit Jahren als Regieassistent wirkt, sich aber immer noch nicht entscheiden kann, was er mehr liebt, das Theater oder dessen Schauspieler. Nicht einmal Prinzessin Stephanie von Monaco, die eine der geübtesten unter den internationalen Heiratszecken ist, gelang die Näherung an den 27jährigen. Der hat unlängst die vierte, von Presse und Volk mit Anteilnahme begleitete Romanze seines Lebens beendet - sie blühte gerade drei Wochen.

Möglich aber auch, daß der Prince Beherzigenswertes in dem irischen Weistum findet, demzufolge keine Unbill so groß ist, daß sie durch die Ehe nicht noch größer werden könnte.

Der in ehelichen Gewahrsam genommene Bruder Charles verbringt, wenn er nicht gerade einheimischen Architekten den von ihm so geschätzten Stil eines postmodern versüßlichten Neoklassizismus nahezubringen versucht, seine meiste Zeit fern seiner Frau auf dem Lande in Highgrove.

Dort macht er die Erde zahm für den Garten- und Feldbau, sogar des Nachts hat man ihn beim Schein der Taschenlampe zwischen Stinkwacholder und Stachelbeere harken sehen - weshalb ihm seine Frau unlängst einen Beleuchtungskörper in Form einer Krone an die Gartenmauer dübeln ließ; das verstand er, völlig richtig, als Ausdruck des Spottes.

Harvey, den trotz seiner elf Jahre immer noch nicht stubenreinen Hund ihres Mannes, mag Diana ebensowenig leiden wie Elly, die Kuh, der Prince Charles jeden Tag einige Liter euterwarmer Milch abgewinnt. Allein Mister Pips, der Hahn von Highgrove, scheint ihr Wohlgefallen zu finden: »So ein Kerl«, sagte sie einmal mit einem Viertelseitenblick zu Charles hin, »der macht seine Frauen glücklich.« o

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