Tornado in Schleswig-Holstein "Es war die Idee meiner Freundin, dass wir da mal reingucken"
Eigentlich müsste ihn Wind ziemlich nerven. Als Veranstaltungskaufmann arbeitet Daniel Thomsen aus Silberstedt bei einem Festzeltverleih. Doch als er auf dem Heimweg mit seiner Freundin einen Zwillingstornado mitten in Schleswig-Holstein erspähte, konnte der 24-Jährige nicht mehr an sich halten.
Mit seiner Handykamera filmte er das Treffen der beiden Tornados auf einem Acker vor Schuby. Zwischendurch stieg er immer wieder aus dem Auto aus, um einen besseren Blick zu ergattern. Während seine Freundin am Steuer des Wagens immer nervöser wurde, filmte Thomsen weiter - und neben dem Sturm vor der Windschutzscheibe zog ein weiterer dahinter auf.
SPIEGEL ONLINE: Herr Thomsen, was führte Sie zum Sturm?
Daniel Thomsen: Das war reiner Zufall. Wir sind am Badesee gewesen, hinter Schuby. Ein paar Freunde, meine Freundin und ich. Als wir sahen, dass sich etwas zusammenbraute, haben wir uns schnell auf den Weg gemacht, bevor es volles Rohr anfing zu regnen. Da braucht man dann ja auch nicht weiter baden. Wir sind im Anschluss mit dem Auto meiner Freundin losgefahren. Als wir nach rechts guckten, dachten wir: Ach du meine Güte, da brennt was. Ich bin bei der Feuerwehr und wollte das rasch melden. Wir haben dann schnell gesehen, dass das kein Brand war. ..
SPIEGEL ONLINE: ... sondern ein Wirbelsturm.
Thomsen: Genau. Dieser Anblick hat mich magisch angezogen. Wir sind von der Hauptstraße Richtung Pukholm abgebogen, weil da die Tornados in den Feldern zugange waren. Lustigerweise war es zu Beginn die Idee meiner Freundin, dass wir da mal reingucken sollten. Ich konnte sie dann nachher überzeugen, noch etwas weiter zu rollen.
SPIEGEL ONLINE: Hatten Sie denn gar keine Angst?
Thomsen: Das war total spannend. Angst hatte ich wirklich überhaupt keine, sonst wäre ich ja auch nicht ausgestiegen. Ich hatte nur Angst, dass meine Freundin mich zum Schluss da stehen lässt. Sie hatte noch gehupt, was man im Video nicht hört. Nachdem sie geschrien hatte, ich solle wieder reinkommen, rollte sie langsam an. Da bin ich schnell reingesprungen. Aber es war so faszinierend. Wir waren eigentlich auch weit genug weg. Meines Erachtens nach wurde es nicht gefährlich. Gefährlicher war nachher eher der Starkregen, der von Osten anrollte. Da wurden wir von den Hagelkörnern ganz schön angeschossen.
SPIEGEL ONLINE: Was fasziniert Sie an Stürmen so sehr?
Thomsen: Es ist ein Spektakel. Das war eine Säule, die ging bis in die Unendlichkeit. Sogar Reed Timmer vom Discovery Channel hat mein Video geteilt, weil er so fasziniert von diesen zwei Säulen war. Und wir standen mittendrin. Das war richtig cool. Bei Stürmen bin ich schon gerne draußen.
SPIEGEL ONLINE: Jetzt häufen sich die Kommentare, dass Sie sich und Ihre Freundin leichtfertig in Gefahr gebracht haben. Können Sie das nachvollziehen?
Thomsen: Stimmt schon. Viele andere sind ja schon weggefahren. Einer ist ja sogar mittendurch gefahren, wie man in dem Video sieht. Am Schluss, als ich gefilmt habe, war eigentlich keiner mehr da. Okay, es hätte was passieren können. Aber hätte, hätte. Wenn es richtig gefährlich gewesen wäre, hätten wir mittendrin gestanden, so wie diese Windmühle. Und die fing an, sich leicht zu drehen. Ich hab von keinen Schäden gehört.
SPIEGEL ONLINE: Haben Sie im Anschluss von Ihrer Freundin denn noch richtig Ärger für Ihre Aktion bekommen?
Thomsen: Wir haben uns wieder vertragen. Ich war natürlich so aufgeputscht von der ganzen Geschichte. Und sie war eigentlich auch ganz begeistert, sie wollte nur weg, weil der Regen immer stärker wurde. So geteilt ist das Gemüt. Eigentlich wollte sie gerne sauer sein, aber als wir uns das Video zusammen angeguckt haben, fing sie auch immer wieder an zu lachen. Ich bin schon stolz auf sie, dass sie so tapfer durchgehalten hat.