Terroranschlag auf Bali Hunderte von Menschen vermisst
Kuta/Indonesien - Tausende Touristen bemühten sich heute um eine Rückflugmöglichkeit in die Heimat. Bei dem Anschlag kamen nach jüngsten Angaben mindestens 188 Menschen um Leben, die meisten von ihnen Australier. Die australische Luftwaffe setzte drei Transportmaschinen vom Typ Hercules C130 ein, die Schwerverletzte nach Darwin brachten. In Sydney und Perth trafen leichter Verletzte mit Sonderflügen der Gesellschaft Qantas ein. Ministerpräsident John Howard traf am Sonntagabend mit seinen Sicherheitsberatern zusammen. Für den Montagmorgen berief er eine Sondersitzung des Sicherheitsausschusses ein. Er sprach von einer riesigen nationalen Tragödie.
Beamte der australischen Bundespolizei und des Geheimdienstes trafen in der Nacht in Bali ein, um die indonesischen Behörden bei den Ermittlungen zu unterstützen. Ein ranghoher Beamter des Weißen Hauses in Washington erklärte, auch US-Ermittler seien bereits am Tatort eingetroffen. Ein Polizeisprecher in Kuta sagte, es würden Zeugen vernommen. "Aber wir haben keine Verdächtigen."
Howard erklärte, die Australier müssten sich von dem Gedanken
verabschieden, dass ihr Land auf Grund seiner abgeschiedenen Lage
von Terroranschlägen verschont bleibe. "Es kann hier passieren, und
es ist unseren Mitbürgern vor unserer Haustür passiert." Zum
Zeitpunkt der Anschläge befanden sich Schätzungen zufolge 20.000
Australier auf Bali. Die Insel liegt nur vier Flugstunden von Perth
entfernt. Der "Sari Club" in Kuta Beach, der von einer der Bomben
völlig zerstört wurde, war bei Australiern besonders beliebt. Zwei
weitere Anschläge richteten sich am Samstag gegen diplomatische
Vertretungen der USA und der Philippinen.
Außenminister Alexander Downer erklärte, die Organisation Jemaah Islamiyah gehöre zu den Hauptverdächtigen. Ihr würden Kontakte zu Osama Bin Ladens Terrornetzwerk al-Qaida vorgeworfen, und sie habe in den vergangenen Jahren bereits Terroranschläge verübt. Wer tatsächlich für die Tat verantwortlich sei, sei aber noch nicht bekannt. Der US-Botschafter in Jakarta, Ralph Boyce, erklärte, in den letzten Wochen hätten sich die Hinweise erhärtet, dass al-Qaida-Terroristen in Indonesien präsent seien und mit örtlichen Extremisten Kontakt aufgenommen hätten. Noch sei es allerdings nicht möglich, den Anschlag auf al-Qaida zurückzuführen.
Uno-Generalsekretär Kofi Annan äußerte sich am Sonntag
"erschüttert und entsetzt" über den verheerenden Terroranschlag. Er
verurteile jegliche wahllosen Angriffe auf Zivilpersonen zutiefst.
Sie verstießen gegen internationales Recht und könnten von keinem
Ziel und keiner Ideologie gerechtfertigt werden.
Bei dem Anschlag kam am Samstag auch mindestens eine Deutsche ums
Leben. Mehr als 300 weitere Personen, darunter acht Urlauber aus
Deutschland, wurden bei dem Bombenattentat verletzt. Viele erlitten
Brandwunden. In der balinesischen Hauptstadt Denpassar
bildeten sich vor Krankenhäusern lange Schlangen von Einheimischen
und Touristen, die für die Verletzten Blut spenden wollten.
Das US-Außenministerium forderte alle nicht unentbehrlichen
Regierungsangestellten und deren Angehörige auf, Indonesien zu
verlassen. Allen US-Bürgern wurde von Reisen in das Land abgeraten.
Außenamtssprecherin Jo-Anne
Prokopowicz erklärte, unter den mindestens 188 Toten seien
mindestens zwei US-Bürger. Weitere drei wurden verletzt. US-Präsident George W. Bush erklärte, die USA hätten Indonesien
Unterstützung angeboten, "um diese Mörder ihrer Strafe zuzuführen".
Klicken Sie hier, um zum SPIEGEL-ONLINE-Länderlexikon mit detaillierten Informationen zu Indonesien zu gelangen.