Fünf Kilometer vor der japanischen Küste schippert das Küstenwachenschiff "Matsushima" auf dem Pazifik umher, das Meer ist ruhig, ein trüber Tag. Es ist der 11. März 2011. Der Tag, der als schwarzer Tag in die Geschichte Japans eingehen wird. Als der Tag, an dem ein gewaltiges Erdbeben der Stärke 9,0 den Norden des Landes erschüttert, das Land um mehrere Meter versetzt - und wenig später Tsunamis die Küstenstädte auslöschen.
Tausende Menschen kommen dabei um, Zigtausende gelten noch heute, eine Woche nach dem Beben, als vermisst. Angesichts der gigantischen Verwüstungen gibt es nur wenig Hoffnung, dass sie noch lebend gefunden werden können.
An Bord der "Matsushima" ahnt die Crew nichts von dem Schicksal, das ihren Mitbürgern an Land droht. Einer der Seeleute hat eine Kamera in der Hand, dreht ein Video von der Brücke - und dokumentiert so, wie ihr Schiff auf den Tsunami trifft, der wenig später an Land bricht.
Die See liegt ruhig unter dem Schiff, dann plötzlich verdunkelt sich das Wasser am Horizont. Eine feine Linie rollt auf das Boot zu. Dann hebt sich der Horizont. "Schneller!", ruft ein Besatzungsmitglied auf Japanisch. "Haltet euch an irgendetwas fest!" Immer deutlicher zeichnet sich der gewaltige Wasserberg ab. Der Kapitän lässt direkt darauf zuhalten - um ein Kentern zu vermeiden.
Die Besatzung verstummt, als die Wellenfront das Küstenwachenschiff wie eine Luftmatratze anhebt. Der Stahlbug kippt immer weiter nach oben, bis er direkt in den Himmel zeigt. Dann gleitet die "Matsushima" über die Spitze des riesigen Wellenkamms und fällt auf der anderen Seite wieder in die Tiefe, wird beim Aufprall ins Wasser gedrückt und federt wieder hoch.
Kurz nach der Aufnahme des Videos trifft eine weitere Welle das Schiff. Erneut gelingt es der Crew, den Kamm, der nach Angaben der Besatzung eine Höhe von zehn Metern erreichte, unbeschadet zu passieren.
Nur wenige Minuten nachdem der Tsunami das Küstenwachenschiff erfasst hat, schwillt die Welle in den flacheren Gewässern zu einer gewaltigen Wasserwand an, schlägt bis zu zehn Kilometer ins Landesinnere hinein, wirft Schiffe aufs Land, reißt Autos und Häuser fort und verwandelt ganze Städte in Trümmerfelder.
Nach jüngsten Angaben der japanischen Polizei kamen bei der Katastrophe mindestens 7348 Menschen ums Leben, 10.947 gelten noch immer als vermisst. (Alle Nachrichten im Liveticker.)
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Mit Wasserwerfern versuchen die Einsatzkräfte in Japan, die havarierten Reaktoren am AKW Fukushima zu kühlen.
Satellitenbild vom 18.03.2011: Auf der Foto ist das Ausmaß der Schäden deutlich zu erkennen
Am Reaktor 3 des stark beschädigten Atomkraftwerks Fukushima I ist nach Angaben der japanischen Regierung eine Verbesserung zu beobachten. "Wir glauben derzeit, dass sich die Situation stabilisiert hat", sagte Regierungssprecher Yukio Edano. Die Kühlaktionen von außen hätten eine Wirkung gehabt. Es sei mehr Wasser in Reaktor 3 festgestellt worden.
Vor dem Einsatz: Japanische Militärs und ihre Wasserwerfer sind gemeinsam mit ein paar Dutzend Technikern Japans letzte Hoffnung, um den Super-GAU noch zu verhindern.
Seit Tagen kämpfen die Einsatzkräfte in Fukushima gegen den drohenden Super-GAU. Schon jetzt ist allerdings Strahlung ausgetreteten. Am Samstag wurde Radioaktivität in Spinat und Milch aus der Krisenregion festgestellt.
Nach dem Beben und dem folgenden Tsunami sind weite Teile der japanischen Ostküste völig zerstört: Die Stadt Rikuzentakata (Foto) ist nur noch eine Ruine.
Mehr als 7300 Menschen kamen bei der Naturkatastrophe ums Leben, Tausende werden noch vermisst.
Bis zu 23 Meter hoch soll der verheerende Tsunami gewesen sein. Die Orte an der Ostküste wurden dem Erdboden gleich gemacht.
Hunderttausende Menschen harren in Notunterkünften aus. Die Versorgungslage ist schlecht, häufig mangelt es selbst an Grundnahrungsmitteln.
Die Rettungskräfte müssen sich durch eine Trümmerlandschaft wühlen.
Die Hilfsleistungen kommen nur langsam zu Menschen.
Die Gemeinden in den japanischen Unglücksgebieten haben nach dem Erdbeben und Tsunami ein Problem mit den vielen Toten. Einem Bericht der Zeitung "Yomiuri" zufolge sind die Krematorien überfordert. In den betroffenen Präfekturen werde nun überlegt, die Toten zu beerdigen, was in Japan sonst nicht üblich ist. Die Regel sind Feuerbestattungen. Hier muss eines der vielen Opfer identifiziert werden.
Überlebende in Kesennuma: Zehntausende Häuser wurden zerstört.
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