Rund 500 zahlende Zuschauer kamen im Londoner East End in eine Kunstgalerie, um Gunther von Hagens bei der Sektion einer Leiche zuzusehen. Die entnommenen Organe zeigte der deutsche Anatomieprofessor anschließend im Publikum herum.
London - Die Sektion wurde auch vom Kamerateam eines britischen
Fernsehsenders gefilmt. Berichten zufolge befanden sich im Publikum mehrere
Anatomie-Professoren, die von der Polizei gebeten worden waren, die
Veranstaltung zu beobachten. Während der rund dreistündigen
Obduktion erklärte Gunther von Hagens Schritt für Schritt, was er tat und
beantwortete auch Fragen der Zuschauer, die ruhig und fasziniert
wirkten. Der Arzt entfernte Herz, Leber, Lunge, Milz, Nieren und
Gehirn.
Die Gesundheitsbehörden hatten Hagens mit strafrechtlichen
Konsequenzen gedroht und die Polizei zu "angemessenen Maßnahmen"
aufgefordert. Vor Beginn der Veranstaltung hatte Hagens seine
Anhänger aufgerufen, mit Demonstrationen vor der Ausstellungshalle
seiner "Körperwelten" in London dafür zu sorgen, dass er bei der
Sezierung am Abend ungestört sei.
"Ich bin in einem demokratischen Land. Ich kann alles tun, was
das Gesetz nicht verbietet", sagte Hagens der BBC. Die Familie
des Toten habe ihre volle Zustimmung gegeben. Die Behörden hingegen
erklärten, der deutsche Mediziner habe nicht die erforderliche
Genehmigung. Die Obduktion würde damit gegen die Vorschriften
verstoßen.
Mit der ersten öffentlichen Sezierung in London seit rund 170
Jahren wollte Hagens auch Nichtmediziner an der "einzigartigen
Erfahrung" teilhaben lassen, wie er auf seiner Website erklärte. Ab
dem 16. Jahrhundert seien solche Vorführungen rund 200 Jahre lang in
ganz Europa populär gewesen, in denen Mediziner "die Wunder der
menschlichen Körpers" mit Laien geteilt hätten. Die letzte
öffentliche Obduktion in London fand um 1830 statt.
Besucher zeigten sich beeindruckt von der Autopsie. "Das war
absolut faszinierend", sagte die 40-jährige Buchhalterin Louise
Cotton. "So etwas habe ich noch nie gesehen." Die Medizinstudentin
Christina Koppel sagte: "Das war keine Show, sondern sehr
informativ."
Etwa 500 Karten zu zwölf Pfund (19 Euro) hatte Hagens für die
Veranstaltung am Mittwochabend verkauft. Die Ausstellung
"Körperwelten" mit präparierten menschlichen Körpern ist noch bis
Februar in der Londoner Atlantis Gallery zu sehen.