Waldbrände in Griechenland und der Türkei »Hitze und Trockenheit haben das Land in ein Pulverfass verwandelt«

Feuer in Afidnes nahe Athen: »Waldbrände von gewaltigem Ausmaß«
Foto: Thanassis Stavrakis / APIm von verheerenden Waldbränden getroffenen Griechenland spitzt sich die Lage weiter zu. Seit den frühen Morgenstunden fachen starke Westwinde die zahlreichen Feuer weiter an. Nördlich von Athen wurden die Menschen mehrerer Ortschaften aufgerufen, die Region zu verlassen. Sicherheitskräfte zogen von Haus zu Haus, damit niemand vergessen wird.
Binnen 24 Stunden gab es landesweit 86 neue Waldbrände, wie die griechische Feuerwehr am Morgen twitterte – am Vorabend waren es landesweit noch 54 gewesen. Selbst Dutzende Kilometer von den Bränden entfernt sind gewaltige gelbe Rauchwolken am Himmel zu sehen, es riecht verbrannt, Asche regnet vom Himmel.
Dutzende Verletzte
Wegen der Brände wurden bislang 18 Menschen verletzt in Kliniken eingeliefert. Die meisten litten an Atemwegsbeschwerden, sagte der griechische Gesundheitsminister Wassilis Kikilias im Staatsfernsehen. Dutzende weitere Menschen erlitten nach Informationen griechischer Medien leichte Verletzungen, mussten aber nicht ins Krankenhaus. Viele Feuerwehrleute nahmen trotz leichter Verletzungen – in den meisten Fällen Brandwunden an den Händen – an den Löscharbeiten teil, wie das Fernsehen zeigte.
»Wir haben mit Dutzenden Waldbränden zu kämpfen. Drei davon – in Athen, auf dem Peloponnes und auf Euböa – sind von gewaltigem Ausmaß«, sagte der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis am Donnerstagabend im Staatsfernsehen. Auf Euböa mussten die Bewohner der Ortschaft Agia Anna im Nordosten der Insel mit Booten über das Meer in Sicherheit gebracht werden. Auch im Nordwesten brennt es, dort wurden ebenfalls zahlreiche Ortschaften evakuiert.
Griechenlands Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis
Mitsotakis warnte vor einem »noch nie da gewesenen Zustand, weil die vergangenen Tage der Hitze und Trockenheit das Land in ein Pulverfass verwandelt haben«. Bis mindestens Montag ist der Besuch von Wäldern untersagt, ebenso wie Arbeiten, die Funken oder Flammen erzeugen könnten.
Am Morgen sei es zunächst nur darum gegangen, die Ausbreitung der Brände zu verhindern, berichtete die griechische Nachrichtenagentur ANA. Von einer Kontrolle der Flammen könne angesichts der starken Winde vorerst keine Rede sein.
Die Chefin der Pneumologischen Klinik des Athener Krankenhauses Sotiria, Nina Gaga, warnte vor gesundheitlichen Gefahren wegen der Luftverschmutzung. »Gehen Sie nicht aus dem Haus«, warnte sie. Kleinpartikel in der Luft erreichten im Zentrum Athens Werte, die als sehr gefährlich für Menschen gelten; vor allem für diejenigen, die Probleme mit den Atemwegen haben. Normale Schutzmasken gegen Corona helfen demzufolge nicht: Wer das Haus verlasse, müsse sich mit einer Maske vom Typ P95 und höher schützen.

Feuerschein überm Ferienort
YASIN AKGUL / AFP
Auch in der Türkei kämpfen die Einsatzkräfte den zehnten Tag in Folge gegen die schwersten Waldbrände seit Jahren. 13 Brände in sechs Provinzen waren nach offiziellen Angaben am Donnerstagabend noch nicht unter Kontrolle. Statt dringend nötigem Regen gibt es auch in den kommenden Tagen extreme Hitze: In Bodrum und Milas in der Provinz Mugla werden für Freitag mehr als 40 Grad erwartet.
Zwölf Brände seien weiterhin nicht unter Kontrolle, teilte das Kommunikationsbüro des Präsidenten am Freitag mit. Besonders betroffen sind die süd- und westtürkischen Küstenregionen Antalya, Marmaris, Bodrum und Milas. In Milas verschlangen die Flammen in der Nacht mehrere Viertel, die zuvor evakuiert worden waren, wie lokale Behörden mitteilten. Das Feuer dort sei inzwischen unter Kontrolle, an anderer Stelle rücke es jedoch weiter auf Wohngebiete vor.
Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu, der seinen Wahlkreis in Antalya hat, machte am Donnerstagabend etwas Hoffnung: Der Wind werde am Freitag in Antalya nachlassen, und man hoffe, die Brände dort unter Kontrolle zu bringen. Tausende Menschen mussten bereits ihre Häuser verlassen und wurden teils in Schulen und Sportstadien untergebracht.
Seit Mittwoch vergangener Woche waren in der Türkei in mehreren Provinzen mehr als 200 Waldbrände ausgebrochen. Es sind die schwersten Waldbrände seit mehr als 13 Jahren in der Türkei, in noch nie da gewesener Intensität. Mindestens acht Menschen kamen ums Leben, Schätzungen zufolge sind mindestens 100.000 Hektar Wald und Felder den Flammen zum Opfer gefallen.