Hagia Sophia oder Jabbas Hütte Lego-Stein des Anstoßes

Abbildung der Türkischen Kulturgemeinde: Die wollen doch nur spielen
Hamburg - Ein Bausatz aus dem "Star Wars"-Sortiment von Lego sorgt bei der Türkischen Kulturgemeinde in Österreich für Verärgerung: Unter dem Namen "Jabba's Palace" verkaufen die Dänen ein Steckgebäude samt Turm, es soll das streng bewachte Hauptquartier von "Jabba der Hutte" aus den "Star Wars"- Filmen darstellen.
Die Türkische Gemeinde in Österreich erkennt aber etwas anderes in dem Bausatz: eine waffenstrotzende Moschee mit Minarett, daneben brutale Figuren. Es handele sich bei dem Spielzeug um eine Mischung aus "Sakralbau und Bunkeranlage", schreibt die Gemeinde auf ihrer Internetseite - und überlegt nun, Lego wegen Volksverhetzung anzuzeigen.
"Jabba der Hutte" ist eine Figur aus der Science-Fiction-Saga "Star Wars" - ein böser Gangsterboss, der aussieht wie eine viel zu fett geratene Mischung aus Raupe und Reptil. Lego hat seit einigen Jahren eine Lizenz der "Star Wars"-Rechteinhaber und produziert eifrig Figuren und Szenen aus den Filmen zum Zusammenbauen. Laut Firmenaussage ist die "Star Wars"-Serie ein "absoluter Renner". Unter anderem eben auch "Jabba's Palace". Vorbild sei das Hauptquartier des Bösewichts aus den "Star Wars"-Filmen gewesen.
Der Obmann der Türkischen Kulturgemeinde in Österreich, Birol Kilic, glaubt aber, dass etwas ganz als Vorbild gedient haben könnte: Das Gebäude sehe aus wie "ein Eins-zu-eins-Abklatsch der Hagia Sophia in Istanbul oder der Moschee Jami al-Kabir in Beirut und eines Minaretts." Es stelle einen Sakralbau dar, also entweder eine Moschee, einen Tempel, vielleicht auch eine Kirche. In Verbindung mit den Spielfiguren und ihren Waffen könnte bei Kindern der Eindruck entstehen, Religion, insbesondere der Islam, sei mit Gewalt gleichzusetzen. Deshalb sei der Bausatz "pädagogischer Sprengstoff."
Unternehmenssprecherin: Nur ein realistischer Nachbau aus dem Film
Besonders stößt sich der Verein an dem Foto auf der Verpackung: In einem Turm steht ein grünes Monster mit Axt, außerdem ist dort ein Maschinengewehr installiert. Die Gemeinde fürchtet, dass Kinder den Turm als Minarett und das Monster mit einem Muezzin assoziieren könnten.
In den Augen der Lego-Unternehmenssprecherin Katharina Sasse gleicht "Jabba's Palace" nicht der Hagia Sophia. Und selbst wenn dem so wäre, wäre dies nicht beabsichtigt gewesen. "Wir wollen natürlich keine religiösen Gefühle verletzen," sagt sie. Man habe sich einfach "sehr viel Mühe gegeben, 'Jabba's Palace' aus den Filmen von George Lucas so realistisch nachzubauen wie möglich".
Das bestreitet Obmann Kilic nicht. "Jabba's Palace" sei schon im Film ein Tempelbau. Aber er lässt das als Ausrede nicht gelten. "Man kann ja nicht einfach eine Szene aus irgendeinem Film als Spielzeug nachbauen und sich dann darauf berufen, das hätte ja schon jemand in einem Film gemacht." Sonst könne man auch viel brutalere Dinge in die Lego-Produktion aufnehmen. Die Verbindung zwischen Waffen und etwas, das wirke wie ein religiöser Bau, sei immer problematisch, insbesondere wenn Kinder damit in Kontakt kämen.
Die Türkische Kulturgemeinde sieht außerdem schon in der Figur des "Jabba der Hutte" eine ziemliche Beleidigung. Er sei ein Terrorist, der gerne Wasserpfeife rauche und es sei offensichtlich, "dass für die Figur des hässlichen Bösewichts Jabba und die ganze Szenerie rassistische Vorurteile und gemeine Unterstellungen gegenüber den Orientalen und Asiaten als hinterlistige und kriminelle Persönlichkeiten benutzt wurden."
Der Vorwurf, dass in "Star Wars"-Filmen rassistische Vorurteile bedient werden, ist zwar nicht neu. Immer wieder wollen Kritiker rassistische Stereotype in den Filmen erkannt haben. "Jabba der Hutte" ist dabei aber bisher nicht genannt worden. Und George Lucas, der Schöpfer der Saga, hat beharrlich jeglichen Rassismus bestritten.
Türkische Kulturgemeinde: Produktionstopp und Entschuldigung
Aber ohnehin ist Lego das Ziel des Protests der Türkischen Kulturgemeinde, nicht George Lucas. Schon aus praktischen Gründen, wie Obmann Kilic erklärt, denn sonst "müsse man bald die ganz Welt retten." Bei Lego aber gehe es um Kinder, die leicht zu beeinflussen seien.
Auf der Homepage der Kulturgemeinde heißt es, man überlege in Deutschland, Österreich und der Türkei Klage wegen Volksverhetzung einzulegen. Im Gespräch stellt Kilic klar, es sei ihr Recht, gegen jeden vorzugehen, der das friedliche Zusammenleben in Deutschland und Österreich gefährde. Und das "tut Lego in jedem Fall. Wenn die Kinder mit solchen Sachen zu Hause spielen, kann das dazu führen, dass die Schwelle gegen Gewalt zwischen den Kulturen in Zukunft weiter sinken wird."
Kilic selbst mag Lego eigentlich. Er habe als Kind immer gerne und häufig damit gespielt. Umso größer ist jetzt die Enttäuschung. "Wenn man etwas besonders liebt, tut es besonders weh." Er fordert vom Unternehmen nicht nur eine Entschuldigung an all diejenigen, deren religiöse und kulturelle Gefühle durch das Spielzeug verletzt worden seien, sondern auch die Einstellung der Produktion und die Rückbesinnung auf pädagogisch wertvolles Spielzeug. Denn "wenn wir verhindern können, dass nur ein Prozent unserer Kinder die Assoziation zwischen Religion und Gewalt nicht zusätzlich in sich aufnimmt, wäre das schon ein Erfolg."
Lego-Unternehmenssprecherin Katharina Sasse bezweifelt, dass die Produktion eingestellt wird.